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Starnberg: Wie Azubis und Studenten günstig wohnen sollen – Starnberg | ABC-Z

In München und anderen Städten gibt es das längst: Studentinnen oder Azubis, die sich keine teure Wohnung leisten können, wohnen bei hilfsbedürftigen Menschen in Haus oder Wohnung. Sie zahlen kaum oder gar keine Miete und übernehmen stattdessen Dienstleistungen rund um Haushalt und Garten oder spielen auch mal eine Partie Schach oder Karten mit der alleinstehenden Vermieterin.  In Starnberg soll das auch bald möglich sein, das Landratsamt hat sich als Vermittler angeboten und dem Projekt einen Namen gegeben: Wohnen für Hilfe.

Ab sofort können sich Interessierte – sowohl Wohnungssuchende als auch Menschen, die Unterstützung und womöglich auch ein wenig Geselligkeit suchen  – bei der Kreisbehörde melden. Zunächst einmal würden die Angebote gesammelt, so Bettina Richter, Leiterin der Starnberger Pflegekonferenz. Spätestens im neuen Jahr wolle man dann auch Wohnpartnerschaften vermitteln. Eine Aufnahmegebühr in den Verteiler gibt es zunächst nicht. Sollte das Projekt laufen, würden fünf Euro für die Aufnahme in die Kartei fällig. Richter sieht in der Vermittlung die Chance einer Win-win-Situation: Jüngere Menschen bekommen im überteuerten Landkreis eine günstige Bleibe. Und ältere oder behinderte Menschen können weiter selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben.

„Bei diesem Modell ist die menschliche Komponente sehr wichtig“, betonte Richter bei der Vorstellung des neuen Angebots am Mittwoch. Darum organisiere die Behörde auch ein Kennenlernen und bei Interesse ein Probewohnen. Die Vertragsmodalitäten würden wiederum die Beteiligten selbst festlegen, als Faustregel gelte: Pro Quadratmeter Wohnfläche ist eine Stunde Hilfe im Monat zu leisten. Diese müsse klar definiert werden, um Enttäuschungen vorzubeugen. „Pflegerische Hilfeleistungen sind ausgeschlossen“, so Richter, niemand müsse Medikamente verabreichen oder gar Verbände wechseln. Vielmehr gehe es darum, schwere Einkäufe zu erledigen, den Rasen zu mähen oder beim Aufhängen der Vorhänge zu helfen. Sollte der Wunsch bestehen, begleitet das Landratsamt die Wohnpatenschaften auch.

Das Angebot soll unter anderem auch helfen, Wohnraum für Pflegekräfte zu generieren. Denn die Nachfrage nach Fachpersonal in diesem Bereich ist im Landkreis besonders groß. Wie Landrat Stefan Frey (CSU) erläuterte, ist bereits jetzt mehr als die Hälfte der Menschen im Landkreis älter als 50 Jahre, knapp ein Viertel sogar über 60 Jahre alt. „Prognosen sagen voraus, dass in zehn Jahren 40 Prozent der Menschen im Landkreis 60 Jahre oder älter ist“, so Frey. Womit sich die Frage stelle: Wer versorgt all diese Menschen, wenn diese ihren Alltag nicht mehr alleine bewältigen können? Zwar gebe es im Landkreis sehr viele Angebote, doch letztlich fehle es an Personal – ganz gleich ob beim Pflegedienst oder im Krankenhaus. Darum hat der Landkreis die Pflegekonferenz ins Leben gerufen – um die Kräfte zu bündeln und die Lücken zu schließen. Eine dieser Lücken ist der fehlende beziehungsweise zu teure Wohnraum im Landkreis.

Abhilfe soll ein weiteres Projekt bringen, das „Pflege ein Zuhause geben“ heißt. Dabei agiert das Landratsamt ebenfalls als Vermittler, in diesem Fall zwischen Arbeitgeber und Immobilienbesitzer. Mithilfe der Regionalagentur GWT in Starnberg wurden alle Dienstleister aus dem Pflegebereich aufgefordert, ihre Wohnungsbedarfe für Personal zu melden. Diese sind auf der Homepage öffentlich gelistet.  Diesen kann nun speziell oder allgemein verfügbarer Wohnraum angeboten werden – leer stehende Häuser, einzelne Zimmer oder Wohnungen. Auch sanierungsbedürftige Immobilien können gemeldet werden. Die Angebote landen nach einer Prüfung auf Seriosität direkt bei den suchenden Arbeitgebern, die Kreisbehörde tritt also nicht als Makler auf. „Die Vertragskonditionen werden ohne uns verhandelt“, so Richter.

Für die Wohnraumanbieter biete die Plattform durchaus Vorteile, so Landrat Frey. So würden einige Arbeitgeber selbst als solvente, langfristige und zuverlässige Mieter auftreten und an ihre Angestellten untervermieten. Zum anderen gibt es ein gutes Gefühl gratis dazu, nämlich eine gute Sache unterstützt zu haben – und zwar vor Ort. Das Angebot sei „wie eine Datingplattform – bloß für Wohnraum“. Bettina Richter erinnerte daran, dass nicht nur ältere Menschen pflegebedürftig sein können. Bedarf hätten auch junge Menschen, Familien oder Alleinstehende. „Doch ohne Pflegekräfte kann Pflege nicht stattfinden.“

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