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„Schockierend“: Neue Zahlen zur Kohle-Nutzung machen Experten fassungslos | ABC-Z

Als die neuen Daten zur weltweiten Kohlenutzung erschienen waren, fasst sie Javier Blas in einem Satz zusammen: „Der Extra-Verbrauch ist wirklich schockierend“, schrieb der renommierte Energie-Kolumnist für den Nachrichtendienst Bloomberg auf der Plattform X. „Dass die Kohle schon Geschichte ist? Das können wir vergessen.“

Was war passiert? Am Mittwoch hatte die renommierte Energiebehörde IEA neue Zahlen veröffentlicht, die Experten weltweit aufhorchen ließen. Eigentlich war die Behörde davon ausgegangen, dass die weltweite Nutzung der Kohle als Energieträger im Jahr 2023 ihren Scheitelpunkt erreicht habe. 2024 sollte das erste Jahr werden, in dem die Kohlenutzung zurückgeht, der endgültige Siegeszug der Erneuerbaren Energien sollte beginnen.

Verschobener Scheitel

Jetzt, kurz vor Ende des Jahres 2024, ändert die IEA jedoch ihre Prognose. Am Mittwoch veröffentlichte die in Paris ansässige Behörde ihren jährlichen Kohle-Bericht – und stellt für dieses Jahr einen abermals gestiegenen Kohle-Verbrauch in Aussicht. Der Scheitelpunkt werde nun erst im Jahr 2027 kommen, korrigierte sich die Agentur.

Nach einem Anstieg um mehr als 1,2 Milliarden Tonnen seit 2020 wird die weltweite Kohlenachfrage nach Einschätzung der Experten in den nächsten drei Jahren ein Plateau erreichen und 2027 bei etwa 8,87 Milliarden Tonnen liegen.

„Chinas Versprechen halten nicht stand“

Für die unerwartete Entwicklung sieht die IEA zwei Gründe. Zum einen ist da China: Obwohl das Land mittlerweile ein weltweiter Vorreiter im Ausbau Erneuerbarer Energien ist, werde der Kohleverbrauch des Landes mit 4,9 Milliarden Tonnen einen neuen Rekordwert erreichen. Mehr als 50 Prozent des weltweiten Kohle-Bedarfs geht auf das Konto Chinas. Auch in Schwellenländern wie Indien und Indonesien steigt der Verbrauch weiter an.

„Für Peking bedeutet Kohle Energiesicherheit“, sagte Blas. „Es ist Zeit, das anzuerkennen. Und es ist Zeit anzuerkennen, dass Chinas Versprechen zur Reduktion des Kohleverbrauchs einer kritischen Betrachtung nicht standhalten.“ Der Energieverbrauch des Landes sei unerwartet stark gestiegen, heißt es in dem IEA-Report, vor allem durch den Siegeszug der Elektromobilität und den Aufbau von Rechenzentren zur Nutzung Künstlicher Intelligenz.

Solide Profite – nur nicht für Russland

Die zweite Ursache liegt im Verbrauch der Europäischen Union und der USA. Zwar sank die Nachfrage in den Vereinigten Staaten dieses Jahr um fünf Prozent, in der EU sogar um zwölf Prozent. Allerdings hatte der Rückgang im Vorjahr 23 Prozent im Fall der EU betragen, in den USA waren es 17 Prozent. Eine wichtige Rolle spiele auch dort die Künstliche Intelligenz und der Bau energiehungriger Rechenzentren.

„Kohle-Exporteure erzielen insgesamt solide Profite“, heißt es in dem IEA-Bericht, der fossile Energieträger sei noch lange kein Verlustgeschäft. Eine Ausnahme gebe es jedoch: Russland. Aufgrund westlicher Sanktionen und verschiedener zusätzlicher Zölle könne das Land seine Kohle nicht mehr gewinnbringend verkaufen.

Kritik an der IEA: „Sie lag jetzt schon mehrmals daneben“

Am Ende bleibt der IEA-Bericht aber dennoch optimistisch: Der fortschreitende Ausbau der Erneuerbaren Energien sorge gerade in den westlichen Industriestaaten für einen rasanten Rückzug der Kohle. Tatsächlich verbraucht Deutschland so wenig Kohle-Energie wie seit den 1960er-Jahren nicht mehr, Großbritannien hat in diesem Jahr sogar sein letztes aktives Kohlekraftwerk geschlossen.

Und auch in China werde der Bedarf bald zurückgehen, schätzen die Autorinnen und Autoren der Studie – nur um dann anzufügen: „Allerdings lagen chinesische Importe in den letzten Jahren regelmäßig höher als erwartet.“ Die IEA sollte in Zukunft ein bisschen mehr Vorsicht an den Tag legen, empfiehlt Energie-Experte Blas daher: „Sie lag jetzt schon mehrmals daneben, als sie einen abnehmenden Verbrauch prognostiziert hat.“

mit Agenturmaterial

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