„Spiel mit vielen Verlierern“ – Abriss von Jahn-Stadion fortgesetzt | ABC-Z

Berlin. Nach dem Gerichtsbeschluss geht der Abriss des Stadions im Jahn-Sportpark weiter. Die Gegner üben harte Kritik und wollen nicht aufgeben.
Die jüngste Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin, dass der Abriss des Großen Stadions im Jahn-Sportpark in Pankow vom Land Berlin teilweise fortgesetzt werden kann, sorgt bei den Gegenspielern für Unverständnis und scharfe Kritik. Der Umweltverband der NaturFreunde Berlin und die „Bürgerinitiative Jahnsportpark“ sprechen von einem „teuren Spiel mit vielen Verlierern“.
Das Gericht hatte am Freitag verkündet, dass der Rückbau am östlichen Tribünengebäude, das die Haupttribüne beherbergt, weiter gehen kann. Schon am Montag rollten die Abrissbagger wieder. Die Arbeiten hatten im Oktober begonnen und waren bereits im November nach einem Eilantrag der NaturFreunde Berlin aus Artenschutzgründen in großen Teilen gestoppt worden.
Das Gericht hatte seine Entscheidung damit begründet, dass die Aufstellung von Sperlingshäusern als Ausgleich für die Zerstörung von Brutstätten des Haussperlings, auch bekannt als Spatz, nicht rechtzeitig vor Beginn der Abrissarbeiten gewährleistet worden sei. Die Wirksamkeit der Maßnahme war zudem aufgrund der erfahrungsgemäß schlechten Annahme der Ersatzbrutstätten bezweifelt worden.
Der Eingangsbereich des Stadions im Jahn-Sportpark war bereits im Oktober abgerissen worden. Nach dem jüngsten Beschluss des Verwaltungsgerichts geht der Rückbau weiter.
© Alexander Puell
Jahn-Sportpark in Pankow: Zusätzliche Sperlingshäuser aufgestellt
Dieser Beschluss wurde nach einem Änderungsantrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen & Wohnen teilweise revidiert. Die Senatsverwaltung habe durch zusätzliche Maßnahmen die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Ersatzbrutstätten angenommen werden, heißt es seitens des Gerichts.
Konkret seien Ende November vergangenen Jahres zusätzlich zu acht temporären Ersatzniststätten fünf dauerhafte Sperlingshäuser aufgestellt worden. „Außerdem werde durch ein Monitoring sichergestellt, dass die – in der vergangenen Brutperiode bereits durch den Haussperling genutzten – temporären Ersatzniststätten so lange erhalten blieben, bis die Annahme der Sperlingshäuser gesichert sei“, heißt es weiter.
Des Weiteren seien die Ausgleichsmaßnahmen für den Wegfall von Brutstätten des Stars und des Hausrotschwanzes rechtlich nicht zu beanstanden. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden kann – und genau das lassen die NaturFreunde nun prüfen.
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NaturFreunde Berlin: Geplantes Stadion „Denkmal der Sportfunktionäre“
Denn Umweltverband und Bürgerinitiative halten die Begründung des Gerichts für „nicht nachvollziehbar“ und beklagen „Artenschutz nach Gutsherrenart“. Entgegen der Auffassung des Gerichts seien die bisher getroffenen Artenschutzmaßnahmen nicht erfolgreich, heißt es in einer Mitteilung. Dafür hätten sie unter anderem vor der letzten Brutperiode bis Ende Februar 2024 umgesetzt werden müssen. Außerdem wird die Qualität der Maßnahmen kritisiert.
„Nach dem VG-Beschluss vom November wurden windschiefe Sperlingstürme und Do-it-yourself-Bretterwände aufgestellt“, argumentieren sie. Der Senat würde zwar behaupten, dass die angebrachten Nistkästen zu 100 Prozent angenommen seien, der Nachweis der Wirksamkeit sei jedoch nicht erbracht worden.

Rund vier Millionen Euro soll der Abriss des Stadions im Jahr 2025 kosten. Danach soll ein komplett neues Stadion gebaut werden.
© Alexander Puell
Die NaturFreunde Berlin und die „Bürgerinitiative Jahnsportpark“ werfen dem Senat die „Missachtung der geltenden artenschutzrechtliche Vorschriften“ vor – und finden sein Agieren mit Blick auf die klamme Haushaltslage Berlins und die Kosten für Abriss und Bau eines neuen, zweitligatauglichen Stadions in Höhe von rund 200 Millionen Euro „rätselhaft“. Bausenator Christian Gaebler (SPD) werfen sie Eitelkeit vor, das geplante „überdimensionierte“ Stadion sei ein „Denkmal der Sportfunktionäre“. Und „eine Bauruine, die für Jahre eine Nutzung der Sportflächen unmöglich macht“.
Bürgerinitiative spricht von „billigen Taschenspielertricks“
„Wir bedauern, dass mit der Entscheidung der wegweisende Beschluss des Verwaltungsgerichtes eingeschränkt wurde und die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der geschützten Arten aufgeweicht werden“, erklärt der Vorsitzende des Umweltverbandes, Uwe Hiksch. „Fatal und aus arten- und naturschutzrechtlicher Sicht nicht akzeptabel“ findet die Entscheidung Aleksandra Kwasnik von der „Bürgerinitiative Jahnsportpark“. Alexander Puell, ebenfalls von der Bürgerinitiative, spricht von „billigen Taschenspielertricks“ – „mit Kettensäge und Abrissbirne setzt die Senatsverwaltung ihre Idee von Inklusions-Stadion durch – völlig an den Bürgern und dem Bedarf vorbei“, sagt er.
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Neben dem neuen Stadion plant der Senat eine inklusive Umgestaltung des Jahn-Sportparks. Die Gesamtkosten sollen sich auf über 300 Millionen Euro belaufen. Kritiker bemängeln neben explodierter Kosten auch fehlende Nachhaltigkeit, negative Folgen für den Breitensport und Belastung für Anwohnende. Der Landessportbund Berlin hingegen fordert nach jahrelanger Planung die Umsetzung, um endlich mehr Inklusion zu erreichen.
Im Zuge nötiger Milliardeneinsparungen in Berlin für 2025 und dem damaligen, teilweisen Abriss-Stop, hatte der schwarz-rote Senat noch im November verkündet, dass rund vier Millionen Euro für den Stadion-Abriss sowie 20 Millionen Euro für weitere Baumaßnahmen in Stufe 2 gestrichen werden. Wenige Wochen später hatte es sich die Koalition anders überlegt und verkündet, man wolle die Arbeiten bald im neuen Jahr fortführen. Die Sperren für den ersten Bauabschnitt wurden daraufhin aufgehoben. Für das Jahr wurden insgesamt 12 Millionen Euro für den Jahn-Sportpark bereitgestellt.