Segelclub Pilsensee: „Bootje kijken, Biertje drinken“ – Starnberg | ABC-Z
„Eine verrückte Geschichte“ nennt es Christoph von Essen. Immer noch kann der Jugendwart des Segelclubs Pilsensee (SCP) sein Glück kaum fassen. Eigentlich beteiligt sich der Sportler nie bei einem Preisausschreiben. Diesmal machte er eine Ausnahme: Es gab nämlich ein kleines Segelboot zu gewinnen, das den Fuhrpark seiner Jugendabteilung perfekt ergänzen würde. Und tatsächlich: Unter 1000 Einsendungen wurde ausgerechnet seine gezogen.
Als Essen die Nachricht per E-Mail erreichte, dachte er zunächst an einen verspäteten April-Scherz. „Auch mein Umfeld glaubte nicht, dass das Ganze ernst ist und hat mich vor Phishing und anderen Betrugsmaschen gewarnt“. Als ihm dann aber „congratulation“ am Telefon vorgesungen wurde, ihn Marin und Gerke von „World Wide Sailing“ zur Übergabe nach Holland einluden und versicherten, dass er tatsächlich eine „Topper Topaz“ im Wert von 5000 Euro gewonnen hat, wurde aus der Skepsis Freude. Als auch noch ein Video vom Boot kam, „ließ das meine letzten Zweifel verschwinden“.
In den Pfingstferien fuhr Essen nun mit einigen Clubmitgliedern in die Niederlande. Ihre Gastgeber hatten aus der Preisübergabe ein richtiges Event gemacht und stellten es unter das Motto „Bootje kijken, Biertje drinken“ (Boote gucken, Bierchen trinken). Da traf es sich gut, dass die Bayern mit zwei Kästen voller unterschiedlicher Biersorten angereist waren. Feierlich und mit Feuerwerk wurde der Gewinn überreicht. Am Pilsensee wurde derweil gegrillt und die Übergabe via Livestream verfolgt. „Von Anfang an war klar, dass ich das Boot der Vereinsjugend spenden werde“, erklärte Essen. Dafür übernahm der Verein ein „Upgrade“, kaufte ein besseres Großsegel und ein Gennaker. Die Jolle ist dadurch zum „Racer“ geworden.
Die 60 Kilo schwere, fast vier Meter lange Jolle hievten zwei Männern locker auf das Autodach. „Wir brauchten nicht einmal einen Hänger“, erinnert sich Essen. Das erste Mal zu Wasser gelassen wurde das Boot aber erst am Pilsensee beim Jugendtraining. Zuvor half Jugendtrainer Lucien Frese beim „Klar-Schiff“-Machen. Da das Boot vergleichbar mit der „RS Feva Jolle“ des Vereins ist, war das Aufriggen gar nicht so schwer. „Das Ganze ist sogar ein wenig einfacher mit der Topper Topaz“, findet Essen. Das passt perfekt zum Konzept des Pilsenseeer Segelclubs. Frese: „Bei uns geht es mehr um Spaß und Freude als um Wettkampf.“
Hier wird der Breitensport gefördert, hinzu kommen praktische und theoretische Segelgrundlagen. Vor allem für Anfänger ist der Pilsensee ideal, deswegen schätzt Essen den stabilen Kunststoffbootskörper des neuen Boots. „Der geht nicht kaputt, das spart Wartungskosten“ wie sie etwa bei den glasfaserverstärkten Kunststoffbooten des Clubs üblich sind.
Für die Jungfernfahrt haben sich der 13-jährige Daniel und Teamkollege Hannes als Crew zusammen gefunden. Vorsichtig schieben sie das Boot ins Wasser. Allerdings fehlt die steife Brise, das Boot dümpelt vor sich hin. Der Pilsensee ist eben kein ausgesprochenes Segelrevier. „Hier herrschen meistens ein bis zwei Windstärken weniger als an den anderen Seen“, bedauert Essen. Dann wird eben das Kentern trainiert: Geschickt verlagern die Jugendlichen das Gewicht auf eine Seite, bis das Boot ins Wasser kippt. Schnell füllt sich das Segel mit Wasser und beginnt zu sinken. Mit ein paar Tricks schaffen es die beiden, das Segel seitlich hochzuziehen, das Wasser läuft ab. Daniel springt auf das Schwert, die Jolle richtet sich wieder auf. Er springt ins Boot – geschafft! Den ersten Härtetest hat die Topper Topaz mit Bravour bestanden. „Passt alles super“, schwärmen die beiden Segler.
Unweit trainieren die Segelanfänger des SCP in ihren Optimisten. Einmal im Monat findet das Jugendtraining auf verschiedenen Booten statt. Bei gutem Wind gibt es zusätzliches Training auf Zuruf, erklärt Essen. Wer dann nicht gerade beim Klavier, Reiten, Fußball oder in einer anderen Freizeitaktivität gebunden ist, kann spontan kommen. Ein Highlight für die etwa 20 aktiven Jugendlichen ist das dreitägige Segelcamp am Anfang der Sommerferien.
Da der Club keine Segelschule ist, gibt es keine offenen Kurse, sondern nur Training für die Vereinsjugend. „Unsere Trainer sind ebenfalls Mitglieder und ehrenamtlich tätig“, so Essen. Deswegen ist die Mithilfe der Eltern bei Training, Reparaturen oder Regatten gefordert. Der SCP ist der einzige Segelclub am Pilsensee. Er wurde 1970 offiziell gegründet.
Das Vereinsgrundstück mit dem Clubhaus hat das Rentamt des Grafen von Toerring zur Pacht überlassen, dort wird auch gefeiert. So wird es auf dem Sommerfest am 21. Juli eine feierliche Bootstaufe geben, bei der die Topper Topaz das selbst designte Namensschild mit dem Namen „Holly“ erhält.
Zuvor können junge Segler aus Segelclubs am Ammersee, Wörthsee und Pilsensee ohne Regattaerfahrung an der Opti- und Laserliga „Opti-ILCA-Liga“ teilnehmen, einer Regattaserie, die von vier Segelclubs ausgerichtet wird. Es sind bereits etwa 55 Optimisten und zehn Laser angemeldet. Am Sonntag, 16. Juni, beginnt die erste Wettfahrt beim Herrschinger Segelclub am Ammersee.
Am 30. Juni wird beim SVW (Seglerverein Wörthsee) am Wörthsee gesegelt. Der SCP organisiert die dritte Wettfahrt am 7. Juli am Vereinsgelände des Pilsensees, der Abschluss findet beim Segelclub Inning am Ammersee am 21. Juli statt, jeweils von 10 bis 16 Uhr. „Bei den Optiliga-Regatten können Segelanfänger, die bereits kreuzen und halsen können, beim Wettkampf von den Trainern auf dem Wasser angeleitet werden“, heißt es auf der Homepage des SCP. Dies ist bei regulären Regatten nicht erlaubt.
Schon 1975 fand die erste „Optinale“, eine Regatta für Optimisten, am Pilsensee statt. Jahrelang war sie bayernweit eine der größten Regatten in dieser Klasse, teilweise waren mehr als 100 Boote angemeldet, weiß Essen, der die Jugendarbeit vor drei Jahren übernommen hat. Heute würden Jugendliche Wettbewerbe allerdings lieber auf dem PC austragen, bedauert Essen die geringere Teilnahme an solchen Regatten. Neue Mitglieder, vor allem Jugendliche bis 18 Jahre, sind beim SCP deshalb umso mehr willkommen.