So einsam fühlen sich junge Leute in Deutschland | ABC-Z
Für 60 Prozent der Deutschen ist Einsamkeit ein bekanntes Gefühl. Die Ergebnisse des für Deutschland repräsentativen Einsamkeitsreports der Techniker Krankenkasse (TK) zeigen, dass Einsamkeit ein gesellschaftlich relevantes Phänomen ist. Es handelt sich um den ersten Report der Krankenversicherung, die die Relevanz der Umfrage mit dem Zusammenhang von Einsamkeit und Gesundheit begründet. „Einsamkeit ist keine Krankheit, sie kann aber krank machen“, sagt Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK.
Was genau ist unter Einsamkeit zu verstehen? Die Autoren des Berichts nennen Einsamkeit ein subjektives Empfinden der eigenen sozialen Beziehungen, die nicht so sind, wie es sich eine betroffene Person eigentlich wünscht. Demnach ist Einsamkeit nicht dasselbe wie allein zu sein. Im internationalen Vergleich stehe Deutschland dabei nicht unbedingt schlecht da, sagt Janosch Schobin, Soziologe an der Universität Göttingen und Experte im Kompetenznetz Einsamkeit. Dennoch sei das Thema auch hier sehr relevant – und vor allem sei es ein Tabu, das keines sein sollte, sagt Schobin, der für den Bericht der TK befragt wurde.
Besonders jüngere Menschen fühlen sich einsam
Zur Überraschung von Jens Baas zeigen die Ergebnisse, dass insbesondere jüngere Menschen im Alter von 18 bis 39 Jahren von Einsamkeit betroffen sind. 68 Prozent dieser Altersgruppe geben an, sich häufig, manchmal oder selten einsam zu fühlen. Nur 31 Prozent sagen, sie seien nie einsam. In den älteren Gruppen gleichen sich diese zwei Gruppen aus.
„Jüngere trifft es doppelt“, sagt Janine Anke, Befragungsexpertin bei der TK. Denn es komme hinzu, dass jüngere Menschen Einsamkeit anders einordneten. Unter denjenigen, die angeben, stark oder eher einsam zu sein, sagen 36 Prozent der 18 bis 39 Jahre alten Befragten, dass sie sich durch Einsamkeit belastet fühlen. Als Grund für die Einsamkeit junger Menschen identifiziere die Forschung vor allem die Corona-Pandemie, sagt Schobin. Es sei jedoch nicht vollends geklärt, ob die Pandemie als Erklärung ausreiche. Auch über die Einflüsse sozialer Medien, veränderter Erziehungsstrategien und die Veränderung der Funktionalität der Partnermärkte wird in der Forschung diskutiert.
Männer sprechen weniger über ihre Einsamkeit
In einer Reihe von Parametern stellt der Report keine Unterschiede des Einsamkeitsempfindens fest. Menschen auf dem Land fühlen sich ebenso einsam wie Menschen in der Stadt, Männer fühlen sich ebenso einsam wie Frauen. Doch im Geschlechtervergleich fällt dennoch ein entscheidender Unterschied auf: Männer reden demnach weniger über das Problem. Während nur 20 Prozent der Frauen angeben, nie über ihre Einsamkeit zu sprechen, geben dies 33 Prozent der Männer an.
Als Grund für das Schweigen über die eigene Einsamkeit wird vor allem genannt, mit der Einsamkeit niemanden belasten zu wollen. 58 Prozent geben das an. Auch das Schamgefühl ist mit 29 Prozent ein Grund, nicht über Einsamkeit zu sprechen. Dabei ist genau das laut Experten ein wirksames Mittel. Verschiedene Angebote dazu präsentiert das Kompetenznetzwerk Einsamkeit auf seiner Angebotslandkarte im Internet. Der Vorteil spezifischer Angebote könne sein, dass Teilnehmer alle das Ziel hätten, Kontakte zu knüpfen, sagt Vivien Eller, Initiatorin der Frauenspaziergänge „FFM Girls Walk“ in Frankfurt.
Im Mai 2024 hatte das beauftragte Meinungsforschungsinstitut Forsa für den Bericht telefonisch 1403 Personen von 18 Jahren an befragt. Gewichtet sind die Daten nach Region, Geschlecht, Alter und Bildung. Die Umfrage repräsentiert den volljährigen Querschnitt der Bevölkerung in Deutschland.