„Sicherheit nicht gegen Hamburger eintauschen“ | ABC-Z
Mit einem „Fußtritt in den Hintern“ der europäischen Regierungschefs hat der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu die Antrittsrede Donald Trumps verglichen. Der Gaullist hält den Fußtritt für notwendig, wie er am Dienstagmorgen im Radiosender France Inter erläuterte. „Vielleicht wird die Brutalität der Äußerungen des amerikanischen Präsidenten endlich einen Schock und einen Bewusstseinswandel (in Europa) auslösen“, sagte der 38 Jahre alte Armeeminister.
Viel zu lange hätten sich die Europäer unter dem nuklearen Schutzschirm der Amerikaner versteckt und zu wenig in die eigene Verteidigung investiert. Lecornu wies das Ansinnen seines Parteifreundes Stéphane Séjourné zurück, der als EU-Kommissar für einen Deal mit Trump geworben hat, um einen Handelskrieg zu vermeiden. „Wir werden nicht unsere militärische Sicherheit gegen Hamburger eintauschen.“
Frankreich überarbeitet Verteidigungsstrategie
Präsident Emmanuel Macron äußerte sich in seinen traditionellen Neujahrswünschen an die Armee am Montagabend in Cesson-Sévigné in der Bretagne diplomatischer. Die Bedrohungen häuften sich, der internationale Rahmen, der Europa lange geschützt habe, sei zerstört, die Gewalt enthemmt. „Wir sind in eine Zeit der Unvernunft eingetreten“, sagte er. Frankreich sei dazu gezwungen, seine Verteidigungsstrategie zu überarbeiten. Macron kündigte an, diese „Revue nationale stratégique“ solle bis Ende Mai überprüft und der neuen Gefahrenlage angepasst werden.
„Machen wir uns nichts vor“, sagte er, „der Konflikt in der Ukraine wird nicht morgen oder übermorgen enden.“ Russland werde langfristig die Sicherheit in Europa herausfordern. Der Rückzug der Vereinigten Staaten aus Europa könnte sich unter Trump „drastisch beschleunigen“, warnte Macron. „Unser amerikanischer Verbündeter sagt, dass wir mehr für die Verteidigung innerhalb der NATO ausgeben müssen, und er hat recht“, sagte Macron.
Die Größenordnung der Verteidigungsausgaben müsse sich ändern, betonte Macron vor seiner Unterredung mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an diesem Mittwoch im Élysée-Palast. „Europa kann nicht darauf hoffen, seinen Frieden und seine Sicherheit zu sichern, indem es weiterhin weniger ausgibt als andere Kontinente oder politische Räume.“ Erhöhte europäische Rüstungsausgaben dürften aber nicht dazu führen, die Abhängigkeit von Amerika zu erhöhen. Die europäischen Rüstungsunternehmen müssten ihre Kräfte bündeln. Macron sprach sich für eine europäische Präferenzklausel bei Beschaffungsprogrammen aus. Europa könne nur „Herr über sein Schicksal“ sein, wenn es sich nicht damit begnüge, Kunde anderer Mächte zu bleiben.
Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht lehnt Macron ab, aber er will verstärkt Freiwillige in der Armee ausbilden, die als Reservisten im Konfliktfall schnell mobilisiert werden können. Von seinem Projekt eines Pflichtdienstes an der Nation, des „Service National Universel“, für alle 15 bis 17 Jahre alten Franzosen nahm er wieder Abstand. Der Rechnungshof kritisierte den Pflichtdienst als zu teuer, Lehrer und Armeemitglieder bewerteten die Testphase als unbefriedigend.