Wirtschaft

So viele Insolvenzen wie seit 10 Jahren nicht mehr | ABC-Z

In Deutschland sind im vergangenen Halbjahr so viele Unternehmen in die Insolvenz gegangen wie seit 10 Jahren nicht mehr. Nach Hochrechnungen der Bonitätsauskunft Creditreform werden 11.900 Unternehmen bis zum Ende der ersten Jahreshälfte eine Zahlungsunfähigkeit angemeldet haben. Das wären 9,4 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die derzeit leicht verbesserte Stimmung in der Wirtschaft habe sich „noch nicht materialisiert“, die Unsicherheit bleibe hoch, sagte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter des Wirtschaftsforschung von Creditreform am Donnerstag vor Journalisten.

Bei den Unternehmenspleiten zeige sich eine „hochdynamische Steigerung“, die allerdings keine „Insolvenzwelle“ sei und nicht mehr ganz so steil verlaufe wie noch im vergangenen Jahr. Doch lösten die vielen Insolvenzen „zunehmend Kettenreaktionen“ aus, weshalb auch bei Privatpersonen die Fallzahlen der Zahlungsunfähigkeit kontinuierlich stiegen. Im ersten Halbjahr diesen Jahres wurden demnach rund 37.700 Verbraucherinsolvenzen gemeldet, das sind 6,6 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

„Historischer Zuwachs“ in der Autozulieferbranche

Hantzsch macht für den Pleiten-Rekord ein ganzes Bündel von Gründen verantwortlich: Hohe Energie- und Materialpreise, Nachwirkungen der Coronazeit, Schwierigkeiten von Handelsunternehmen, die gestiegenen Kosten vollständig an ihre Kunden weiterzureichen, Verbraucherzurückhaltung, eine strengere Kreditvergabe oder teilweise fehlende Kreditverlängerungen sowie über längere Zeit ausgebliebene Investitionen Das alles führe dazu, dass Geschäftsmodelle nicht mehr funktionierten.

Besonders kritisch findet der Fachmann die starken Zuwächse von Insolvenzen im verarbeitenden Gewerbe. Sie sind im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 17,5 Prozent gestiegen. Einen „historischen Zuwachs“ habe es vor allem in der Autozulieferbranche gegeben. „Der Maschinenraum Deutschland ist massiv betroffen“, sagte Hantzsch.

Erfolgsmodell der deutschen Wirtschaft steht im Feuer

Das Erfolgsmodell Deutschlands stehe im Feuer, weil gerade im Verarbeitenden Gewerbe viele gut bezahlte Arbeitsplätze betroffen seien. Insgesamt ist den Angaben zufolge die Zahl der Stellen, die durch die Firmenpleiten bedroht sind, gestiegen. Derzeit sind 141.000 Arbeitnehmer betroffen, während es im ersten Halbjahr 2024 noch 133.000 waren. Hantzsch sagte, das liege vor allem daran, dass mehr größere Unternehmen Insolvenz angemeldet hätten, mit stärkeren Auswirkungen „als bei einer Dönerbude“.

Zur Frage, ob der Investitions-Booster der Bundesregierung positive Auswirkungen haben werde, äußerte sich der Fachmann zurückhaltend. Das viele Geld treffe zum Teil auf Branchen, die stark mit strukturellen Problemen wie hoher Bürokratie und Fachkräftemangel zu kämpfen hätten. Ein nachhaltiger Aufschwung sei „mit Geld allein nicht zu kaufen“.

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