Wirtschaft

„Spiegel“ löscht Leserbrief mit Falschaussage über Friedrich Merz | ABC-Z

Peinlich für den „Spiegel“: In seiner jüngsten Ausgabe veröffentlicht das Magazin den Brief eines Lesers aus Neuötting aus Bayern. Demnach soll CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz als „Honorarprofessor“ an der Universität St. Gallen (HSG) in der Schweiz gewirkt und dort Vorlesungen in Wirtschaftswissenschaften angeboten haben. Es sei zu Tumulten und Beschwerden der Studenten bei der Universitätsleitung gekommen, „weil die Qualität und der Inhalt so miserabel waren“. Die Hochschule habe das Lehrverhältnis dann vorzeitig beendet. All das habe der Sohn des Leserbriefschreibers erlebt. Dieser Sohn, heißt es im Brief, schloss das Studium 2005 mit einem „Master in International Economics“ ab.

Indes: Merz war nie Lehrbeauftragter in St. Gallen. Die ganze Geschichte ist erfunden.

Im Jahr 2005 war Merz Bundestagsabgeordneter. Am 18. September 2005 waren Bundestagswahlen, zur gleichen Zeit begann in der Schweiz das Wintersemester. Kaum denkbar, dass er zu dieser Zeit regelmäßig in die Schweiz gereist wäre. Auf dem Kurznachrichtendienst X weisen Absolventen der HSG auf weitere Ungereimtheiten des Leserbriefes hin. So sei es 2005 unmöglich gewesen, in St.Gallen einen „Master in International Economics“ abzuschließen. „Erstens schloss man zu dieser Zeit noch mit dem Lizenziat ab, die ersten regulären Master-Absolventen gab es 2006. Zweitens gab es auch ab 2006 einfach keinen ‚Master in International Economics‘ an der HSG. Angeboten wurden ein ‚Master in Economics‘ und ein ‚Master in International Affairs‘.“

Brief ungeprüft abgedruckt?

Erstaunlich ist, dass der „Spiegel“ den Brief ungeprüft abdruckt. Wäre sein Inhalt wahr – wovon man in Hamburg wohl ausgegangen war – wäre das eine Sensation, die den gesamten Medien bisher verborgen geblieben war. Kaum denkbar. Ebenso unwahrscheinlich ist, dass Merz, als nicht promovierter Jurist, Vorlesungen in Wirtschaftswissenschaften an einer Elite-Hochschule hält. Julian Reichelt von „Nius“ stellt auf X die Frage, ob der Spiegel „einfach mal wieder Relotius-Tünkram verbreitet“. Der Vorfall zeigt, dass in den letzten Wahlkampftagen vielfach der Versuch gestartet wird, die Kanzlerkandidaten mit Fake News zu diskreditieren. Dies können irrige Behauptungen über berufliche Tätigkeiten oder falsche Vorwürfe zu angeblichen Plagiaten sein, die es gar nicht gibt.

Online ist der falsche Leserbrief inzwischen gelöscht worden. Zuvor hatte Merz-Sprecher Armin Peter den „Spiegel“ um eine Korrektur gebeten. Zu diesem Zeitpunkt machte der Fake allerdings schon die Runde, auf einer Website der SPD Pleidelsheim (Baden-Württemberg) wurde er unter dem Titel „Lustiger Leserbrief zu Friedrich Merz“ verlinkt.

Der „Spiegel“ teilte inzwischen auf der Plattform X mit, im aktuellen Heft beschreibe „ein Leserbrief einen angeblichen Lehrauftrag von Friedrich Merz an der Universität St. Gallen, den es nach Angaben der @CDU nie gab. Wir haben den Brief deshalb depubliziert und prüfen den Vorgang.“

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