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“SPD darf nicht falsch abbiegen”: Heil schaltet sich in Streit um SPD-Manifest ein | ABC-Z


“SPD darf nicht falsch abbiegen”

Heil schaltet sich in Streit um SPD-Manifest ein

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Das von Rolf Mützenich und Ralf Stegner unterstützte Manifest für einen anderen Umgang mit Russland spaltet die SPD. Kurz vor dem Bundesparteitag ergreift der in die Außenpolitik gewechselte Hubertus Heil das Wort und nordet die Manifest-Autoren ein: “Der Wunsch nach Frieden allein schafft noch keinen.”

Mit Spannung blicken die SPD und ihre Beobachter auf den kommenden Freitag. Dann nämlich wird die Partei auf ihrem Bundesparteitag in Berlin nicht nur über ihre Vorsitzenden abstimmen, auch das hochumstrittene Manifest für eine andere Außen- und Verteidigungspolitik kommt dann auf großer Bühne zur Sprache. Der in die Außenpolitik gewechselte Ex-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ergreift in einem Gastbeitrag für den “stern” schon jetzt das Wort: “Ich kenne und schätze viele persönlich, die das sogenannte Manifest in der SPD unterzeichnet haben” schreibt Heil. Es sei “falsch, ihnen unlautere Motive zu unterstellen”, aber: “Ich will gleichwohl ihrer Position deutlich widersprechen.”

In dem Manifest geht es sowohl um den Umgang mit Russlands Krieg gegen die Ukraine als auch um den von der Bundesregierung betriebenen Kurs der Aufrüstung. Zu den Unterstützern des Texts zählen unter anderem der Partei-Linke Ralf Stegner und der langjährige Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich. Das Manifest fordert mehr diplomatische Anstrengungen und spricht von “Kräften”, die den Diskurs auf eine militärische Lösung des Krieges verengt hätten. Die Unterzeichner hingegen fordern, langfristig wieder Beziehungen mit Russland aufzunehmen und eine gemeinsame Sicherheitsordnung in Europa anzustreben. In Wortwahl und Tonfall richtet sich der Text gegen die von Parteichef Klingbeil vorangetriebene Abkehr der SPD von Russland.

Brandt und Schmidt “keine naiven Pazifisten”

“Als eine verantwortungsvolle Regierungspartei darf die SPD nicht falsch abbiegen”, hält Heil entgegen. Es sei richtig, wenn SPD und Gesellschaft solche wichtigen Fragen wie Aufrüstung und den Umgang mit Russland “leidenschaftlich debattieren”. Aber: “Solche Debatten müssen letztendlich auch geklärt und entschieden werden”, so Heil. Eigentlich hatte sich die SPD schon auf ihrem Bundesparteitag 2023 auf ein von Klingbeil vorgelegtes Papier zum außenpolitischen Kurs der SPD verständigt, der Sicherheit “vor” und nicht Sicherheit “mit” Russland festlegt. Doch beendet war die Debatte um die jahrelange Nähe vieler Sozialdemokraten zu Russland nicht.

Heil argumentiert, dass die Aufrüstung der Bundesrepublik die notwendige Antwort auf eine doppelte Zeitenwende sei: Russlands Vollinvasion der Ukraine und die erneute Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. “Als europäische Demokratien erleben wir, dass wir uns auf unseren wichtigsten Verbündeten außerhalb Europas nicht mehr verlassen können, wenn es um unsere Sicherheit und Freiheit geht.” Für Heil steht Aufrüstung nicht im Widerspruch zur Geschichte der SPD. “Die Bundeskanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt waren keine Militaristen, aber eben auch keine naiven Pazifisten, die die Sicherheitsinteressen unseres Landes vernachlässigt haben.”

In der Partei tobt – vor allem unter älteren Genossen – ein regelrechter Streit um historische Deutungshoheit. Auch Stegner und Mützenich verweisen gerne auf die historischen Kanzler und die Ostpolitik der SPD, um ihre Position zu begründen. Heil warnt die Manifest-Unterstützer vor einer naiven Haltung zum russischen Machthaber Wladimir Putin. “Ja, man muss auch mit schwierigen Regimen in dieser Welt reden, aber man darf dem aggressiven Imperialismus Putins nicht naiv begegnen”, so Heil. “Der Wunsch nach Frieden allein schafft noch keinen.”

Auch Jusos auf Distanz zu Manifest

Es zeigt sich zunehmend, dass die Manifest-Unterstützer eher eine Minderheit in der SPD darstellen. Auch die traditionell links der Parteiführung stehende Nachwuchsorganisation Jusos unterstützt das Manifest nicht. “Die Autoren haben offenbar nicht verstanden, dass wir im Moment keinen Kalten Krieg in Europa haben, sondern einen heißen Krieg in der Ukraine. Für Krieg und Frieden in Europa sind im Moment nicht langfristige Fragen entscheidend, sondern kurzfristige”, sagte Juso-Chef Philipp Türmer im ausführlichen Interview mit ntv.de.

“An dieser Stelle hat das Manifest keine Antworten, sondern lediglich Friedensrhetorik, die konkret nichts zur tatsächlichen Herstellung von Frieden und Sicherheit beiträgt.” Es sei legitim, auch langfristig über Abrüstung sprechen zu wollen, stellte Türmer klar. Er warnte aber die Autoren des Manifests vor der Übernahme von Sichtweisen, die zu stark von russischer Sichtweise geprägt seien.

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