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Sonntagsbegegnung in Erding mit Ursula Münch und Roman Deininger – Erding | ABC-Z

Bernhard Winters Konzept ist eigentlich ganz simpel. Zu seinen Sonntagsbegegnungen lädt der frühere Bürgermeister von Markt Schwaben zwei Menschen ein, die vor Publikum über ein Thema sprechen, das beide interessiert und zu dem beide etwas zu sagen haben. Im Idealfall sind es zwei Menschen, bei denen man gegensätzliche oder zumindest pointiert unterschiedliche Positionen erwarten darf.

Winter hält sich weitgehend zurück. „Ich begrüße nur kurz, zwei Minuten“, dann lässt er seine Gäste reden. Es scheint ein bisschen so, aber es ist eben gerade keine Talkshow. „Die kommen nicht, um zu performen“, sagt Winter, sondern „aus Neugier“ auf ihr Gegenüber, das Thema und einen Dialog auf hohem Niveau. Es gibt keinen Moderator und keine Honorare, das Publikum muss keinen Eintritt zahlen. Das alles reizt offenbar auch oder gerade prominente Gesprächspartner aus Politik, Kirche, Kunst, Wissenschaft und Medien.

Etwa Hundert Sonntagsbegegnungen gab es seit 1992 in Markt Schwaben, vier fanden in Berlin statt, drei in Bethel in Bielefeld und neun in Aschau im Chiemgau. Anfang Oktober wird die 117. Sonntagsbegegnung in Erding veranstaltet. In der Volkshochschule Erding werden dann Professor Ursula Münch, die Direktorin der Akademie für Politische Bildung Tutzing, und Roman Deininger, Chefreporter der Süddeutschen Zeitung, die Frage „Brauchen wir Parteien?“ erörtern.

Um 11.15 geht es los. Wie immer werden die zwei Gesprächspartner etwa eine Stunde miteinander sprechen. Danach schließt sich eine Publikumsrunde von circa einer halben Stunde an. Und danach, betont Winter, geht es gemeinsam zum Mittagessen. Zwanglos darf jeder und jede aus dem Publikum, auf einen Happen und einen Schluck mitkommen, um das zuvor Gehörte sacken zu lassen.

Professor Ursula Münch, Direktorin der Politischen Akademie Tutzing. (Foto: Leonhard Simon)
Roman Deininger, Chefreporter der Süddeutschen Zeitung. (Foto: Florian Peljak)

Die Dialogreihe ist so beliebt, dass die Premiere in Erding, noch bevor sie öffentlich angekündigt war, auch schon ausgebucht war. Winter hat eine Mailing-Liste mit Stammpublikum und anderen Interessierten. Dass die 120 Besucherplätze in der Volkshochschule so schnell weg waren, habe ihn etwas überrascht, sagt Winter. Es gebe eine Warteliste, falls Angemeldete wieder einen Rückzieher machen und so Plätze frei werden.

Und man könne sich auf jeden Fall für eine der folgenden Veranstaltungen vormerken lassen. Von den nächsten vier Sonntagsbegegnungen finden drei in Markt Schwaben und eine in Berlin statt. Im Frühjahr 2025 kommen die Kabarettisten Gerhard Polt und Bruno Jonas nach Erding. Ihr Thema lautet dann „Wer lacht“.

Der allererste Gast war Bundestagsvizepräsidentin Renate Schmidt

Die Liste derer, die seit 1992 Winters Einladung gefolgt sind, ist imposant. Ganz am Anfang, an den ersten sieben Sonntagen gab es nur einen Gast. Die allererste war Bundestagsvizepräsidentin Renate Schmidt, die zum Thema „Politik und Glaubwürdigkeit“ sprach. Nach einem halben Dutzend weiteren Gesprächsvormittagen unter anderem mit Abt Odilo Lechner, der über „Mystik und Politik“ sinnierte, und dem Münchner Alt-OB Hans-Jochen Vogel, der das Thema „Solidarität und Nächstenliebe“ bearbeitete, kam Bernhard Winter auf die Idee, zwei Gesprächspartnern einzuladen.

Den Auftakt machten die FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher und der Albert Schmid, der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag. Sie sprachen über „Der Umgang mit dem politischen Gegner“. Wenig später erörterten der Humorist Gerhard Polt und der SZ-Journalist Herbert Riehl-Heyse „Vordergründe und Hintergründe“. Joschka Fischer sprach als Fraktionssprecher der Grünen im Bundestag mit Otto Schily, der von den Grünen zur SPD gewechselt war, über „Politik als Bewegung“.

Und so ging es immer weiter. Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth und NRW-Ministerpräsident Johannes Rau nahmen sich das Thema „Generationengesellschaft“ vor, der Theologe und Philosoph Eugen Biser und der Physiker Hans-Peter Dürr fragten sich, „Was hält die Welt zusammen?“und der Kabarettist Dieter Hildebrandt unterhielt sich mit der ehemaligen Justizministerin Herta Däubler-Gmelin über „Die Seele der Politik“. Die Schriftsteller Paul Maar und Sten Nadolny waren ebenfalls schon da, der Fußballer Paul Breitner hat mitgemacht, genauso wie Erzbischof Reinhard Marx oder der Islam-Gelehrte Fuad Kandil. Das sind nur wenige Beispiele. Die gesamte Liste ist, wie schon erwähnt, sehr imposant.

Wie schafft es Bernhard Winter, so viel Prominenz für sein Format zu gewinnen? Er glaubt, sein Erfolg in dieser Hinsicht liege in einer Mischung aus Freundlichkeit und Hartnäckigkeit. Er suche zudem auch passende und knackig formulierte Themen, die seine potenziellen Gäste reizen. Und, „ein bisschen spielt es auch eine Rolle, dass die mich mögen“.

Über die Jahre „ist ein Netzwerk entstanden, mit vielen Menschen“ und nicht wenige Gesprächsgäste haben mehr als einmal bei einer Sonntagsbegegnung mitgemacht. Winter hat noch nicht genug und möchte weitermachen. „Im Prinzip kriege ich fast alle, die ich will.“

Sonntagsbegegnungen, Warteliste und Voranmeldung für kommende Veranstaltungen E-Mail an winter.lyrik@t-online.de oder über www.winternetz.net.

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