Politik

„Spiegel“ entschuldigt sich nach Fake-Leserbrief bei Friedrich Merz | ABC-Z

Der „Spiegel“ hat inzwischen überprüft, wie es zur Publikation des Fake-Leserbriefs über Friedrich Merz kommen konnte. Das Ergebnis lautet, wie das Magazin auf Anfrage der F.A.Z. mitteilt: „Wir hätten diesen Brief nicht veröffentlichen dürfen. Für den vom Leser geschilderten Hergang finden sich keine Belege.“ Man bitte Friedrich Merz und die Leserinnen und Leser um Entschuldigung.

Im jüngsten „Spiegel“-Heft findet sich der Brief eines Lesers, der behauptet, Friedrich Merz habe im Jahr 2007 eine Gastprofessur an der Hochschule in St. Gallen gehabt. Der Dozent sei so schlecht aufgetreten, dass es zu Tumulten unter den Studenten gekommen sei, schließlich seien dessen Veranstaltungen abgesetzt worden.

Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass die Geschichte erfunden ist. Der Leserbriefschreiber gab im Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ an, er habe bei der Abfassung seines Briefs Künstliche Intelligenz befragt, und die habe ihm die Angaben bestätigt. Eingaben der F.A.Z. bei ChatGPT ergaben jedoch, dass diese KI keine Fake News über Friedrich Merz verbreitet, die chinesische KI Deep Seek allerdings sehr wohl, sie fabuliert frei über Friedrich Merz‘ angebliche Dozentur.

Was der Leser schreibt, kann die Uni nicht bestätigen

Online hatte der „Spiegel“ den Leserbrief, nach Hinweisen auf dessen Fragwürdigkeit, gelöscht. Jetzt hat das Magazin seine internen Nachforschungen zu der Publikation abgeschlossen. Das Ergebnis lautet, dass sich weder „in Schweizer noch in deutschen Zeitungsarchiven“ Berichte „über eine Lehrtätigkeit von Merz in St. Gallen“ fänden, die zu dem Leserbrief passten. Dokumentiert sei ein Artikel aus dem „St. Galler Tagblatt“ aus dem Jahr 2007 über eine Tagung, an der Merz teilgenommen habe, ebenso wie ein Schweizer Bundesrat mit dem Namen Hans-Rudolf Merz. Zu dieser Veranstaltung gebe es eine „Medienmitteilung“, die im Netz kursiere. 2009 habe dieselbe Zeitung berichtet, Friedrich Merz referiere in St. Gallen „zum Steuerstreit zwischen der EU und der Schweiz“.

Die Universität St. Gallen, so der „Spiegel“ weiter, habe auf Nachfrage mitgeteilt, dass Friedrich Merz dort keine Honorarprofessur hatte. Wohl sei er „ganz vereinzelt bei Veranstaltungen im Umfeld der HSG aufgetreten oder zugeschaltet gewesen“. Was der „Spiegel“-Leser schrieb, könne die Uni nicht bestätigen.

Telefonische Nachfragen bei dem Leser hätten schließlich ergeben, „dass auch er keine Belege für seine Schilderungen hat und auch niemanden benennen kann, der bei den angeblichen Merz-Vorlesungen dabei war. Er stütze sich auf Erinnerungen an Gespräche mit seinem Sohn, die zwanzig Jahre zurückliegen, und auf Abfragen bei ChatGPT und Deep Seek“. Bei seinem Sohn habe er erst nach der Veröffentlichung des Briefs und nach einem Anruf des „Spiegel“ nachgefragt. Auch sein Sohn sei nie bei angeblichen Vorlesungen von Merz gewesen, er habe „nur aus zweiter und dritter Hand davon gehört“.

„All diese Nachfragen und Gegenproben“, teilt der „Spiegel“ mit, „hätten nahegelegen bei einer Tatsachenbehauptung wie der vom Leser in seinem Brief geschilderten. Dass nichts davon vor der Veröffentlichung passiert ist, arbeiten wir intern auf. Wir werden unsere Arbeitsabläufe noch einmal optimieren.“ Friedrich Merz und die Leser bitte man um Entschuldigung.

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