Spencer Dinwiddie beim FC Bayern Basketball: „Ein elektrisierender Spieler“ – Sport | ABC-Z

Der Arbeitsalltag des Routiniers begann mit Begrüßungen. Spencer Dinwiddie ging zunächst zum Kampfgericht und schüttelte höflich Hände, dann klatschte er mit allen Gegnern auf dem Spielfeld ab, hallo, ich bin der Neue, sollte das wohl heißen. Fast hätte man glauben können, die Bundesliga-Gegner aus Heidelberg kannten den NBA-Veteranen noch nicht: Dinwiddie stand im ersten Viertel oft sträflich frei. Bei seinem ersten Einsatz für die Basketballer des FC Bayern in der Starting Five versenkte er den ersten Dreier der Partie, und ein paar Sekunden später gleich noch einen.
Vergangene Woche, in der Euroleague gegen Virtus Bologna, reichte es schon zu einem Kurzeinsatz beim 86:70-Erfolg, gegen die völlig überforderten Heidelberger leitete der 32-jährige Allrounder erstmals das Spiel mit Anweisungen an und ließ mit 18 Punkten alle anderen hinter sich. Kurz vor dem Spiel dröhnte eine Eminem-Hymne durch den BMW Park, der Song namens „Business“, darin heißt es: „Lasst uns zur Sache kommen, ich habe keine Zeit für Spielereien.“ Dinwiddie verschwendete keine Zeit. Zusammen mit Serge Ibaka, der vor zwei Jahren in München spielte, ist er einer der prominentesten US-Amerikaner, die in die deutsche Liga wechselten.
:Das Puzzle wächst zusammen
Münchens Basketballer beenden ihre Ergebniskrise mit einem überzeugenden 90:84-Sieg über Real Madrid. Rückkehrer Johannes Voigtmann und Topscorer Isiaha Mike spielen die Hauptrolle – und ein US-Amerikaner, der Grußbotschaften sendet.
„Spencer ist ein elektrisierender Spieler, er kann scoren und für andere kreieren, stark verteidigen und hatte große Jahre in der NBA“, so hatte sich Headcoach Gordon Herbert schon vergangene Woche über den aus Los Angeles angereisten Aufbauspieler gefreut. Gegen Heidelberg siegten die Bayern 93:81, ein Endstand, der rein gar nichts verrät über die gnadenlose Dominanz der Gastgeber über drei Viertel der Spielzeit. Und Herbert sagte: „Wir haben es einfach gehalten.“
Die erste Halbzeit sei „eine Blaupause dafür, wie wir Basketball spielen wollen“, sagt Coach Herbert
Man darf da also sogar noch mehr erwarten als 18 Punkte und drei Assists in 23 Spielminuten, zumal Dinwiddie in seiner „Übergangsphase“ (Herbert) am Anfang steht, nach gerade einmal zwei gemeinsamen Trainingseinheiten. „Er hat auf der Zwei gespielt als er kam, wir haben ihn im Training auf die Eins verschoben, da fühlt er sich wohler“, sagt Herbert – also eher auf der Point-Guard-Position als auf jener des Shooting Guards. Herbert verweist auch darauf, dass das Bundesliga-Spielfeld geringfügig kleiner ist als in der NBA und dass eine andere Abwehrarbeit verlangt werde. Doch die erste Halbzeit gegen Heidelberg, während der Dinwiddie klar im Mittelpunkt stand, ist „eine Blaupause dafür, wie wir Basketball spielen wollen“.
Dinwiddies Ankunft in München fällt in eine Phase, in der die Bayern eigentlich erst so richtig in die Saison starten. Der EM-Sieg ist allmählich verdaut, Schlüsselspieler wie Johannes Voigtmann kehren von Verletzungen zurück, und Dinwiddie ist der wahrscheinlich letzte verpflichtete Spieler, um die Kader zu komplettieren. Nötig war das geworden, weil sich der im Sommer verpflichtete Spielmacher Rokas Jokubaitis bei der EM einen Kreuzband- und Meniskusriss zugezogen hatte. Jetzt reist die Mannschaft mit einer Siegesserie und deutlich mehr Selbstvertrauen als nach dem weitgehend verkorksten Euroleague-Start nach Paris, exakt 48 Stunden nach den Fußballern steht für die Basketballer hier die nächste Partie an. Auch Stefan Jovic und Vladimir Lucic, nicht ganz so lang verletzt, könnten dann wieder im Aufgebot stehen.
Justus Hollatz, der meist auf derselben Position spielt wie Dinwiddie, findet, dass sie sich untereinander tatsächlich noch nicht allzu gut kennen – weiß aber auch, dass sie jetzt viel Zeit haben, sich kennenzulernen. Das ist aber auch der einzig positive Aspekt eines Spielplans, zu dem er „lieber nichts sagen“ möchte und den Cheftrainer Herbert „irgendwie komisch“ findet. Bis Weihnachten stehen für die Bayern zwar noch 16 Pflichtspiele an, davon aber nur drei in den beiden heimischen Hallen. „Ich kann in den nächsten zwei Wochen aus meiner Wohnung ausziehen und sie untervermieten“, scherzte Herbert, der dann etwas ernster anmerkte: „Das ist nicht gut fürs Team, aber auch nicht gut fürs Publikum.“
Gerade der neue Promi im Team, Dinwiddie, wird also erst einmal nicht so oft in München zu sehen sein. Dabei waren am Montag gegen Heidelberg sogar Fans in der Halle, die nur für das Spiel aus Nordrhein-Westfalen angereist waren, um den NBA-Veteranen zu sehen. Dinwiddie spielte für sieben verschiedene Teams der Profiliga, seinen neuen Headcoach kennt er aus seiner besonders erfolgreichen Zeit bei den Brooklyn Nets, wo Herbert 2020 als Berater arbeitete. Als er 2024 von New York nach Toronto wechselte, geschah das übrigens im Tausch mit Dennis Schröder. Dessen Bekanntheitsgrad in Deutschland wird Dinwiddie vermutlich nicht erreichen. Aber wenn alles läuft wie erwartet, wird er diesem zumindest nahekommen.





















