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Skispringer Pius Paschke in der Rolle des Gejagten | ABC-Z

Es war eine famose Show, die Team Österreich am Samstag- und Sonntagabend inmitten einer weißen Winterlandschaft auf der Sprungschanze von Engelberg in der Zentralschweiz bot. Zunächst gewann Jan Hörl vor Daniel Tschofenig, ehe sich wiederum Tschofenig im zweiten Wettkampf vor Hörl und Stefan Kraft durchsetzte – Team Austria also dominierte kurz vor Weihnachten und eine Woche vor dem Beginn der Vierschanzentournee in Oberstdorf. Und Pius Paschke, der bisherige Schanzensouverän dieses Winters?

Hatte am Samstag jeweils einem Fehler in jedem Durchgang in seinen Sprüngen und belegte am Ende Rang zehn. Am Sonntag waren wieder einige Patzer in seinen Flügen zu sehen, seinen zweiten Sprung etwa hatte er viel zu scharf angesetzt. Im Ergebnis provozierte das alles frühe Landungen und zudem einen unerwarteten Dämpfer für die Tourneehoffnungen des Bayern aus Kiefernfelden: Platz 18 am Sonntag. Nach fünf Siegen, einem zweiten Platz, einem dritten und einem siebten Rang waren Paschkes Ergebnisse von Engelberg seine bisher bescheidensten in dieser Saison.

Über das Ziel hinaus geschossen

Am Samstag war Paschke noch zufrieden mit Rang zehn – er fand das Resultat angesichts der nicht idealen Sprünge „völlig in Ordnung“. Am Sonntag wiederum gab er zu großen Wagemut als Grund für seinen Leistungs-Rückschritt an: „Wenn du ganz vorne mitmischen willst, musst du Risiken eingehen. Am Sonntag war es mit dem Schneefall schwierig. Da kann es sein, dass man über das Ziel hinausschießt.“ Allerdings lächelte Paschke dabei und wirkte nicht vergrämt, sondern eher sogar erleichtert.

Das idyllische Engelberg am Titlis im Kanton Oberwalden ist ein ganz besonderer Ort für die Skispringer. In den Urner Alpen steigt traditionell die Generalprobe vor der Vierschanzentournee, zu der Paschke nach seinen Vorleistungen nun zwar im Gelben Trikot des Führenden der Weltcup-Gesamtwertung, aber als Favorit mit Makel anreist.

Der österreichische Trainer Andreas Widhölzl allerdings sieht Paschke, gewiss aus Eigennutz, weiterhin als Sieganwärter für die Tournee, trotz der Erfolge seiner Athleten am Wochenende, die in diesem Winter bisher ebenfalls sehr überzeugten: „Der Gejagte ist der Pius. Wir fühlen uns als Jäger sehr wohl.“ Schelmisch fügt er an: „Ich lege dem Pius jetzt den ganzen Druck auf, auf dass sein Rucksack vor der Tournee ganz schwer wird.“

Paschke nimmt die Favoritenrolle an

Doch Paschke hat kein Problem damit, sich diesen Rucksack anzuziehen, er empfindet ihn zudem gar nicht als schwer, zumal er nach seiner Performance von Engelberg spürbar leichter geworden ist: „Ich war zwar noch nicht in dieser Situation, aber ich finde es cool. Denn es ist ja schon das Ziel eines Skispringers, sich in die Position zu begeben, in der ich gerade bin. Und ich will zu den besten Springern der Welt gehören. Deshalb nehme ich die Favoritenrolle auch an.“ Allerdings könne er derzeit noch nicht absehen, „was auf mich bei dieser Tournee zukommen wird.“

Zukommen werden auf Paschke große Erwartungen der deutschen Skisprungfans. Sie sehen in ihm den Nachfolger von Sven Hannawald, der 2002 als letzter Deutscher die Tournee gewann. Die Stadien in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen, Station eins und zwei der Reise über die vier Schanzen, sind längst schon ausverkauft, nicht zuletzt wegen Paschke. Die Herangehensweise an die Tournee „bleibt für mich allerdings genauso wie in den Wochen zuvor. Es geht darum, von Tag zu Tag jede Herausforderung zu meistern. Darauf konnte ich mich bisher gut fokussieren.“

Druck nehmen könnten Paschke nun seine Teamkollegen Andreas Wellinger und Karl Geiger, die in Engelberg deutlich stärker waren als Paschke. Am Samstag belegten Wellinger und Geiger die Plätze vier und fünf. Am Sonntag war Geiger als Neunter bester Deutscher, Wellinger beendete das Wochenende als 15. „Am Sonntag war es wirklich nicht so gut“, sagte Bundestrainer Stefan Horngacher, der gleichzeitig darauf verwies, dass Paschke in der Woche vor Engelberg leicht erkältet gewesen sei. Körperlich sei er nicht zu 100 Prozent fit gewesen – „da passt dann der Absprung schon mal nicht so gut, dann geht es ganz schnell und du fällst weit zurück“.

„Alles zwischen Metallica und Lynyrd Skynyrd“

Paschke geht davon aus, dass er sich bei der Tournee wieder in den Flow begeben kann, der ihn bis Engelberg begleitet hatte: „Ich habe es mit täglich harter Arbeit in diese Situation geschafft, das werde ich beibehalten.“ Und für den ersten Saisonhöhepunkt „habe ich mir schon einen Plan zurechtgelegt“.

Für Ablenkung innerhalb des Teams ist Paschke in seiner Rolle als Gitarrist auch noch zuständig. „Der Pius spielt nicht nur gut Gitarre, er singt auch super“, sagt Wellinger. Zuletzt hat er teamintern mit dem Song „Simple Man“ von Lynyrd Skynyrd performt. Sehr zur Freude von Horngacher im Übrigen, auch er ist ein versierter Gitarrenspieler – „alles zwischen Metallica und Lynyrd Skynyrd“. Gut möglich, dass es bei der Tournee mal zu einem Duett der beiden kommt. „Ist schon lange her“, sagt Horngacher, „wäre aber mal wieder fällig“. Mit Metal und Rock gegen den Frust von Engelberg – vielleicht ist das ja nach der Anreise zur Tournee eine passende Variante für die Vorbereitung auf das erste Springen in Oberstdorf.

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