Sollten Smartphones an Schulen und Kitas verboten werden? |ABC-Z
Die Debatte um ein Handyverbot an Schulen und in Kitas reißt nicht ab. Nach dem Vorstoß des hessischen Kultusministers Armin Schwarz (CDU), die Handynutzung an Schulen im Land oder sogar in ganz Deutschland einheitlich zu regeln, wird sich in dieser Woche die Kultusministerkonferenz mit dem Thema befassen. Schwarz will ein Verbot von Smartphones an Grundschulen erwirken und fordert klare, altersgerechte Regeln für die Sekundarstufe I und II. Auch in Kitas, insbesondere in solchen, die über einen Hort für Grundschulkinder verfügen, wird über den richtigen Umgang mit Smartwatches, Smartphones und GPS-Trackern, mit denen Eltern ihre Kinder orten können, diskutiert.
Aufsehen erregt hatte die Entscheidung der Stadt Hanau, von Dezember an in Kitas Smartwatches und andere Geräte zu verbieten, die geortet werden können. Die Überwachung der Kinder aus der Ferne läuft nach Ansicht des Hanauer Bürgermeisters Maximilian Bieri (SPD) den pädagogischen Grundsätzen zuwider, denen die Kinderbetreuung verpflichtet ist. Denn sie habe auch den Auftrag, die Autonomie der Kinder zu fördern und ihr Recht zu achten, die Umgebung frei zu erkunden.
„Echte Sozialkontakte“
Auch in anderen Kommunen und Einrichtungen ist der Umgang mit digitalen Geräten ein Thema. Der städtische Träger Kita Frankfurt sieht die Nutzung von Smartphones, Smartwatches und anderen trackingfähigen Geräten in Kinderbetreuungseinrichtungen ebenfalls kritisch. Mit fast 150 Einrichtungen ist er der größte Anbieter von Kinderbetreuung in Frankfurt. Wie der Träger mitteilt, werde derzeit an Regeln gearbeitet, die Eltern, pädagogischen Mitarbeitern und Kindern eine klare Orientierung geben sollen.
„Kinder brauchen in einer Kindertagesbetreuungseinrichtung das Gefühl von Sicherheit und persönlichem Freiraum“, sagt die Betriebsleiterin Gabriele Bischoff. Um sich durch den persönlichen Austausch mit anderen Kindern und Erwachsenen entwickeln zu können, seien sie auf „echte Sozialkontakte“ angewiesen. „Kontakte im virtuellen Raum bleiben außen vor“, hebt Bischoff hervor.
Betreuungseinrichtungen hätten aber zudem die Aufgabe, Kinder medienpädagogisch zu bilden. Sie müssten ihrer Entwicklung entsprechend einen kompetenten Umgang mit Medien erfahren. Dies stehe nicht im Widerspruch zu einem Handyverbot in einer Bildungseinrichtung, sondern bedeute, dass Kinder für einen sinnvollen und zugleich kritischen Umgang mit Medien sensibilisiert werden müssten.
Computerspiele in der Kita
In einigen Einrichtungen wird deshalb ein Kompromiss gelebt. Im Hort einer Kita im Frankfurter Nordend zum Beispiel, die zu einem privaten Träger gehört, dürfen die Kinder einmal in der Woche eine Stunde lang am Smartphone oder Tablet spielen. Außerhalb dieser Zeit müssen die Geräte ausgeschaltet in der Tasche bleiben. „Es ist unsere Aufgabe, Kinder darauf vorzubereiten, den Umgang mit den Geräten zu regulieren. Denn es wird sie auch im Erwachsenenleben begleiten“, sagt ein Mitarbeiter. Die Regelung sei allerdings ohnehin nur für Hortkinder im Grundschulalter relevant, denn für die Kleineren sei das Handy „kein Thema“, sagt der Mitarbeiter. Unter den Viertklässlern allerdings hätten schon einige Kinder eine Smartwatch, die sie im Hort allerdings nicht benutzen dürften.
Andere Einrichtungen äußern sich weniger kompromissbereit. Christiane Steffan leitet den Hort im Kinderhaus des Evangelischen Vereins für Innere Mission Frankfurt im Holzhausenviertel. Auch dort gilt, dass die Smartphones und Smartwatches im Ranzen bleiben sollen. Aber nicht alle Kinder hielten sich daran. „Wir wären froh, wenn die Nutzung der Dinger in Kitas verboten würde“, sagt Steffan. Immer mehr Viert- und auch Drittklässler hätten eine Smartwatch. Es komme auch vor, dass Eltern ihre Kinder auf diesem Weg heimlich kontaktierten, um die Abholzeit zu vereinbaren, statt den Hort anzurufen. „Wir haben dafür ein Telefon“, sagt Steffan. Sie würde sich über eine einheitliche Regelung freuen. „Aus unserer fachlichen Sicht wäre das der richtige Weg. Das Sozialverhalten der Kinder leidet.“
Kinder brauchen Freiräume
Auch Anders Adebahr, der den Hort der Kita Fuchshohl der Evangelischen Bethlehemgemeinde in Ginnheim leitet, wünscht sich ein einheitliches Verbot der Geräte in Schulen und Kitas. „Am meisten würde uns ein Gesetz helfen. Es wäre ein politisches und pädagogisches Signal, dass solche Geräte aus Lernorten fernzuhalten sind.“ GPS-Tracker und ähnliche Ortungsdienste lehnt Adebahr aus pädagogischen Gründen ab. „Wer sein Kind ortet, verhindert die Verselbstständigung und hemmt die Entwicklung“, sagt er. Nach seiner Beobachtung werden die Eltern immer ängstlicher und trauen den Kindern weniger zu. Doch ein Kind brauche Freiräume, um sich zu entwickeln.
Adebahr beobachtet, dass Eltern immer früher mit der Anschaffung einer Smartwatch oder eines Smartphones liebäugeln. „Früher ging es bei Viertklässlern los. Inzwischen breitet es sich viel früher aus.“ Er ist der festen Überzeugung, dass Kinder möglichst spät ein eigenes Smartphone bekommen sollten: „In dem Moment, wo ich meinem Kind ein Smartphone kaufe, beende ich seine Kindheit“, sagt er. Im Hort der Kita gilt, dass die Geräte in der Tasche bleiben müssen. „Da halten sich alle dran.“ Die meisten Eltern seien einsichtig. „So gesehen leben wir hier noch in einer Oase.“