Geopolitik

Sondierungen: Gewerkschaft der Polizei und Städtebund zufrieden, Wirtschaftsinstitute nicht | ABC-Z

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält die Beschlüsse von Union und SPD zu Zurückweisungen an den Grenzen für grundsätzlich realisierbar. Der Vorsitzende für den Bereich Bundespolizei, Andreas Roßkopf, sagte der „Rheinischen Post“, man sei „zufrieden“ mit den Sondierungsergebnissen. „Das kann die Bundespolizei umsetzen. Allerdings bedeuten die Zurückweisungen an den Grenzen auch zusätzliche Aufgaben.“

„Union und SPD müssen in den Koalitionsverhandlungen nachlegen“, erklärte er weiter. Darüber hinaus müsse die Kompetenzerweiterung zur Festnahme von Ausreisepflichtigen in der gesamten Bundesrepublik noch mal logistisch geprüft werden. „Dafür sind die Dienststellen kaum räumlich und personell ausgestattet“, so Roßkopf.

Auch der Städte- und Gemeindebund hat die von Union und SPD geplante Verschärfung der Zuwanderungspolitik begrüßt. „Die sehr deutliche Begrenzung der illegalen Migration, die Beschleunigung der Rückführungen und die zusätzlichen Mittel für die Integration der Menschen mit Bleiberecht sind richtige Akzente“, sagte Hauptgeschäftsführer André Berghegger den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dies seien „wichtige Schritte auf dem Weg zu einer echten Migrationswende“.

Als weitere wichtige Signale in dieser Richtung nannte Berghegger „das Festhalten an der Bezahlkarte und die Wiedereinführung der Sprach-Kitas“. Diese von den möglichen Koalitionspartnern vereinbarten Maßnahmen seien aus kommunaler Perspektive begrüßenswert. Das Sondierungsergebnis enthalte zudem „wichtige Impulse, um Bürger, Wirtschaft und Kommunen zu entlasten“, sagte Berghegger weiter. „Vieles der nun getroffenen Vereinbarungen schafft Planungssicherheit und erleichtert den Kommunen die weitere Arbeit an der Transformation der Energieversorgung.“ Allerdings seien noch weitere Konkretisierungen in den Koalitionsverhandlungen notwendig, etwa im Bereich der Digitalisierung oder bei der Mobilität.

Ökonomen hingegen üben scharfe Kritik an dem von Union und SPD beschlossenen Sondierungspapier. Das Paket zeige jetzt schon, „wie das von beiden Partner anvisierte Ende der Schuldenbremse die Schleusen für unsinnige Subventionen und Klientelpolitik wieder weit öffnet“, sagte Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) der Nachrichtenagentur Reuters. „Die ermäßigte Mehrwertsteuer in der Gastronomie ist ein Geschenk für wohlhabende Haushalte, die Rückkehr des subventionierten Agrardiesels ein ökologischer Skandal und die Ausweitung der Mütterrente für Kinder eine völlig ungezielte Maßnahme zulasten der Steuerzahler.“ Offenbar hofften beide Partner darauf, erhebliche Teile der Schulden für Rüstung und Investitionen „elegant zweckzuentfremden, um damit einflussreiche Gruppen zu bedienen“. Union und SPD hatten sich zuvor bereits auf ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für Infrastruktur und auf eine Lockerung der Schuldenbremse für die Verteidigung geeinigt.

Auch das Institut für Weltwirtschaft (IfW) kritisiert das elfseitige Sondierungspapier. „Ambitionierte Konsolidierungsbemühungen sucht man vergeblich“, sagte der Direktor am Forschungszentrum Konjunktur und Wachstum, Stefan Kooths. Im Gegenteil: Es würden neue konsumtive Projekte in Aussicht gestellt. „Damit steht insgesamt zu befürchten, dass die massiv erweiterten Verschuldungsspielräume den Reformeifer erlahmen lassen“, warnte Kooths. „Im Ergebnis finanzieren die für die Bundeswehr deklarierten Dauerdefizite so nur all das, was nun offenbar nicht mehr auf den fiskalischen Prüfstand kommt.“ Mit höherer Verschuldung ließen sich Verteilungskonflikte zwar eine Weile überdecken. „Mittelfristig drohen sie sich dadurch aber weiter zu verschärfen“, warnte Kooths. Dies gelte umso mehr, als ohne durchgreifende standortstärkende Maßnahmen die Verteilungsspielräume kaum noch wachsen dürften.

ZEW-Experte Heinemann sieht auch die geplante Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro kritisch. Dies sorge für einen „erheblichen Lohnkostenschub für Geringqualifizierte in strukturschwachen Gebieten – und das in einem sich stark abkühlenden Arbeitsmarkt“. Dagegen fehle es in der Vereinbarung an allem, was Deutschland dringend benötige: höheres Renteneintrittsalter, Ausweitung der Wochenarbeitszeit, mehr Eigenverantwortung im Fall von Krankheit und Pflege, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und ein konsequenter Subventionsabbau. „Deutschland verharrt auf wichtigen Feldern weiter im schuldenfinanzierten Reformstau“, so das Fazit von ZEW-Experte Heinemann.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"