Bezirke

München: Neue Gedenkplakette für Weiße Rose enthüllt – München | ABC-Z

Weiße Zettel schweben in den Lichthof der Ludwig-Maximilians-Universität München, geworfen von einem Balkon im zweiten Stock. Nur noch einen kurzen Moment bis sich die Hörsaaltüren öffnen und den Geschwistern Hans und Sophie Scholl, Mitglieder der Widerstandsorganisation „Weiße Rose“, die Möglichkeit geben, in dem Strom aus Studierenden unterzutauchen. Doch dazu kommt es nie. Das Bild der fallenden Flugblätter „ist längst in das kulturelle Gedächtnis eingegangen“, meint Hans Günther Hockerts, der lange Jahre Professor für neuere Zeitgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität war. Nun stellt er die neusten Erkenntnisse über die Festnahme der Geschwister Scholl vor und möchte mit einigen Irrtümern aufräumen.

Eine Erinnerungstafel markiert seit Montag den Ort, an dem vor 82 Jahren Hans und Sophie Scholl standen, als sie das sechste Flugblatt der „Weißen Rose“ in den Lichthof der LMU warfen. Es ist auch der Ort, an dem sie wenig später von dem Hörsaaldiener Jakob Schmidt festgehalten werden, der mit der Auslieferung an die Gestapo das Todesurteil der jungen Studenten unterschreibt. Die Flugblattaktion der „Weißen Rose“ am 18. Februar 1943 gehört zu den wohl bekanntesten Aktionen von Widerstandskämpfern im Nationalsozialismus.

Und doch war der genaue Ablauf und der Ort der Festnahme der Geschwister Scholl lange ungeklärt, bis jetzt. In einer aufwendigen Rekonstruktion der Ereignisse vom 18. Februar 1943 sei es Hockerts gelungen, die Flugblattaktion der „Weißen Rose“ nachzuvollziehen. Das Ergebnis präsentiert er am Montagabend zusammen mit der Vorsitzenden der Weiße Rose Stiftung, Hildegard Kronawitter, und dem scheidenden Präsidenten der LMU Bernd Huber. Dieser lobt den Einsatz von Hockerts: Die neuen Erkenntnisse seien „eine bemerkenswerte Leistung“ des Historikers.

Die neue Plakette befindet sich an der Stelle, an der Sophie Scholl das letzte Flugblatt der Weißen Rose abwarf, bevor sie entdeckt und festgenommen wurde. (Foto: Florian Peljak)
LMU-Präsident Professor Bernd Huber, die Vorsitzende der Weiße Rose Stiftung Hildegard Kronawitter und Prof. i. R. Hans Günter Hockerts enthüllten am Montag die neue Plakette. (Foto: Florian Peljak)

Der ehemalige Professor sei, nach eigener Aussage, mit einem „kriminalistischen Spürsinn“ vorgegangen. In Kleinstarbeit habe sich Hockerts durch verschiedene Quellen gearbeitet und anhand dieser versucht, den Weg der Geschwister Scholl nachzuvollziehen. Vor allem die Gestapo-Protokolle von dem Verhör der beiden Widerstandskämpfer nennt er als wichtiges Dokument. „Es gibt keine schwierige Quelle“, erkärt Hockerts, denn die Aussagen würden sich in Teilen widersprechen. Und doch sei es ihm gelungen, den Südbalkon im Lichthof als Ort des Abwurfs zu identifizieren.

Besonders wichtig ist Hockerts jedoch eine andere Entdeckung. Als Anlass für seine erneute Aufarbeitung des Themas nennt er das in seinen Augen falsche Bild, dass einige von der Flugblatt-Aktion der Weißen Rose haben. Als naiv oder leichtsinnig würden viele Menschen diese bezeichnen. Dem möchte Hockerts etwas entgegensetzen. In seinem Vortrag betont er, dass die Geschwister sich den möglichen Konsequenzen bewusst gewesen seien und entsprechende Vorbereitungen getroffen hätten. „Das war kein purer Leichtsinn“, erklärt Hockerts.

„Die Weiße Rose ist ein leuchtendes Beispiel für Zivilcourage“,  betont der Historiker. Die Geschichte zeige, dass eine Diktatur nur funktioniere, wenn auch die kleinsten Rädchen funktionieren. Sie zeige aber auch, dass man nicht mitmachen muss. „Man muss nur rechtzeitig anfangen sich zu wehren!“

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"