Ski-Weltcup: Linus Straßer wechselt Skimarke vor Olympia | ABC-Z

Gut gelaunt stapfte Linus Straßer nach der Präsentation seines neuen Ski-Ausrüsters durch den strömenden Regen in Sölden. Einen Begleitschutz mit Regenschirm lehnte er dankend ab. „Im Herbst seiner Karriere“, wie er es selbst bezeichnet, hat der Münchner noch einmal einen neuen Weg eingeschlagen. Und geht dem Saisonstart am Sonntag (10 und 13 Uhr bei Eurosport) mit dem Riesenslalom auf dem Rettenbachgletscher hoch oben im Ötztal, wo die Schneebedingungen vielversprechend sind, mit erwartungsvoller Freude an.
„Immer nur das Vertraute ist doch langweilig“, sagte der 32 Jahre alte Sportler zu dem Hintergrund des Ski-Wechsels auf seine „alten Tage“. Manchmal brauche man eben eine neue Herausforderung im Berufsleben. Und nach neun Jahren bei seinem früheren Ausrüster, dem er sich zu Dank verpflichtet fühlte, sei der Zeitpunkt für ihn gekommen – ausgerechnet nach seinem größten Erfolg, dem Gewinn von WM-Bronze im Slalom 2025 in Saalbach-Hinterglemm. Er wechselte zum Marktführer im Ski-Weltcup. „Es ist ein Risiko“, bekannte Straßer, „aber ich bin absolut bereit, es einzugehen“.
Dabei sei Geduld gefragt. Die Feinabstimmung des Materials, zu dem neben den Skiern vor allem Schuhe und Bindung gehören, erfordert viel Tüftelarbeit. „Das habe ich ein bisschen unterschätzt vom Zeitaufwand her“. Jede einzelne Fahrt gleiche einer Expedition in neues Gefilde. Stets sei die Schneebeschaffenheit ein bisschen anders, das Wetter wechselhaft, somit die Pistenverhältnisse variabel.
Erhoffter Wettbewerbsvorteil
Gleichwohl habe der Wechsel „schon einen Zweck erfüllt.“ Er sei „so motiviert wie selten durch den Sommer gekommen.“ Seit einem Jahrzehnt gehört der „Löwe“, der für den TSV 1860 München startet, zur festen Besetzung der erweiterten Weltcup-Elite. Sein Repertoire beschränkt sich dabei auf die technischen Disziplinen, inklusive Parallelrennen und City-Event. Bei bislang 142 Weltcup-Starts erreichte er 18 Podestplätze, darunter fünf Siege. Keine schlechte Bilanz, aber dennoch ausbaufähig.
Seine bisherigen Bretter bezeichnete Straßer als „Allzweckwaffe“, die man überall fahren konnte. Der neue Ski dagegen sei konstanter, „Schwung für Schwung“. Und verspreche Schub auch im halbsteilen Gelände. Davon erhofft er sich für das ein oder andere Rennen in der bevorstehenden Saison einen Vorteil: „Wichtig war mir, zu einer Marke zu wechseln, mit der ich Rennen gewinnen kann.“ Dennoch könne „natürlich mal eines dabei sein, in dem man Lehrgeld zahlen muss.“ Straßers Fokus liegt dabei wie stets auf dem Slalom, seiner Paradedisziplin, in der er im Winter 2023/24 Platz zwei in der Gesamtwertung belegte. Doch auch den Riesenslalom wolle er nicht vernachlässigen.
Die Besonderheit der bevorstehenden Saison liegt darin, dass im Februar als Höhepunkt die Olympischen Spiele in Cortina d’ Ampezzo anstehen. Eine Olympia-Medaille fehlt Straßer noch, sieht man von Silber im Teamwettbewerb 2022 ab. Doch eine vorausschauende Chancenabschätzung wollte er nicht eingehen: „Ob‘s was mit der Medaille wird, ist eh fraglich“, sagte der Münchner und übte sich in beinahe beckenbauerscher Relativitätstheorie: „Wenn‘s hinhaut, haut‘s hin, wenn nicht, dann nicht.“
Den Vertrag mit dem neuen Ausrüster hat er „im Herbst seiner Karriere“ zunächst für zwei Jahre unterzeichnet. Im November wird er 33 Jahre alt. Es sei ja bekannt, „wie schnell, zwei, drei, vier Jahre vorbei sind“. Obgleich er sich kein Limit gesetzt habe. „Ich genieße auch meine sportliche Karriere sehr“, betonte er. Doch das Familienleben eben noch mehr. Seine jüngste Tochter kam im Sommer zur Welt, seine ältere wird im Dezember drei. Wenn sie frage: „Wo fährst du hin?“, und er dann antworte, „zum Skifahren“. Dann schaue sie zu Hause auf dem Fenster und sage: „Es liegt doch gar kein Schnee“. Dann falle es ihm zunehmend schwer, weiter den ewigen Winter zu simulieren, der sein Berufsleben darstelle.





















