Sport

Sportler des Jahres: Ruderer Oliver Zeidler kritisiert TV-Präsenz des olympischen Sports | ABC-Z

In Baden-Baden wird Oliver Zeidler zum Sportler des Jahres gekürt. Die Laudatio seines Vaters rührt ihn enorm. Nach der Ehrung nutzt der Ruderer die große Bühne für eine Kritik am deutschen Fernsehen. Das würde lieber achtklassigen Fußball zeigen.

Die Laudatio brachte den Olympiasieger den Tränen nahe. Oliver Zeidlers Vater und Trainer Heino hielt auf der Gala zur Wahl des Sportlers des Jahres die feierliche Rede auf den Goldmedaillen-Gewinner der Olympischen Spiele in Paris im vergangenen Sommer. Vater und Sohn umarmten sich danach lange und innig, Heino Zeidler überreichte die Trophäe mit tränenerstickter Stimme.

„Er hat mir Rudern beigebracht. Er hat mich mit jedem Schritt dorthin gebracht, wo ich bin: zur Goldmedaille, der Grundlage für diesen Abend. Das ist natürlich sehr emotional“, sagte der 2,03 Meter große und 103 Kilogramm schwere Oliver Zeidler am Sonntagabend.

Der Frankfurter wurde bei der 78. Ausgabe der Gala im Kurhaus von Baden-Baden ausgezeichnet. Gewählt hatten wie in jedem Jahr Sportjournalisten und Sportjournalistinnen. Vor wenigen Wochen war Zeidler bereits zu Frankfurts Sportler des Jahres gewählt worden.

Nach der Gala in Baden-Baden äußerte sich Zeidler junior zu der mangelnden Fernseh-Präsenz der olympischen Sportarten. Und wählte deutliche Worte: „Den Spitzensport, den wir bringen, muss man auch so darstellen. Da nutzt es nichts, wenn die ,Sportschau‘ Drittliga-Fußball zeigt, denn das ist international gesehen achte Liga. Das wird nicht dem gerecht, was Athleten bei Olympia bringen.“

Zeidler sagte zudem: „Grundsätzlich müssen wir dem Sport auch eine größere Bühne geben. Wir haben hier großartige Leistungen gesehen. Wir befinden uns immer noch in einer Krise. Der Medaillenspiegel sieht nicht rosig aus, aber die Leistungen, die wir haben, müssen wir viel mehr in den Vordergrund rücken und viel mehr vermarkten. Weil die Sportler, die jetzt erfolgreich waren, sind erfolgreich gewesen in einem Fördersystem, das eigentlich nicht für Spitzenleistung ausgelegt ist.“

ZDF-Sportchef Yorck Polus äußerte sich ebenfalls zu der Thematik und zu der Kritik an der Präsenz der olympischen Sportarten in den Medien, die rund um die Spiele in Frankreich auch andere Athleten und Athletinnen ähnlich formuliert hatten. Polus gibt Zeidler grundsätzlich Recht, er sagte: „Solange die internationalen Verbände es nicht schaffen, ihren Terminplan so abzustimmen wie die Wintersport-Verbände, wird es nicht möglich sein. Die Sportarten einzeln schauen einfach zu wenig Leute.“

„Man fühlt sich eine Tonne leichter“

Für Zeidler war der Olympiasieg nach drei WM-Titeln die Krönung seiner Karriere, die einst im Schwimmsport begann. Dort hatte er 2016 die angepeilte Olympia-Qualifikation verpasst und war danach – in bester Familientradition – ins Ruderboot umgestiegen. Mit dem Vater als Trainer und dem Großvater als Mentor. Seine Karriere ging rasant steil bergauf. Schon 2021 in Tokio war Oliver Zeidler als Goldfavorit angetreten, schied jedoch völlig überraschend bei schwierigen Bedingungen im Halbfinale aus. Dass er später noch das B-Finale gewann, war kein Trost.

Nicht ohne Grund sagte sein Vater und Trainer Heino Zeidler in Paris: „Das Trauma von Tokio ist besiegt.“ Einzig Thomas Lange hatte vor Oliver Zeidler im so prestigeträchtigen Einer für Deutschland Olympiagold gewonnen (1988 und 1992).

In Baden-Baden sagte der 28-Jährige nun mit Blick auf seine Enttäuschung von Tokio und den Sieg in Paris: „Man fühlt sich eine Tonne leichter. Weil ich mir meinen Lebenstraum erfüllt habe und weil es so geklappt hat, wie ich es mir eigentlich schon vor drei Jahren gewünscht hatte.“ Es fielen Zentnerlasten von ihm.

In Baden-Baden war er im Vorjahr bei der Sportlerwahl, als Turner Lukas Dauser siegte, auf Platz drei gelandet. Diesmal reichte es für ganz vorn – knapp vor Schwimm-Olympiasieger Lukas Märtens.

Melanie Haack ist Sport-Redakteurin und war bei der Gala Sportler des Jahres. Für WELT berichtet sie seit 2011 über olympischen Sport und war auch bei den Spielen von Paris vor Ort. Hier finden Sie alle ihre Artikel.

Back to top button