Städtetag warnt: Deutsche Städte kommen an ihre finanziellen Grenzen – Wirtschaft | ABC-Z

Die Finanzsituation in den deutschen Städten und Kommunen hat sich zuletzt drastisch verschlechtert, so die Bilanz des Deutschen Städtetags. Die aktuelle Lage sei „dramatisch“, sagte Präsident Markus Lewe (CDU) am Montag in einer Pressekonferenz. Die kommunale Selbstverwaltung benötige mehr Ressourcen, um adäquat gestalten zu können. Eine Blitzumfrage unter 100 Mitgliedern des Städtetags hatte zuvor düstere Perspektiven für die zukünftige Finanzierung deutscher Städte aufgezeigt. 95 Prozent der befragten Finanzdezernate gaben an, die Haushaltslage in den kommenden fünf Jahren als „eher schlecht“ oder „schlecht“ einzuschätzen. Mit einer „eher guten“ oder „ausgeglichenen“ Prognose rechnen hingegen nur zwei Prozent der Teilnehmer.
Der Städtetag fordert daher eine Trendwende in Sachen kommunaler Finanzen. Dafür müssten Städte und Gemeinden stärker an den Einnahmen aus Gemeinschaftssteuern wie der Mehrwertsteuer beteiligt werden. Gleichzeitig dürfe es keine steuerpolitischen Entscheidungen mehr geben, die zu Einkommenseinschnitten auf kommunaler Ebene führen. Der Anteil der Städte, die mit ihrem Haushalt auskommen, ohne auf Rücklagen zurückgreifen zu müssen, sei ohnehin gering. Im vergangenen Jahr seien dies nur 21 Prozent gewesen, 2025 werde dieser Anteil auf voraussichtlich sechs Prozent sinken, so die Umfrage des Städtetags.
Lewe und seine Kollegen bemängeln, dass Städte zu häufig mit zusätzlichen Aufgaben überfordert werden, die nicht abschließend finanziert sind. Ohnehin seien die kommunalen Sozialausgaben in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Darin enthalten sind etwa die ganztägige Kinderbetreuung, Jugendhilfe, Pflegedienste, Wohngeld oder Integrationsassistenzen. Ein wesentlicher Teil dessen werde durch die Kommunen finanziert, so Katja Dörner (Grüne), Vizepräsidentin des Städtetags: „Die Steigerungsraten bringen städtische Haushalte komplett an ihre Grenzen.“
Sport- und Kulturangebote seien betroffen
„Wenn man immer mehr Aufgaben für weniger Personal bekommt, kann die Rechnung nicht aufgehen“, erklärt auch Vizepräsident Burkhard Jung (SPD). Selbst Städte, die in der Vergangenheit als vermögend galten, kommen nun an ihr Limit. So fahren jetzt etwa auch München oder Heidelberg einen Sparkurs. Dabei geraten vor allem jene Bereiche unter Druck, deren Finanzierung für Städte nicht verpflichtend seien, sagte Dörner, darunter Sport- und Kulturangebote. Aber auch Klimaschutz sei bis dato keine Pflicht für Städte und Kommunen.
Die Mittel würden allerdings nicht nur im Freizeitbereich gekürzt, führt Jung weiter aus. Auch bei der Ausstattung von Schulen müssten viele Kommunen sparen. Teils führe die prekäre Lage der Städte dazu, dass Bus- und Bahnlinien gestrichen werden, statt diese auszubauen. Als Oberbürgermeister von Leipzig müsse er in den nächsten Jahren gut 500 Personalstellen einzusparen, sagte Jung. „Ich weiß nicht wie, aber das ist ohne Alternative.“
Rund 65 Prozent der Leipziger befürchteten, dass sie sich das Wohnen demnächst nicht mehr leisten könnten. Daher müssten die Mietpreisbremse verlängert und die Novelle eines bundesweit einheitlichen Baugesetzbuchs für Deutschland endlich verabschiedet werden.
Reform der Schuldenbremse, um in den Erhalt der Infrastruktur zu investieren
Für viele Vorhaben, die von Bund oder Land an die Städte gegeben werden, fehle es an einer Gegenfinanzierung, klagt der Städtetag. Projekte wie das kürzlich verabschiedete Gewalthilfegesetz, das vor allem den Ausbau von Beratungs- und Schutzeinrichtungen fördern soll, seien zwar gut gemeint, aber kaum umzusetzen, findet Dörner. Sie bemängelte, dass ein Rechtsanspruch in Aussicht gestellt werde, den die Kommunen wegen des Fachkräftemangels und der engen Zeitvorgaben nicht umsetzen könnten.
Der Deutsche Städtetag hält wegen der Finanznot eine Reform der Schuldenbremse für erforderlich. Dann könne mehr in den Erhalt von Infrastruktur und in Zukunftsaufgaben wie Energie- und Verkehrswende investiert werden. Dies sei die gemeinsame, parteiübergreifende Position der Spitzenorganisation, sagte Dörner.