Schulanfang in Fürstenfeldbruck: Erstmals seit Jahren gibt es genug Lehrkräfte – Fürstenfeldbruck | ABC-Z
Nachdem die Schulen in den vergangenen Jahren stark mit Lehrermangel zu kämpfen gehabt haben, tritt im neuen Schuljahr Erholung ein. Nach Aussagen des Schulamtes stehen genügend Lehrkräfte zur Verfügung, um zusätzlich zum schulischen Pflichtprogramm auch freiwillige Angebote schaffen zu können. Und das trotz steigender Schülerzahl: Waren im Schuljahr 2023/2024 noch 8773 Kinder an Grundschulen eingeschrieben, sind es im kommenden 8983. Das Wachstum ist dem Schulamt zufolge hauptsächlich auf die Zuwanderung zurückzuführen. Um die Deutschkenntnisse von Flüchtlingskindern zu verbessern und sie effektiver zu integrieren, werden erstmals schulartunabhängige Deutschklassen an Gymnasien und Realschulen etabliert. Bisher existierten diese nur an Grund- und Mittelschulen.
„Für das kommende Schuljahr sind wir gut versorgt“, sagt Schulamtsdirektor Thomas Frey. In der Vergangenheit sei „alles immer relativ knapp“ gewesen, in diesem Jahr sehe es aber ganz anders aus, und das, obwohl die Schülerzahlen im Landkreis im Vergleich zum Vorjahr deutlich angestiegen sind: an Mittelschulen um mehr als 100, an Grundschulen sogar um 200. Frey erklärt, diese Veränderung sei vor allem durch Zuwanderung entstanden: „Die Zuzüge aus der Ukraine schlagen da besonders ein.“
Von der Entlastung sei er selbst überrascht, sagt Frey. Zu verdanken habe man sie Regierung von Oberbayern. Diese habe auf die gigantischen Nichtantreter-Quoten im Landkreis ragiert. Frey erklärt, dass viele Lehrer, die eigentlich in Fürstenfeldbruck unterrichten sollten, ihre Stelle, beispielsweise wegen der schlechten Anbindung, erst gar nicht antraten. „Deshalb hat die Regierung heuer von Anfang an mehr Personal für uns eingeplant“, sagt der Schulamtsdirektor. Wider Erwarten treten vergleichsweise viele Lehrer ihre zugeteilte Stelle auch tatsächlich an. Diese beiden Umstände seien glücklich zusammengefallen, sagt Frey. „Jetzt haben wir einen Puffer.“
Auch der Einsatz von Quereinsteigern habe zum Rückgang des Lehrermangels beigetragen. Etwa 500 Lehrstunden werden von diesen übernommen. Ohne Substitute hätte der Landkreis ein „riesengroßes Problem“, so Frey. Außerdem mache sich die Sparsamkeit der vergangenen Jahre bemerkbar. Weil man gelernt habe, sehr straff zu planen, könne man auf ein sehr effektives System zurückgreifen. Zudem unterstützt die mobile Reserve. Von etwa 1300 verfügbaren Stunden wurden bereits 400 vor Beginn des Schuljahres verplant. Der Schulamtsdirektor sagt: „Mit dem Polster von 900 Stunden können wir gut arbeiten.“ Trotz der Entlastung herrsche an einer Schulform nach wie vor Personalnot – an Mittelschulen. Etwa 300 Stunden müssen durch Grundschullehrer abgedeckt werden.
Das Schulamt kündigte an, dass Schulen aufgrund der personellen Erleichterungen demnächst mehr als nur das Pflichtprogramm realisieren können. Es kann und wird wieder mehr freiwillige Angebote geben, sagt Frey. Schon jetzt fänden an vielen Schulen Planungen statt. „Es wird wieder mehr Arbeitsgemeinschaften geben. Manche führen ihre Chorklassen wieder ein, andere wollen den Sport besser unterstützen“, sagt er.
Um Flüchtlingskinder effektiver zu unterstützen, werden im kommenden Schuljahr erstmals schulartunabhängige Deutschklassen an Gymnasien und Realschulen eingeführt. Bisher gab es diese nur an Grund- und Mittelschulen. Buben und Mädchen ohne oder mit nur geringen Deutschkenntnissen, die altersgemäß die fünfte oder sechste Jahrgangsstufe besuchen müssten, werden leistungsunabhängig in diese verteilt. Dem bayerischen Kultusministerium zufolge kann eine Integration nur gelingen, wenn sich alle Schularten solidarisch daran beteiligen. Daran schließen sich Frey und Thomas Höhenleitner, Oberstudiendirektor des Max-Born-Gymnasiums in Germering, an. Seine Einrichtung ist eine von neun im Landkreis, an denen die Klassen etabliert werden. Vor allem, weil an den Mittelschulen nach wie vor Lehrermangel herrscht, sei es wichtig, die Integrationsaufgabe aufzuteilen.
Deutsch zu lernen steht im Mittelpunkt
Im Fokus der Klassen steht das Erlernen der deutschen Sprache. Dafür ist eine Lehrkraft mit dem Abschluss Deutsch als Zweitsprache vorgesehen. „Wir haben Glück, jemanden gefunden zu haben“, sagt Höhenleiter. Die Lehrkraftsuche sei aber eine Herausforderung gewesen. Aber auch Mathematik, Sport und Musik werden unterrichtet. „Sie sind ganz normale Schüler und werden auch so behandelt. Aber sie haben kein gymnasiales Bildungsziel“, sagt Höhenleitner. Nachdem sie ein Schuljahr in den Klassen absolviert haben, werden sie leistungsbedingt an die passende Schulform überwiesen. Für Jugendliche, älter als der fünften oder sechsten Jahrgangsstufe entsprechend, werden die Deutschklassen weiterhin nur an den Mittelschulen angeboten.
Mit dem neuen Schuljahr kommen noch zwei weitere Neuerungen hinzu: die Pisa-Offensive und die Verfassungsviertelstunde. Ersteres soll laut Kultusministerium die Basiskompetenzen von Grundschülern stärken. Im neuen Schuljahr gibt es je eine Stunde mehr Deutsch- und Mathematikunterricht pro Woche. Um dies zu realisieren, gab es Verschiebungen in der Stundentafel. Schulen können somit selbst entscheiden, welche Fächer dem Basisunterricht weichen müssen. Die kreativen Einheiten Musik, Kunst sowie Werken und Gestalten können dann flexibel eingesetzt werden. Der Religionsunterricht ist davon ausgenommen.
Die Verfassungsviertelstunde ist ein Konzept zur Erweiterung der politischen Bildung der Heranwachsenden und soll vorerst nur in ausgewählten Jahrgangsstufen eingeführt werden. Das wöchentliche Format ist für alle Schulformen verpflichtend. Die Einheit soll innerhalb des regulären Unterrichts stattfinden und Inhalte der Verfassung behandeln. An Grundschulen wird das Konzept zunächst in zwei Jahrgangsstufen, an weiterführenden Schulen in je einer der Unter-, Mittel- und Oberstufe, veranstaltet. Lehrerverbände begrüßen das Format, fordern jedoch mehr inhaltliche und zeitliche Freiheit. Kritiker bemängeln die Viertelstunde in ihrer Grundidee. „Statt einer Druckbetankung durch eine Verfassungsviertelstunde müssen Schülerinnen und Schüler mehr gelebte Demokratie erfahren“, sagt Gabriele Triebel, Sprecherin für Bildung der Landtags-Grünen. Sie fordert „echte Demokratie“ für Schülerinnen und Schüler.