Geopolitik

Sondierungen Union/SPD: ++ Merz trifft zu Gespräch im Kanzleramt ein – „Wahlversprechen schamlos gebrochen“ ++ Liveticker | ABC-Z

Union und SPD haben sich auf ein milliardenschweres Finanzierungspaket verständigt. Der Junge-Union-Chef Johannes Winkel warnt vor den Folgen. Derweil treffen Spitzenvertreter von Union und SPD Olaf Scholz zum Gespräch. Alle Entwicklungen im Liveticker.

Noch vor Bildung einer Regierung haben Union und SPD bei ihren Sondierungsgesprächen ein mit Schulden finanziertes Paket in einem noch nie dagewesenen Volumen beschlossen. Die Verteidigungsausgaben sollten ab einer Höhe von einem Prozent der Wirtschaftsleistung von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Zudem soll es ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen zur Finanzierung von Wirtschaft und Infrastruktur geben.

Alle Entwicklungen im Überblick

11:42 Uhr – Merz schütte „alle Herausforderungen direkt mit Geld zu“ – FDP kritisiert Sondervermögen

Die FDP hat den Beschluss von Union und SPD kritisiert: „Ein schuldenfinanziertes Sondervermögen für Infrastruktur, das alles Mögliche beinhaltet, ist für die FDP kein gangbarer Weg“, sagte Fraktionschef Christian Dürr der „Rheinischen Post“. Es sei enttäuschend, dass der wahrscheinlich neue Kanzler Friedrich Merz „nicht einmal den Versuch unternimmt, Reformen umzusetzen, sondern alle Herausforderungen direkt mit Geld zuschüttet“. Damit breche die Union ein zentrales Wahlversprechen – „zulasten jüngerer Menschen, die diese Schulden später abbezahlen müssen“. Bei den Verteidigungsausgaben positioniert sich die FDP hingegen offen. „Höhere Verteidigungsausgaben außerhalb der Schuldenbremse könnten wir mittragen, denn die Stärkung der Truppe hat in diesen Zeiten Priorität“, sagt Dürr. Allerdings: „Die regulären Verteidigungsausgaben müssen fest bei zwei Prozent verankert werden, denn sie sorgen für Planungssicherheit und Verlässlichkeit bei der Bundeswehr. Darüber werden wir mit der Union sprechen“, sagt Dürr.

11:26 Uhr – Spitzenvertreter von Union und SPD bei Scholz eingetroffen

Im Zuge der Sondierungen für eine neue Koalition treffen Spitzenvertreter von Union und SPD zu einem Gespräch mit Olaf Scholz ein. Am Vormittag kommen der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, SPD-Co-Chefin Saskia Esken und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ins Kanzleramt in Berlin. Geplant ist ein Austausch mit Blick auf den EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel zur Sicherheitslage in Europa angesichts des Kurswechsels von US-Präsident Donald Trump bei der Unterstützung der Ukraine.

11:05 Uhr – Wahlversprechen „rasant und schamlos“ gebrochen – Haßelmann kritisiert Union

Grünen-Ko-Fraktionschefin Britta Haßelmann wirft der Union vor, ein zentrales Wahlversprechen „von heute auf morgen“ gebrochen zu haben. „Sie hat den Bürgerinnen und Bürgern im Land versprochen, und darauf baut ihr Wahlsieg, dass es keine neuen Schulden gibt“, sagte Haßelmann den Sendern RTL und ntv. Die Union habe immer behauptet Deutschland habe kein Einnahmeproblem, sondern nur ein Ausgabeproblem. Die Grünen hätten dagegen sehr deutlich gemacht, dass das Land Investitionen in Klimaschutz, wirtschaftliche Entwicklung, Infrastruktur aber auch in die Verteidigung benötige. Markus Söder und Friedrich Merz hätten das stets verneint, hob Haßelmann hervor. Nach der Wahl seien nun Wahlversprechen „rasant und schamlos“ gebrochen worden.

10:39 Uhr – JU-Chef beklagt „harten Schlag“ für junge Generation

Die Nachwuchsorganisation der CDU kritisiert das Finanzpaket. „Aus Sicht der jungen Generation ist das ein harter Schlag für Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit bei Staatsfinanzen, weil die Botschaft ist: Lieber bequeme Schulden als unbequeme Reformen“, sagt Junge-Union-Chef Johannes Winkel dem „Tagesspiegel“. Er nannte die Einigung eine „deutliche Niederlage für die Union gleich zu Beginn der Verhandlungen, weil für dieses große Entgegenkommen gegenüber den Sozialdemokraten keine Gegenleistungen sichtbar wurden“.

10:15 Uhr – Deutsche Schuldenquote kann 2034 laut Experten 100-Prozent-Marke reißen

Die Pläne von Union und SPD könnten dem Finanzwissenschaftler Friedrich Heinemann zufolge die Staatsschulden stark steigen lassen. „Damit würde sich Deutschland rasch zu den Hochschuldenstaaten der EU gesellen“, sagte der Experte des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Friedrich Heinemann. „Deutschlands Schuldenquote könnte 2034 die 100-Prozent-Marke überschreiten.“ Aktuell liegt sie bei etwa 64 Prozent und ist damit weit niedriger als in anderen großen Industriestaaten wie den USA, Frankreich, Italien oder Japan.

09:57 Uhr – Baerbock verzichtet auf Grünen-Fraktionsvorsitz

Annalena Baerbock strebt kein führendes Amt in der Grünen-Bundestagsfraktion an. Sie habe dies „aus persönlichen Gründen“ entschieden, schreibt die Noch-Außenministerin in einem Brief an die Fraktion und den Landesverband Brandenburg. Der Brief liegt WELT vor.

