Starnberg: Neuer Besitzer für das „Spielhaus“ – Starnberg | ABC-Z

„Das Spiel ist der Weg des Kindes zur Erkenntnis der Welt.“ So schrieb schon der russische Schriftsteller Maxim Gorki (1868-1936). Ja, das Spielen nimmt eine zentrale Rolle im Leben der Kinder ein und hilft ihnen dabei, die Umwelt zu erobern und zu verstehen. Dass nicht nur Kinder gerne spielen, sondern auch Erwachsene, ist ein offenes Geheimnis. Mag sein, dass das „Spielhaus“, das es seit mehr als 50 Jahren an der Hanfelder Straße in Starnberg gibt, gerade darum diesen schlichten und alles sagenden Namen trägt.
Aber das „Spielhaus“ ist nicht einfach ein Spielwarengeschäft im herkömmlichen Sinne mit einem Allerweltssortiment, das man landauf, landab aus den Geschäften kennt und das in jedem x-beliebigen Kinderzimmer vorhanden ist. Es ist ein Sammelsurium an bunten Schätzen. Ein Ort, der Kinder wie Erwachsene magisch anzieht. „Wir kaufen nichts einfach von der Stange, sondern setzen uns mit jedem Produkt auseinander“, sagt Nicola Eggendorfer-Schropp. Mit 18 Jahren ist sie 1984 blutjung ins Geschäftsleben eingestiegen. Ein Wagnis, das sie aber nie bereut hat. Mehr als 40 Jahre lang hat die Mutter dreier Söhne den Laden mit Herzblut geführt, vor wenigen Tagen hat sie ihn an Lucie Bode übergeben. Und das zählt zu den Konstanten, die auch Bode beibehalten will. Es wird bei jedem Produkt überlegt, ob man „es sinnvoll findet und warum“. Natürlich gibt es im Sortiment des Spielhauses auch „Quatsch-Sachen“, aber wenn die Kinder sie lieben, machen eben auch sie einen gewissen Sinn.
Das Spielhaus-Sortiment erfüllt laut Eggendorfer-Schropp generell einen hohen Qualitätsanspruch. „Wir versuchen auch viele nachhaltige Dinge zu kaufen – zum Beispiel bei Lieferanten, die in Behindertenwerkstätten produzieren oder aus der Region kommen“, sagt die Starnbergerin. Was das Spielhaus noch zu einem besonderen Geschäft macht, ist der enge Austausch mit den Kunden. Wenn beispielsweise jemand ein Geschenk für sein Patenkind sucht und etwas unschlüssig im Laden den Blick über die Regale schweifen lässt, dann wird er gefragt: Wie alt ist das Kind denn? Was sind seine Vorlieben und Eigenschaften – ist es beispielsweise kreativ? Der jahrzehntelange Kontakt zu den Kunden ist mit ein Grund für die Akzeptanz des Geschäfts unter den Starnberger Verbrauchern.
Doch warum hat Eggendorfer-Schropp das Spielhaus jetzt abgegeben? In einer Zeit, in der sich die Spielwarenbranche im stationären Handel generell schwer tut, viele Kunden ins Internet abwandern und die Konkurrenz durch das wachsende Sortiment der Drogeriemärkte steigt. Die Folge: Läden brechen weg. In der Kreisstadt Starnberg ist das Spielhaus darum derzeit der einzige Laden dieser Branche – und genießt somit ein Alleinstellungsmerkmal.
Die Situation für Eggendorfer-Schropp ist jedoch eine andere, denn die Starnbergerin betreibt mit ihrem Ehemann gleich zwei Spielwarengeschäfte. Ihr zweiter Laden, das „Purzmurzels Spielhaus“, in Penzberg liegt in zentraler und guter Einkaufslage. Er ist wesentlich größer als das 100 Quadratmeter große Spielhaus in Starnberg. Da die Unternehmerin heuer 60 Jahre alt wird, möchte sie jedoch ein wenig kürzertreten. Aus wirtschaftlichen Grünen hat schließlich der Penzberger Laden das Rennen bei den Eheleuten gemacht, auch wenn Eggendorfer-Schropps Herz noch immer für das Starnberger Spielhaus mit seinem besonderen Flair schlägt. „Es ist hochemotional sich von hier und den Kunden zu verabschieden“, bekennt sie. Aber jetzt sei es an der Zeit, Abstand zu gewinnen.
Das besondere Flair des Starnberger Ladens hat wie einst Eggendorfer-Schropp auch Lucie Bode sofort angezogen. Die 56-jährige Ergotherapeutin, die mehr als 30 Jahre lang in der Pädiatrie und Neurologie gearbeitet hat, hängt für den Laden ihren Therapeuten-Beruf an den Nagel – und zwar gern. Lange Zeit hatte sie zuvor ihre Mutter gepflegt und nur in Teilzeit arbeiten können. Als die Mutter 2020 starb, sei bei ihr der Wunsch entstanden, etwas anderes zu machen – etwas, das nichts mit Krankheit und Defiziten zu tun hat. Was Schönes, Erfreuliches – etwas fürs Herz. Der Spielwarenladen von Eggendorfer-Schropp ist genau das Richtige dafür. Vier Jahre lang konnte sie dort mitarbeiten. In dieser Zeit hat sie viel über das Leben als Geschäftsfrau erfahren, und in ihr reifte der Entschluss, noch einmal einen Neuanfang zu wagen.
Pfiffige Geschenkideen – auch für Männer
Mit haptischen und visuellen Reizen kannte sie sich ohnehin aus, schließlich hat sie Jahrzehnte lang nicht nur mit ihren eigenen drei Töchtern gespielt, sondern auch beruflich als Ergotherapeutin in der Pädiatrie mit Kindern gearbeitet. Sie weiß also genau, welche Spiele für welche Förderbereiche wichtig sind. Sprich: Welche Spiele sich für wen eignen. Wenngleich, und das ist ihr wichtig, Spielen auch manchmal einfach nur Spaß machen darf.
„Das hat sich jetzt gut so gefügt. Ich freu‘ mich auf das, was kommt“, sagt Bode. Sie lebt in Feldafing, entstammt einer alt eingesessenen Familie dort. Mit ihrem Partner, den sie liebevoll ihren „Zahlen-Tiger“ nennt, hat sie sich die Geschäftsübernahme und die daraus resultierenden Investitionen genau durchgerechnet. Eine grundlegende Sortimentsumstellung plant Bode nicht. „Aber ich möchte gerne pfiffige, originelle Geschenkideen für Erwachsene anbieten – auch für Männer.“ Ihr Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Begriff „pfiffig“. Geschenke dieser Art sollen künftig jedenfalls mit ins Sortiment. Auch möchte sie ein Regal mit Förderspielen ausstatten. Diese sollen aber nicht nur für Kinder geeignet sein, sondern auch für ältere Menschen – etwa zum Training der Feinmotorik oder der kognitiven Fähigkeiten, meinte sie auch im Hinblick auf ihre demente Mutter. „Ansonsten soll der Laden so bleiben, wie er ist – weil er einfach schön und gut so ist.“