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Seit Monaten unter Tage: Rettung von Bergleuten in Südafrika hat begonnen | ABC-Z

Stand: 13.01.2025 21:57 Uhr

In Südafrika hat die Rettung der seit Monaten unter Tage eingeschlossenen illegaler Minenarbeiter begonnen. Für viele kommt sie zu spät. Eine Hilfsorganisation macht die Polizei für den Tod Hunderter Bergleute verantwortlich.

Es sind verstörende Bilder. Aufgestapelte Leichen, eingepackt in Folien. Die Körper von Bergleuten, die unter Tage gestorben sind. Verhungert, verdurstet, in überfluteten Stollen ertrunken, von Gesteinsbrocken erschlagen. Auf dem Boden hocken Männer in kurzen Hosen, abgemagert bis auf die Knochen, kaum noch am Leben, wie eine verzweifelte Stimme aus dem Hintergrund erzählt. “Seht Euch das an. Hier sterben Menschen. Helft uns! Bitte, bitte helft uns! Bringt uns Essen, holt uns hier raus!”

Das Video stammt laut der Hilfsorganisation MACUA, die sich für die Rechte von Bergbau-Gemeinden und Minenarbeitern stark macht, vom vergangenen Wochenende. Aufgenommen in den Stollen einer verlassenen Mine in Stilfontein, 180 Kilometer südwestlich von Johannesburg, wo illegale Goldgräber seit Monaten festsitzen – und um das nackte Überleben kämpfen.

MACUA-Geschäftsführer Christopher Rutledge: “Die Autopsien der Toten, die wir nach oben gebracht haben, zeigen ganz klar, dass die Männer an Hunger gestorben sind. Sie wurden nicht von Gang-Bossen unter Tage ermordet.” Die Polizei habe dafür gesorgt, dass Hunderte Menschen ums Leben gekommen sind. “Es ist ein Massaker. Das schlimmste Massaker in der Geschichte Südafrikas.”

Ministerin wollte illegale Bergleute “ausräuchern”

Etwa 1.500 Zama Zamas, was übersetzt so viel bedeutet wie “die ihr Glück versuchen”, haben im vergangenem Jahr die stillgelegten Schächte verlassen. Andere wollten lieber unten bleiben, aus Angst, abgeschoben zu werden oder ins Gefängnis zu müssen. 

Seit dem Sommer gehen die südafrikanischen Behörden hart gegen den illegalen Bergbau vor. Polizisten haben die Ein- und Ausgänge vieler Minen dichtgemacht und die Goldgräber von der Lebensmittelversorgung abgeschnitten, um sie zu zwingen, ans Tageslicht zu kommen. “Wir helfen diesen Verbrechern nicht, wir räuchern sie aus” – so hatte es die Präsidialamtsministerin des Landes formuliert und damit für Empörung gesorgt.

“Dieser Person sollten jetzt die Leichen übergeben werden, damit sie feiern kann. Denn sie hat erreicht, was sie wollte. Es bricht einem das Herz”, sagt Mzukisi Jam, Sprecher des südafrikanischen Bürgerrechtsverbandes SANCO.

Aufzüge und Treppen der Minen wurden abgebaut

Von mehr als Hundert Toten in den Stollen ist inzwischen die Rede, auch von Kannibalismus, weil einige der Bergleute, die noch am Leben sind, in ihrer Verzweiflung angeblich Leichenteile essen, um nicht zu verhungern. Menschenrechtsanwalt Mametlwe Sebei wirft der Polizei und den Betreibern der Mine in Stilfontein vor, die Aufzüge und Treppen in den Schächten abgebaut und damit die Rückkehr der Goldgräber an die Oberfläche gezielt sabotiert zu haben. “13 Tage lang hatten die Kumpel kein Wasser, kein Essen, keine Medikamente”, sagt Sebei. “Und sie konnten die Stollen auch nicht aus eigener Kraft verlassen. Das Ergebnis war eine Todesfalle.”

Am Freitag hatte das oberste Gericht des Bundesstaats Gauteng die Behörden dazu verpflichtet, sofort mit der Rettung der Zama Zamas zu beginnen und ein Spezialunternehmen damit zu beauftragen. Außerdem müssen die Eingeschlossenen mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt werden. Die Arbeiten haben inzwischen begonnen, abgesichert von einem großen Polizeiaufgebot.

Niemand weiß, wie viele noch unter Tage sind

An langen Stahlkabeln wird ein Aufzugkäfig in den Hunderte Meter tiefen Schacht hinabgelassen, etwa sechs Personen können damit pro Stunde nach oben gebracht werden. Nach zehn Tagen soll die Rettungsaktion laut Regierungsangaben abgeschlossen sein. Allerdings weiß niemand so genau, wie viele Bergleute noch unter Tage sind. Mindestens 300 sollen es sein, vielleicht aber auch mehr als Tausend. 

Die Hilfsorganisationen glauben deshalb, dass es viel länger dauern wird, bis alle Überlebenden ans Tageslicht zurückgeholt sind. Sinzi Tom ist die Schwester eines der Goldgräber. Sie hat Angst vor dem, was jetzt kommt. Weil sie nicht weiß, was passiert. Und ob ihr Bruder noch lebt.

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