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Sparkurs, Stellenabbau: Warum steckt Rosenthal in der Krise? | ABC-Z


Sparkurs, Stellenabbau

Warum steckt Rosenthal in der Krise?

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Rosenthal ist der Inbegriff deutscher Tischkultur. Mit Luxus-Kooperationen mit Versace und Swarovski wollte es seine Zukunft sichern. Nun kämpft die 145 Jahre alte Porzellanfirma um ihr Überleben.

Eine festlich gedeckte Tafel, dazu das feine Porzellan von Rosenthal: Seit 145 Jahren ist das Geschirr des oberfränkischen Herstellers ein Inbegriff deutscher Tischkultur und eine der bekanntesten Marken im Luxusporzellan. Doch seit einigen Monaten steckt das Traditionsunternehmen trotz Modernisierungsbemühungen in der Krise.

Um den Forstbestand zu sichern, will die Geschäftsführung nun einen harten Sparkurs durchsetzen: Zur Debatte stehen demnach eine Werksschließung sowie ein umfangreicher Stellenabbau. Ziel sei die Verkleinerung “auf nur eine Produktionsstätte, die in kleinerem Umfang produzieren soll”, teilte eine Unternehmenssprecherin mit.

Rosenthal produziert in Deutschland an zwei Standorten: in Selb (Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge) und Speichersdorf (Landkreis Bayreuth). Welches der beiden Werke weichen muss, sei aktuell Gegenstand von Verhandlungen mit der zuständigen Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Die Gewerkschaft wollte sich zu den Gesprächen auf Anfrage von “Capital” nicht äußern.

Die aktuell 600 Mitarbeiter bangen derweil um ihre Jobs. Die Einsparung bringe “einen Stellenabbau mit sich”, bestätigte das Unternehmen. Trotzdem wolle Rosenthal “weiterhin am Produktionsstandort Deutschland festhalten”.

Doch warum konnte es mit der Luxusmarke überhaupt so weit kommen? Aus der jüngsten Bilanz und der Stellungnahme von Rosenthal ergeben sich vor allem drei Gründe für die aktuelle Krise.

Stagnierende Nachfrage: Zum einen kämpft Rosenthal nach eigener Aussage mit einem “geänderten Konsumverhalten hinsichtlich Porzellanprodukten”. In anderen Worten: Die Geschirr-Service – früher ein Statussymbol der Mittelschicht – sind einfach nicht mehr so gefragt wie zu Omas Zeiten.

Rosenthal hat in den vergangenen Jahren versucht, mit einem stärkeren Zuschnitt auf den Luxusmarkt gegenzusteuern: mit Swarovski-Speisetellern für 80 Euro und Versace-Teekannen für knapp 500 Euro. Zudem richtete es sein Wachstum auf den Export nach Nordamerika und den Mittleren Osten aus. Knapp die Hälfte des Jahresumsatzes kam zuletzt aus dem Ausland.

Der Niedergang war damit vorerst aufgehalten, aber das große Wachstum blieb aus. Das zeigt auch ein Blick auf die Verkaufszahlen: Die Umsätze stagnieren seit Jahren bei etwa 80 Millionen Euro pro Jahr. Zu halbherzig waren die Bemühungen um das Onlinegeschäft, zu unstetig die Führung: Allein in den vergangenen vier Jahren hat Rosenthal mindestens vier Wechsel in der Geschäftsführung erlebt.

Billig-Konkurrenz: Hinzu kommt ein verschärfter Wettbewerb durch Anbieter aus Fernost, die dort zu einem Bruchteil der Lohnkosten produzieren und ihre Geschirr-Service dadurch wesentlich billiger anbieten können.

Für Rosenthal führt das zu einem existenziellen Dilemma: Einerseits ist die eigene Produktion sehr teuer, denn das Formen, Brennen und Dekorieren des Porzellans erfordert viel Handarbeit. Die Personalkosten sind daher der größte Kostenblock in der Bilanz – und damit der logische Startpunkt für Einsparungen. Andererseits sind die Werke in Bayern Teil des Qualitätsversprechens “Made in Germany”. Die traditionsreiche Handwerkskunst ist das zentrale Verkaufsargument der Marke, vor allem im Ausland. Sie aufzugeben, wäre auch ein Abschied vom Markenkern.

Steigende Energiekosten: In den vergangenen zwei Jahren kam zu diesen schwierigen Marktbedingungen noch ein weiterer Schock hinzu: Durch Krieg in der Ukraine und Inflation schossen auf einmal die Preise für Rohstoffe und Energie um 40 Prozent in die Höhe, wie die jüngste öffentliche Jahresbilanz von 2022 zeigt. Die Energiekosten dürften Rosenthal auch weiterhin zu schaffen machen, denn die Porzellanherstellung ist energieintensiv. Zur Veredlung wird es mehrfach im Ofen bei Temperaturen zwischen 950 und 1400 Grad Celsius gebrannt.

Das alles erinnert an das Jahr 2009: Nach der globalen Finanzkrise stand Rosenthal schon einmal kurz vor der Insolvenz, konnte damals aber noch von der Mailänder Arcturus Gruppe gerettet werden. Offen ist, ob die italienische Mutter auch einen zweiten Sanierungsversuch bezahlen würde.

Am Stammsitz im nordbayrischen Selb gab es früher mehr als sieben Porzellanfabriken. Heute gibt es nur noch eine. Möglicherweise könnte auch sie bald Geschichte sein. Das Traditionsunternehmen gibt sich derweil optimistisch, dass der Sparkurs die Wende bringen könnte: “Rosenthal ist zuversichtlich, mit den Maßnahmen die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen zu können, um nachhaltig wettbewerbsfähig zu sein”, sagte eine Sprecherin. Immerhin: Der Bonitätsprüfer Creditreform bewertet die Ausfallwahrscheinlichkeit des Traditionsunternehmens mit lediglich sieben Prozent.

Dieser Text erschien zuerst bei capital.de

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