Sechstes Todesopfer nach Anschlag in Magdeburg; Zahl der Verletzten auf 299 gestiegen – Politik | ABC-Z
Nach dem Anschlag in Magdeburg gibt es ein sechstes Todesopfer. Eine 52-jährige Frau sei im Krankenhaus ihren Verletzungen erlegen, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg der Deutschen Presse-Agentur. Unter den weiteren Todesopfern sind ein neunjähriger Junge sowie vier weitere Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren.
Die Zahl der Verletzten ist in der vergangenen Woche laut sachsen-anhaltinischem Innenministerium von 235 auf 299 gestiegen. Einige Menschen waren zuvor nicht erfasst worden, weil sie sich etwa erst später gemeldet hätten oder später zugeordnet wurden, teilte das Innenministerium mit.
Der Bundesopferbeauftragte Roland Weber, der die Betreuung der Anschlagsopfer übernommen hat, sprach sogar von 531 Opfern des Attentats. Dazu zählten nicht nur die unmittelbar Verletzten, sondern etwa auch Augenzeugen, die sich im Einwirkungsbereich des Täters aufgehalten haben oder Angehörige verloren haben, sagte ein Sprecher des Opferbeauftragten.
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
:„Am häufigsten waren multiple Knochenbrüche mit sehr hohem Blutverlust“
Robert Werdehausen war in der Nacht des Anschlags Medizinischer Einsatzleiter des Krisenstabs an der Universitätsmedizin Magdeburg. Er berichtet von dem Leid, das geschah – bei Patienten und Ärzten.
Kurz vor Weihnachten war ein 50-Jähriger mit einem Auto über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast. Bereits vor seiner Todesfahrt stand der aus Saudi-Arabien stammende Taleb al-A. im Visier von Sicherheitsbehörden. Immer wieder geriet er in Konflikte und bedrohte Menschen. Er sitzt in Untersuchungshaft.
Bei den Behörden fiel A. offenbar durchs Raster, weil er in kein gängiges Schema passte. In den sozialen Netzwerken präsentierte er sich als vehementer Kritiker des Islams und Saudi-Arabiens, doch auch der deutsche Staat gehörte zu seinen Feindbildern. Taleb al-A. erhob teils wirr formulierte Vorwürfe gegen deutsche Behörden und hielt ihnen vor, nicht genug gegen Islamismus zu unternehmen.
Saudi-Arabien hatte Deutschland saudischen Sicherheitskreisen zufolge vor dem Mann gewarnt. Taleb al-A. lebt seit 2006 in Deutschland, 2016 erhielt er Asyl als politisch Verfolgter. „Derzeit wird der Vorgang in Sachsen-Anhalt, aber auch bei den Bundessicherheitsbehörden komplett aufgearbeitet“, teilte das LKA mit. Der Tatverdächtige sitzt in Untersuchungshaft.
Bei den Ermittlungen rückt nun die Frage der Schuldfähigkeit des 50-Jährigen ins Zentrum der Ermittlungen. Laut der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg wird ein Gutachten in Auftrag gegeben, ob und wie er psychisch erkrankt ist.
Zudem geht es um das Einsatzkonzept der Polizei und das Sicherheitskonzept des Weihnachtsmarkts. Taleb al-A. war mit seinem Mietwagen zwischen einer Fußgängerampel und einer Betonblocksperre hindurchgefahren. Laut dem Innenministerium in Magdeburg betrug der Abstand zwischen der Ampel und der Sperre zu beiden Seiten der Ampel jeweils rund sechs Meter. Der Standplan des Veranstalters sah eine Durchfahrtbreite von insgesamt vier Metern vor. Weiterhin soll aufgearbeitet werden, wieso Flucht- und Rettungswege nicht mit Stahlketten gesichert waren. Auch warum ein Polizeifahrzeug ein paar Meter entfernt von einem vorgesehenen Standort stand, wird untersucht.