Selenskij in Washington: Trump liefert der Ukraine offenbar keine Tomahawks – Politik | ABC-Z

Ob es ihm etwas ausmachen würde, wenn er seinen Gegnern ein paar Tausend davon schicken würde, habe er Putin gefragt, erzählte Trump. „Die Idee gefiel ihm nicht.“ Er sagte demnach auch dies: „Wir brauchen auch Tomahawks für die Vereinigten Staaten von Amerika. Eine ganze Menge davon. Ich weiß also nicht, was wir da tun können.“ Das klang schon nicht mehr so, als verspreche er Selenskij diese Raketen, die von der überfallenen Ukraine aus Ziele weit auf Russlands Staatsgebiet treffen könnten, zum Beispiel Moskau.
Selenskij durfte nebenan im Blair-House übernachten, der Unterkunft für wichtige Gäste
Außerdem kündigte Trump ein erneutes Treffen mit Putin an, um zu sehen, ob man diesen „unrühmlichen“ Krieg, so nannte er das, beenden könne. Da ließ sich bereits ohne viel Fantasie vermuten, dass er von den Ukrainern nicht vorher machtvolle US-Raketen nach Russland schießen lassen will. Stattfinden soll die Begegnung diesmal in Budapest, trotz eines internationalen Haftbefehls gegen den Kreml-Herrscher.
Dies sei „der einzige Ort in Europa“ für so einen Gipfel, meint Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, der dann Gastgeber wäre und von Trump und Putin sicher mehr geschätzt wird als von Selenskij. Vertreter der Ukraine und der Europäischen Union haben Sorge, dass diese Zusammenkunft ähnlich ausgehen würde wie jene in Alaska Mitte August. Damals ließ Trump seinem Gast Putin den roten Teppich ausrollen, von schärferen Sanktionen war nachher keine Rede mehr.
Wenige Tage danach kamen europäische Staatenlenker nach Washington, die russischen Angriffe auf die Ukraine gehen trotzdem ungebremst weiter. Zwar berichtete die Financial Times kürzlich, dass US-Geheimdienste der ukrainischen Armee seit einiger Zeit verstärkt dabei helfen, die russische Energieversorgung ins Visier zu nehmen, darunter Pipelines. Im Wall Street Journal jedoch fragte gerade Rahm Emanuel, der ehemalige Stabschef von Barack Obama, wieso Trump die Schwäche Putins nicht ähnlich für Friedensverhandlungen nutze wie kürzlich im Nahen Osten die Schwäche von Israels Premier Benjamin Netanjahu.
Dann, um kurz vor 13.30 Uhr Ortszeit, traf Selenskij ein. Leicht verspätet, Trump unterhielt sich zuvor mit dem Sänger Andrea Bocelli. Dafür hatte Selenskij die Nacht gleich nebenan im Blair House verbringen dürfen, der Unterkunft für wichtige Gäste. Das war schon mal ein ganz anderer Empfang als Ende Februar, damals machten ihn Trump und sein Vize J.D. Vance vor Mikros und Kameras im Oval Office nieder und warfen ihn vor dem Lunch hinaus. Vor zwei Monaten gingen sie aber bereits deutlich freundlicher mit ihm um, unterdessen hat sich ja auch Selenskijs Kleidungsstil für diese Anlässe geändert.
Er habe mit Putin am Telefon „große Fortschritte“ gemacht, sagt Trump
Selenskij trug nun wieder eine schwarze Kombination statt der olivgrünen Militärkluft, über die sich vor dem Rausschmiss im Winter ein rechter Reporter live lustig gemacht hatte. „Er sieht in seiner Jacke wunderschön aus“, sagte Trump, als sie dann gemeinsam am Mittagstisch saßen. „Sie ist wirklich sehr stilvoll. Sie gefällt mir.“ Neben den Staatschefs nahmen beide Delegationen Platz, bei Trump unter anderem sein Stellvertreter Vance, Außenminister Marco Rubio und Verteidigungsminister Pete Hegseth.
Ein paar Journalisten durften auch in den Cabinet Room, so drang dann gleich mehr nach außen als zunächst angekündigt. Trump lobte sich für den Frieden in Gaza und die Freilassung der israelischen Geiseln, er wolle zwischen Russland und der Ukraine ebenfalls Frieden. Es gebe da „viel böses Blut“, sagte er, als ob beide Seiten gleichermaßen für Tod und Zerstörung verantwortlich wären, der Aggressor Russland und die überfallene Ukraine. Aber er habe mit Putin am Telefon „große Fortschritte“ gemacht.
