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Spurensuche in Icking: Das Erbe von Gert Fröbe – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Der vielleicht berühmteste James-Bond-Film aller Zeiten feiert Geburtstag. „Goldfinger“ kam vor 60 Jahren in die Kinos. Gert Fröbe als ikonischer Filmbösewicht, der Fort Knox in die Luft sprengen will und zum Schluss aus dem Flugzeug gesaugt wird, hat damals Bond-Darsteller Sean Connery fast den Rang abgelaufen. Das Jubiläum ist Anlass, sich wieder einmal an den Wahl-Ickinger Fröbe zu erinnern. Seine Tochter Beate Fröbe, die in Wolfratshausen eine Physiotherapiepraxis führt, sprach bei einem Treffen mit Markus Hartmann vom Schweizer James-Bond-Club über frühere Zeiten. Mit dabei waren auch Ickings Zweite Bürgermeisterin Claudia Roederstein und Gemeindearchivar Peter Schweiger.

Wie viele in der Gemeinde erinnert sich auch Schweiger, Zahnarzt im Ruhestand, gut an Fröbe, der bei ihm auf dem Behandlungsstuhl saß und dem er sogar die falschen Zähne für seine Rolle in der TV-Serie „Der kleine Vampir“ zurechtmachte. Doch zunächst ging es um „Goldfinger“, der den internationalen Durchbruch für den 1913 in Planitz bei Zwickau geborenen Gert Fröbe brachte. Die Bond-Macher boten ihm die Rolle an, nicht nur, weil Kollege Orson Welles abgewinkt hatte, sondern vor allem auch, weil sie von seinem Auftritt in „Es geschah am hellichten Tage“ beeindruckt waren. Auch Fröbe wollte zuerst absagen, löste aber schließlich einen regelrechten James-Bond-Hype aus. 

Beate Fröbe und ihre Mutter Karin mit der alten Sanitätskiste von Gert Fröbe (Foto: Beate Fröbe)

Im Januar 1968 zog er mit seiner vierten Frau Beate Bach in die Villa Sonnensturm im Ickinger Ortsteil Walchstadt. „Er wollte immer ein Haus mit Turm“, erzählt Tochter Beate. Interessanterweise kannte Fröbe das herrschaftliche Gebäude mit 29 Zimmern und parkähnlichem Garten bereits aus dem Krieg, als er 1944 dort als Sanitätsgefreiter stationiert war. Als der Hausmeister ihn beim Rundgang mit dem Makler erkannte und fragte, ob er seine Sanitätskiste von damals abholen wollte, war die Entscheidung schnell getroffen. Den zweiten Turm, der heute den burgähnlichen Bau schmückt, ließ Fröbe aus Symmetriegründen übrigens nachträglich errichten.

„Mein Vater dachte immer in großen Dimensionen“

Die Villa Sonnensturm im Grainwinkel 8 war in den Jahren des Ersten Weltkriegs von der Frauenrechtlerin Anita Augspurg und ihrer Lebensgefährtin Lida Gustava Heymann errichtet und wenige Jahre später wieder aufgegeben worden. Gert Fröbe fing bald nach dem Einzug an, die Villa zu sanieren und umzubauen. Bis zum Schluss sei sie Baustelle gewesen, erinnert sich Beate Fröbe. Ein Anbau kam dazu: ein Schwimmbad, das ursprünglich so groß geplant war, dass es hieß, für eine Betriebserlaubnis sei ein Bademeister notwendig. „Mein Vater dachte immer in großen Dimensionen“, schmunzelt die 57-Jährige. Zudem war er sehr abergläubisch und bevorzugte die Zahlen 3, 6 und 9. Für die Nummernschilder seines dunkelgrauen Mercedes ließ er sich entsprechende Kombinationen reservieren. Die Zahlen 4 und 8 fürchtete er regelrecht, weshalb es ihn ärgerte, dass er bei der Gemeinde seinen Wunsch nach der Hausnummer 6 nicht durchsetzen konnte.

