News

Social Media ab 16 Jahren: Ein Mindestalter schont die Plattformen | ABC-Z

D er Wind ist gerade dabei, sich zu drehen. Zwar ist Social Media in der öffentlichen Wahrnehmung schon seit einigen Jahren etwas, das zunehmend kritisch gesehen und immer weniger gefeiert wird. Süchtig machend, polarisierend, toxische Körperbilder und Hass verbreitend. Und spätestens, seitdem die Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen mit internen Dokumenten unter anderem zeigte, dass Instagram die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper verstärken kann, sind negative Auswirkungen nicht nur gefühlt, sondern auch belegt. Doch aus den negativen Effekten auf die Notwendigkeit von Altersgrenzen zu schließen, das ist eine verhältnismäßig junge Entwicklung. Eine, die Probleme birgt.

Kri­ti­ke­r:in­nen vergleichen die Nutzung von Social Media gerne mit dem Trinken von Alkohol oder dem Rauchen. Bei Tabak und Alkohol sind negative Folgen für die Kon­su­men­t:in­nen und ihr Umfeld gut belegt. In Sachen Social Media ist die Studienlage diffuser. Aber selbst wenn man den Vergleich gelten lassen will – dann sollten auch die Folgen konsequent sein. Beispiel Zigaretten: Hier zielt die Prävention nicht nur darauf ab, Kinder und Jugendliche fernzuhalten, sondern möglichst alle Menschen. Deutschland ist da noch vergleichsweise nachlässig, andere Länder sind viel weiter, was Werbeverbote oder die Höhe der Steuern angeht.

Bei Social Media gäbe es dagegen zum 16. Geburtstag: nach Aufmerksamkeit schreiende Push-Nachrichten, Autoplay und Scrollen bis in die Unendlichkeit, Verschwörungserzählungen, Fake News und Gewalt. Wer also davon ausgeht, dass die Social-Media-Nutzung ernstzunehmende negative Folgen hat und dass nicht mit dem Erreichen eines gewissen Alters eine Immunität dagegen entsteht, muss grundsätzlich ran.

Ein Verbot würde Vernetzung verhindern

Das wäre auch aus einem anderen Grund sinnvoll, der in der Diskussion gerne untergeht: Bei allen negativen Folgen – Social Media schafft auch Positives, gerade für Jugendliche, und zwar jenseits des kurzen Dopamin-Kicks. Es schafft Vernetzung, Zugehörigkeit, Identifikation. Die US-Amerikanerin Amelia Som formulierte es schon vor einigen Jahren im Interview mit netzpolitik.org so: „Ich habe in meinem Leben noch nicht so viele queere, Schwarze Nerds getroffen wie auf Tiktok. Wenn man in Oklahoma lebt, ist es schwer, solche Kontakte zu knüpfen.“

Während wir also über Altersgrenzen debattieren, übersehen wir den Kern: die Frage, welche Art von Plattformen eigentlich insgesamt gut wäre für eine Gesellschaft und ihre Mitglieder – junge wie alte. Wie wäre es, wenn Algorithmen statt Hass und Hetze Inhalte bevorzugten, die verbinden? Wenn Social Media mehr der Kommunikation und Vernetzung dienen würde und nicht primär dem Gewinninteresse der Konzerne?

Die Debatte über Altersgrenzen lenkt ab vom Kern des Problems

Vielleicht kommen wir zu dem Ergebnis, dass die Plattformen so, wie sie heute sind, tatsächlich eher Tabak und Alkohol ähneln als dem Telefon. Aber dann wäre es Zeit, die Konsequenzen daraus zu ziehen – und zwar nicht nur für die Nutzer:innen.

Back to top button