Ski-Weltcup in Gröden: Deutsche Frauen fahren mit | ABC-Z

Wer früh dran und schnell ist auf der Saslong, muss oft lange warten. Und ein bisschen zittern. Denn Skirennläufer mit höheren Startnummern haben in Gröden anders als bei den meisten anderen alpinen Weltcup-Rennen oft einen kleinen Vorteil, weil die Sicht immer besser wird. Vor allem im Streckenabschnitt Ciaslat. Wer den nicht gut erwischt, zu weit unten oder zu weit oben hineinfährt, ist im Kampf um die vorderen Plätze chancenlos. Und da in der Sonne und nicht im Schatten zu fahren, ist sicher kein Nachteil.
Am Freitag beim Super-G entriss der bis dahin nicht zum Kreis der Elite gehörende Tscheche Jan Zabystran, Trainingskollege der deutschen Abfahrer, sehr überraschend Marco Odermatt noch den Sieg. Er fuhr im Gegensatz zum fast eine Stunde vor ihm gestarteten Schweizer die meiste Zeit in der Sonne. Soweit nach vorne hat es Simon Jocher vom SC Garmisch einen Tag später bei der zweiten Abfahrt zwar nicht geschafft, aber der 14. Platz beim Sieg von Franjo van Allmen aus der Schweiz bedeutet für den 29-Jährigen die halbe Olympia-Norm. „Es ist super, dass man sich mal wieder zeigen konnte“, sagte er.
Ein erster kleiner Lichtblick für die in den vergangenen Jahren arg gebeutelte deutsche Abfahrts-Mannschaft, die einst mit zu den Besten im Weltcup gehörte. Aber nach den Rücktritten der Siegfahrer Thomas Dreßen und Josef Ferstl entstand eine Lücke, die bis jetzt nicht einmal annähernd geschlossenen konnte. Zumal seit mehr als einem Jahr auch noch Andreas Sander fehlt. Der WM-Zweite von 2021 leidet an einer Stoffwechselerkrankung; es ist eher unwahrscheinlich, dass er noch einmal zurückkehrt.
Der Rest plagte sich mit kleineren und größeren Wehwehchen herum – außer Romed Baumann. Der bald 40-Jährige hat in den vergangenen Jahren noch für die besten deutschen Resultate gesorgt, aber sie waren eben nicht mehr so gut wie nach seinem Wechsel vom Österreichischen Skiverband 2019. „Ich glaube, dass er immer noch einmal einen raushauen kann“, sagt Cheftrainer Christian Schwaiger. Auf bestimmten Abfahrten, meint er. Gröden gehört dazu. Im vergangenen Jahr wurde Baumann Siebter auf der Saslong, aber dieses Mal schaffte er es in keinem der drei Rennen unter die besten 15. Am Samstag landete er gar nur auf dem 40. Platz und war damit so schlecht wie seit sieben Jahre nicht mehr in Gröden.
Die Gegenwart
Aber er ist ja nicht mehr die Zukunft des deutschen Skirennsports, höchstens noch die Gegenwart. Die Zukunft, das ist Jocher, vor allem Luis Vogt und vielleicht die Junioren-Weltmeister Benno Brandis sowie Felix Rösle, der sich nach den Plätzen 50 und 47 ein Lob von Schwaiger abholte. „Der hatte die Strecke im Griff. Und das habe ich noch nicht oft erlebt bei der ersten Weltcup-Abfahrt, auch von einem Thomas Dreßen nicht.“
Wenn man jeden Tag wieder eine auf den Deckel bekommt und nicht mehr rauskommt aus dem Strudel, ist das sehr deprimierend.
Schwaiger sieht in dieser Saison trotz der noch ausbleibenden Top-Ten-Platzierungen Fortschritte. „Man hat im Frühling einiges gemacht auf der technischen Seite“ – und die würden sich, da ist der deutsche Cheftrainer sich, auszahlen. Aber Jocher fehlt nach Jahren, in denen er immer wieder pausieren musste, ebenso wie Vogt, der nach einer im Sommertrainingslager in Südamerika erlittenen Schulterverletzung gerade erst wieder zurückgekehrt ist in den Weltcup, noch ein bisschen Rennpraxis.
Im Weltcup sind die deutschen Männer stark vertreten, zehn bis zwölf Starter gibt es insgesamt und damit doppelt so viele als bei den Frauen. Aber die tragen im Moment die komplette alpine Sparte des Deutschen Skiverbandes. Kira Weidle-Winkelmann hat am Samstag als Zweite hinter der Österreicherin Cornelia Hütter und vor Lindsey Vonn, die alte neue Größe im Abfahrtssport, für den insgesamt fünften Podestplatz der deutschen Frauen gesorgt. Für die 29-Jährige vom SC Starnberg war es das beste Ergebnis seit fast drei Jahren. Sie habe eine Durststrecke hinter sich, sagte sie. Und deshalb zuletzt bisschen den Spaß verloren am Skifahren. „Wenn man jeden Tag wieder eine auf den Deckel bekommt und nicht mehr rauskommt aus dem Strudel, ist das sehr deprimierend.“
Im Sog von Emma Aicher, die in der Abfahrtsmannschaft die Führungsrolle übernommen hat, entwickelte sie eine neue Motivation, verabschiedete sich von ihren, wie sie zugibt, oft zu hohen Erwartungen und fand so „eine ganz neue Herangehensweise“ an die Rennen. Auch wenn es am Sonntag im Super-G mit dem 21. Platz nicht so gut geklappt hat, sieht sie sich in ihrem Richtungswechsel bestätigt. „Da ist zwar ein Dämpfer“, sagt Weidle-Winkelmann, aber grundsätzlich sei das Gefühl wieder ein ganz gutes. Nicht ganz unwichtig in einer Olympia-Saison.





