Gert Fröbe zog 1968 in die Villa Sonnensturm in Walchstadt, 1983 dann nach Eurasburg. (Foto: Gemeinde Icking/Archiv Peter Schweiger)

Wenige Monate nach dem offiziellen Einzug starb Beate Bach an Krebs. Am 21. August 1970 heiratete Gert Fröbe Bachs beste Freundin Karin Pistorius im Ickinger Rathaus und adoptierte später die von seiner neuen Frau in die Ehe gebrachte kleine Tochter Beate. Mit ihr hatte er eine ganz besondere Verbindung und genoss die Rolle als später Vater. Ihr las er vor, spielte Kasperletheater – und nahm wegen ihrer Begeisterung für das Kinderbuch „Räuber Hotzenplotz“ sogar die Hauptrolle in der Filmadaption an. Diebisches Vergnügen hatte er, wie sich seine Tochter erinnert, wenn beim Kindergeburtstag die Schnitzeljagd damit endete, dass er in voller Montur als Hotzenplotz kostümiert in einem engen Verschlag wartete. „Und er ließ es sich nicht nehmen, jeden Tag um 7 mit mir zu frühstücken, obwohl er ja gar nicht so früh aufstehen musste“, erzählt Beate Fröbe, die viele liebe Erinnerungen an ihren Vater hat.

Im bodenständigen Walchstadt, nicht im mondänen Icking

Fröbe, der seiner Plattfüße wegen nicht gerne spazieren ging, fuhr stattdessen lieber auf seinem Velosolex-Mofa herum und übergab das Gassigehen mit den fünf Hunden an andere. Er verbrachte seine Zeit gerne beim Eisstockschießen am Stocker Weiher oder am Stammtisch mit Zahnarzt Schweiger. Größte Freude machte es ihm, wenn die Irschenhauser Blasmusik ihm ein Ständchen brachte, und am liebsten kehrte er in die Gaststätte „Walchstädter Höh“ ein, um einen bayerischen Schweinsbraten zu bestellen. Trotz seines Ruhms blieb er bescheiden. „Er betonte stets, dass er im bodenständigen Walchstadt lebte, nicht im mondänen Icking“, so Beate Fröbe.

Das Grab von Gert Fröbe auf dem Waldfriedhof Icking. Der Schauspieler starb 1988 an einem Herzinfarkt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Später, im Jahr 1983, zogen die Fröbes nach Eurasburg, da die Villa Sonnensturm mit ihren 29 Zimmern für drei Personen zu groß und zunehmend auch zu kostspielig wurde. Das Haus in Eurasburg war ebenfalls schicksalhaft bestimmt, als ihn Eigentümer Dieter Wolf bei der Besichtigung wiedererkannte und mit den Worten begrüßte: „Mensch Fröbe, klasse, dass du das bist, ich hab doch meine Frau kennengelernt, als du damals zum Tanz aufgespielt hast.“ Fröbe hatte sich als junger Mann im heimatlichen Zwickau als Musiker Geld dazuverdient. Ein Herzinfarkt am 5. September 1988 setzte seinem Leben ein Ende. Er wurde auf dem Waldfriedhof in Icking beigesetzt. Beate Fröbe erinnert sich noch lebhaft an das medienintensive Begräbnis, insbesondere an die wochenlange Belagerung des Friedhofs durch aufdringliche Fotografen, die unbedingt ein Bild vom Abschied nehmenden Heinz Rühmann haben wollten.

Die Gemeinde Icking hat den an der Rückseite der Villa Sonnensturm verlaufenden Weg nach Gert Fröbe benannt. Vor einigen Jahren stand bei der Umbenennung des Ickinger Gymnasiums auch der Name des großen deutschen Charakterschauspielers zur Debatte. Die Wahl fiel stattdessen dann auf Rainer Maria Rilke, der Anfang des Jahrhunderts einige Wochen zur Erholung in der Gemeinde geweilt hatte. In Planitz bei Zwickau, Fröbes Heimatstadt, ging die Entscheidung anders aus. Dort heißt die Grundschule ab dem nächsten Schuljahr nicht mehr Friedrich-Schiller-, sondern Gert-Fröbe-Grundschule. Eine Entscheidung, über die sich Beate Fröbe freut.

 

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