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Warum Familienplanung eine private Frage ist – Gesellschaft | ABC-Z

Dieser Text stammt aus dem Familien-Newsletter der Süddeutschen Zeitung, der jeden Freitagabend verschickt wird. Hier können Sie ihn abonnieren.

Liebe Leserin, lieber Leser,

wissen Sie, was mich gruselt? Wenn Politiker anfangen, sich in die Familienplanung einzumischen. Zum Beispiel Donald Trump, der sich als „Fertilitätspräsident“ bezeichnet und darüber nachdenkt, eine Prämie in Höhe von 5000 Dollar für jedes Neugeborene einzuführen, weil er sich einen „Baby-Boom“ wünscht.

Sein Kompagnon Elon Musk, der viele Kinder mit vielen Frauen hat und dem noch viel mehr Kinder mit viel mehr Frauen nachgesagt werden, stellt die niedrige Geburtenrate in den USA gerne als existenzielle Bedrohung für die Zivilisation dar. Kurz zur Einordnung: Durchschnittlich bringt eine amerikanische Frau 1,6 Kinder zur Welt, in Deutschland liegt die Ziffer bei 1,38. Lebensentwürfe, Frauenkörper und Familienplanung werden da mit einer Obszönität besprochen, als wäre die Welt eine Herrenumkleide und ready to banter.

Gleichzeitig propagieren Trump und sein Vize JD Vance ein derart konservatives Familienbild, dass man sich schon ausmalen kann, worauf dieser Babyboom NICHT hinauslaufen würde: die Gleichberechtigung der Frau. Wie das in ihrem Umfeld ankommt, hat die Autorin Michaela Haas gerade in ihrer SZ-Kolumne aufgeschrieben. Haas lebt in San Diego. In ihrem Text schreibt sie, dass die ursprünglich in Südkorea entstandene „4B-Bewegung“ in den USA seit der Wahl großen Zulauf habe. Deren Anhängerinnen sagen Nein zu Ehe, Kindern, Dating und Sex. Immer mehr Amerikanerinnen verweigern sich.

Inwiefern Politik überhaupt vermag, die Geburtenrate nach oben zu treiben, hat sich vor einigen Monaten meine Kollegin Barbara Vorsamer gefragt. Nach Gesprächen mit Expertinnen kommt sie zu dem Schluss, dass unter den vielen Rädchen, die ineinandergreifen müssen, damit ein Kind entsteht, politische Maßnahmen nicht die wichtigsten sind – und dass sich Familienpolitik besser andere Ziele setzt.

Welche Folgen es haben kann, wenn der Staat sich in privateste Angelegenheiten einmischt, lässt sich in China beobachten. Meine Kollegin Lea Sahay, die China-Korrespondentin der SZ, hat mit sechs Frauen gesprochen – über die langfristigen Auswirkungen der Ein-Kind-Politik und über die neuen Bestrebungen der Kommunistischen Partei, Frauen ins Private zurückzudrängen und zum Kinderkriegen zu animieren. Gruselig? Allemal. Aber die Protokolle, die Sahay gesammelt hat, sind auch hoffnungsvoll. Jedes erzählt auch eine Geschichte des Widerstands. Ich empfehle Ihnen die Lektüre sehr.

Ein schönes Wochenende wünscht

Felicitas Kock

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