Selenskij lobte Trump auch für Nahost, und er sei „zuversichtlich, dass wir mit Ihrer Hilfe diesen Krieg beenden können. Dies ist ein wichtiger Moment“. Man müsse „sitzen und sprechen“, sagte er, während diese improvisierte Pressekonferenz weiterging. „Wir brauchen einen Waffenstillstand“ und „wirklich starke Sicherheitsgarantien“. Und, klar: „Waffen.“ Tomahawks, um genauer zu sein. Man werde darüber sprechen, erwiderte Trump auf eine Frage dazu: „Deshalb sind wir hier.“ Doch es hörte sich jetzt nicht mehr so an, als wolle der US-Präsident dem ukrainischen Präsidenten eine Ration davon mit auf den Heimweg geben.
Was, wenn die USA selbst in einen Konflikt gerieten und die Tomahawks bräuchten, erkundigte sich ein Berichterstatter. „Das ist ein Problem“, antwortete Trump. „Wir brauchen Tomahawks. Und wir brauchen viele andere Dinge, die wir in den letzten vier Jahren in die Ukraine geschickt haben.“ Das sei genau einer der Gründe, warum man diesen Krieg beenden wolle. „Hoffentlich können wir den Krieg beenden, ohne an Tomahawks zu denken. Ich glaube, wir sind ziemlich nah dran.“
Selenskij bietet Trump ukrainische Drohnen an
Trump wies immer wieder darauf hin, dass inzwischen die Europäer für amerikanische Waffenlieferungen an die Ukraine zahlen würden. Auch sagte Selenskij, dass man außer Raketen „Tausende Drohnen“ benötige, um ein militärisches Ziel zu erreichen. „Die Ukraine verfügt über Tausende Drohnen aus unserer Produktion, aber wir haben keine Tomahawks. Deshalb brauchen wir Tomahawks.“ Die USA dagegen hätten diese Raketen, „aber sie können unsere Tausenden Drohnen nutzen.“ Man könne da „zusammenarbeiten und unsere Kräfte stärken“.
Der Gedanke gefiel Trump, ein bisschen. Man baue eigene Drohnen und kaufe Drohnen von anderen, die Ukraine stelle „sehr gute Drohnen her“, sagte er. Die Drohnenkriegsführung sei wegen dieses Krieges „wirklich in den Vordergrund gerückt“, da hat er recht. Nur: „Ich würde sagen, dass es nichts Vergleichbares zu Jets gibt“, so sieht er das. Trump meint US-Kampfflugzeuge wie die Tarnkappenbomber B-52, mit denen iranische Atomanlagen attackiert wurden.
In Iran habe man allerdings auch Tomahawks hinterhergeschickt, diese Waffen seien „sehr mächtig“ und „sehr gefährlich“, und „sie könnten eine große Eskalation bedeuten. Das könnte bedeuten, dass viele schlimme Dinge passieren können.“ Tomahawks, so ging dieser Exkurs weiter, seien „eine große Sache“. Außerdem, wie gesagt: „Wir wollen keine Dinge verschenken, die wir zum Schutz unseres Landes brauchen.“
Könnte es nicht genau diese Drohung mit den Tomahawks sein, die Putin an den Verhandlungstisch bringe? „Ich glaube, er will einen Deal machen“, sagte Trump. „Sicher, die Drohung ist gut, aber die Drohung ist immer da.“ Trump verbreitet derzeit den Eindruck, dass er jeden zum Einlenken bewegen kann. Wobei er seine Friedensbilanz leicht übertreibt und bei Putin bisher nicht nennenswert vorankam, soweit man weiß. „Ich denke, er hätte den Krieg in einer Woche gewinnen können“, sagte er. Das hörte Selenskij ungern, ebenso das für Heiterkeit in der Runde sorgende Gerücht, dass ein Tunnel von Russland nach Alaska geplant sei.
Kaufe Putin wieder Zeit? „Die Besten haben mein ganzes Leben lang gegen mich gespielt“, sagte Trump gewohnt bescheiden, „und ich habe mich wirklich gut geschlagen.“ Dann musste die Öffentlichkeit aus dem Raum verschwinden, das Mittagessen wurde serviert, und Trump, Selenskij und ihre Begleiter sprachen. Sicher auch über diese kraftvollen und gefährlichen Tomahawks, die der ukrainische Präsident will, die Russlands Präsident fürchtet und die der US-Präsident so ungern hergibt.





















