Starliner-Programm: Boeing fällt in der Raumfahrt zurück | ABC-Z

Als Boeing im Juni vergangenen Jahres mit seiner Raumkapsel Starliner eine Astronautin und einen Astronauten ins Weltall brachte, war das eine Gelegenheit, sich im Wettbewerb mit Elon Musks Unternehmen SpaceX zurückzumelden. Stattdessen wurde die Mission zu einer weiteren Enttäuschung. Technische Pannen führten dazu, dass die Astronauten wegen Sicherheitsbedenken nicht wie geplant mit Boeings Raumkapsel zurückfliegen konnten, sondern auf der Raumstation ISS festsaßen. Aus einer Mission, die nur acht Tage dauern sollte, wurde ein neunmonatiger Zwangsaufenthalt im Weltall, und am Ende kamen die beiden Astronauten als Notlösung mit einem Raumschiff von SpaceX zurück auf die Erde.
Wie sich nun herausstellt, hat die damalige Panne erhebliche Konsequenzen für das gesamte Starliner-Programm. Die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA und Boeing teilten jetzt mit, dass beim nächsten Starliner-Flug gar keine Astronauten an Bord sein sollen. Stattdessen soll in einer unbemannten Mission, die frühestens im April kommenden Jahres stattfinden soll, Fracht zur ISS transportiert werden.
Außerdem wurde die Zahl der Starliner-Missionen für die NASA von ursprünglich sechs auf vier reduziert, die anderen beiden zunächst geplanten Flüge sind nun nur noch als Optionen eingestuft. Das bedeutet, nach dem unbemannten nächsten Flug stehen im Moment nur noch drei Starliner-Missionen mit Astronauten im Programm. Und die Zeit drängt, denn nach gegenwärtiger Planung soll die ISS im Jahr 2030 ausgemustert werden.
Boeings Starliner ist ein Baustein in einem wichtigen NASA-Programm für bemannte Raumfahrt. Nach dem Ende der Space-Shuttle-Flüge 2011 konnte die US-Behörde jahrelang selbst keine Astronauten mehr ins All bringen und musste für Missionen zur ISS Plätze in russischen Sojus-Maschinen buchen. Im Jahr 2014 vergab sie separate Aufträge an Boeing und SpaceX zur Entwicklung von Raumschiffen für bemannte Missionen, beide Aufträge waren mit jeweils mehreren Milliarden Dollar dotiert.
Ursprünglich hoffte die NASA, schon 2017 wieder Astronauten ins All befördern zu können, aber wie oft in der Raumfahrt verzögerten sich die Projekte beider Partner. SpaceX kam allerdings mit seiner Raumkapsel Crew Dragon erheblich schneller voran und absolvierte 2020 seinen ersten bemannten Testflug.
Das war vier Jahre bevor Boeing diesen Punkt erreichte, und anders als im Falle von Boeings missglückter Mission war Musks Unternehmen mit seinem Test erfolgreich. Seither hat SpaceX eine ganze Reihe regulärer Flüge mit Astronauten zur ISS durchgeführt. Im August begann die elfte solche Mission.
Heliumlecks
Bei dem Starliner-Flug im vergangenen Jahr kam es zu mehreren Unregelmäßigkeiten. Vor dem Andocken an die ISS fielen fünf der 28 kleinen Motoren aus, mit denen die Raumkapsel im Weltall gesteuert werden kann. Außerdem gab es mehrere Heliumlecks. Dieses Gas wird genutzt, um Druck im Antriebssystem zu erzeugen.
Die NASA und Boeing hatten zunächst gehofft, die beiden Astronauten trotz dieser Pannen mit der Starliner-Kapsel zurückbringen zu können. Letztlich wurde aber entschieden, Boeings Raumschiff ohne Astronauten zurückfliegen zu lassen und stattdessen die Crew Dragon von SpaceX einzusetzen, um die Astronauten heimzuholen.
Die Schwierigkeiten mit dem Starliner-Projekt haben Boeing viel Geld gekostet, der Konzern sah sich gezwungen, Sonderaufwendungen in Milliardenhöhe zu verbuchen. Im vergangenen Jahr berichtete das „Wall Street Journal“, Boeing erwäge einen Ausstieg aus dem Raumfahrtgeschäft und damit auch aus dem Starliner-Programm. Dies hat sich allerdings zumindest bislang nicht bewahrheitet. Die Raumfahrtaktivitäten sind ein Teil von Boeings Rüstungssparte.
Während Boeing Rückschläge hinnehmen muss, hat ein anderer Wettbewerber von SpaceX kürzlich einen größeren Erfolg verbucht. Das von Jeff Bezos gegründete Raumfahrtunternehmen Blue Origin hat erstmals mit einer neuen Rakete eine Mission für die NASA absolviert, und dabei ist es gelungen, die Trägerrakete nach dem Start wieder heil zurück auf die Erde zu bringen. Dies wurde in der Branche als ein wichtiger Schritt gewertet, um zu einem ernsthaften Konkurrenten von SpaceX zu werden. Musks Unternehmen ist dieses Manöver schon vor rund einem Jahrzehnt zum ersten Mal geglückt.





