09:48 Uhr – Baubranche jubelt über Sondervermögen

Die deutsche Bauwirtschaft lobt die Einigung auf ein Sondervermögen in höchsten Tönen. Dieses Paket sei „wegweisend und unerlässlich zugleich – für unseren Industriestandort sowie für ein geopolitisch resilientes, starkes Deutschland und Europa“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller. Es biete die Vorteile, finanzielle Mittel zweckgebunden sowie mit klar definierten Zielvorgaben einzusetzen und somit Planungssicherheit für Infrastrukturprojekte zu schaffen.

Ähnlich äußerte sich der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). „Die geplanten Investitionen sind die jetzt dringend benötigte Modernisierungsoffensive“, sagte ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. „Wir erwarten nicht nur wirtschaftliche Impulse, sondern auch eine Stärkung unserer nationalen Wettbewerbsfähigkeit.“

09:00 Uhr – SPD-Politikerin Schwesig rechnet mit jährlichem Wehretat von 100 Milliarden Euro

Die SPD-Politikerin Manuela Schwesig hat die Erwartung geäußert, dass der Wehretat nun deutlich ansteigen wird. „Man muss damit rechnen, dass die derzeit 53 Milliarden Euro, die veranschlagt sind, nach mindestens Richtung 100 Milliarden Euro aufwachsen“, sagte sie bei „Maischberger“. Dies werde die jährliche Ausgabensumme sein.

07:52 Uhr – „Mit jedem Wort belogen“ – Weidel wirft Merz Wählertäuschung vor

AfD-Chefin Alice Weidel hat Friedrich Merz (CDU) vorgeworfen, die Wähler getäuscht zu haben. „Fast 1 Billion Euro neue Schulden zu Lasten der Steuerzahler, die er dann auch noch ‚Vermögen‘ nennt“, schrieb sie bei X. „Merz hat die Wähler mit jedem Wort im Wahlkampf belogen.“

07:50 Uhr – Wirtschaftsweise Grimm warnt vor „Weg in den Abgrund“

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hat vor negativen Folgen der milliardenschweren Neuverschuldung gewarnt. „Wir brauchen in der Tat eine schnelle Steigerung des Verteidigungsbudgets. Aber ohne Reformen ist das ein Weg in den Abgrund“, sagte Grimm der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Angesichts steigender Sozialausgaben und vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sei es eine „extrem riskante Wette, den Reformbedarf durch Verschuldung immer weiter hinauszuschieben“. Sie fügte an: „Die Chancen, dass das gut geht, stehen schlecht.“ Grimm forderte, dass der Bundeshaushalt derart umstrukturiert werden müsse, dass „das Verteidigungsbudget dauerhaft aus dem Kernhaushalt gestemmt werden kann“.

07:40 Uhr – Pistorius lobt Entscheidung als „historisch“

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hält die Einigung für wegweisend zur Stärkung der Sicherheit des Landes. „Das ist ein historischer Tag, für die Bundeswehr und für Deutschland“, sagte der SPD-Politiker dem „Spiegel“. „Wir senden ein starkes Signal an die Menschen in unserem Land und an unsere Bündnispartner“, sagte Pistorius. Ein entsprechender Beschluss des Bundestags ermögliche, dass Deutschland mit anderen eine führende Rolle übernehmen könnte, die Nato in Europa zu stärken.

04:32 Uhr – FDP nennt Einigung von Union und SPD „verantwortungslos“

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr kritisiert die Einigung bei den Sondierungsgesprächen von Union und SPD. „Schulden für alles Mögliche zulasten der Menschen in Deutschland sind aus meiner Sicht verantwortungslos“, sagte Dürr der Deutschen Presse-Agentur. Dass die Bundeswehr gestärkt werden müsse, stehe außer Frage, „aber diese Vorschläge stellen nicht die Verteidigungsfähigkeit ins Zentrum, sondern eine Koalition, die ihre Gemeinsamkeiten auf unendlichen Schulden aufbaut“, so Dürr. Er sagte weiter: „Die Union bricht damit ein zentrales Wahlversprechen.“

03:30 Uhr – Ökonomen loben Milliarden-Finanzpaket als „Gamechanger“

Die Einigung von Union und SPD stößt bei führenden Ökonomen auf Zustimmung. „Die Einigung der Sondierer ist ein Gamechanger, ein wuchtiges und gutes Paket“, sagte der Professor für International Economics an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Jens Südekum, der Nachrichtenagentur Reuters. Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), hofft auf einen Konjunkturschub: „Wenn das so gelingt, dann dürfte die Stagnation der deutschen Wirtschaft jetzt schnell überwunden sein“, sagte er. „Deutschland ist wieder wirtschaftlich und militärisch handlungsfähig.“

02:00 Uhr – Grüne wollen sich Finanzpaket „in Ruhe anschauen“

Die Grünen-Bundestagsfraktion reagiert zurückhaltend auf die Einigung. „Wir werden uns die Vorschläge nun in Ruhe anschauen“, kündigte Fraktionschefin Britta Haßelmann an. Friedrich Merz und Markus Söder hätten bei ihrem Auftritt „keinen Funken Demut gezeigt“, stellte Haßelmann fest. „Schließlich haben sie den Wählern wochenlang das Gegenteil von dem versprochen, was sie jetzt machen. Was Union und SPD der Öffentlichkeit auch vorenthalten haben: Für alles, was sie vorschlagen, brauchen sie Dritte im Parlament.“

dpa/AFP/Reuters/shem

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