Schickt Iran seine Schattenarmee los? | ABC-Z

Erste Warnzeichen hat die Regierung in Washington schon ausgemacht: Irantreue Milizen würden einen Angriff auf amerikanische Militärstützpunkte im Irak und möglicherweise in Syrien vorbereiten, meldete die „New York Times“ unter Berufung auf amerikanische Regierungsmitarbeiter. Die irakische Regierung arbeite daran, die Lage zu entschärfen. Eine solche Drohung steht schon länger im Raum. Noch bevor amerikanische Bomber zentrale Anlagen des iranischen Atomprogramms angriffen, hatte das Regime in Teheran erklärt, ein militärisches Eingreifen Washingtons werde einen voll entfesselten regionalen Krieg heraufbeschwören. Dabei würden auch amerikanische Militärstützpunkte in der Region angegriffen.
Teheran könnte seine arabischen Vasallen vorschicken, um die militärische Konfrontation auszuweiten: die Huthi-Rebellen im Jemen, die Hizbullah in Libanon, getreue schiitische Milizen im Irak. Die berüchtigte von Iran geförderte irakische Miliz Kataib Hizbullah hat in einer Erklärung zumindest angekündigt, der „verrückte Trump“ werde all die Billionen von Dollar, die er in der Region an sich reißen wolle, verlieren. Einsatzpläne seien schon vorbereitet.
Zunächst haben sich die Teheran-treuen schiitischen Milizen im Irak aus dem iranisch-israelischen Schlagabtausch herausgehalten. Ihre Drohungen, im Fall eines militärischen Eingreifens gegen US-Militärs zurückzuschlagen, sollten helfen, Washington abzuschrecken. Jetzt könnten sie ihre Zurückhaltung ablegen. Für das geschwächte iranische Regime haben die irakischen Verbündeten nicht nur einen militärischen Nutzen. Es werde sie „mehr denn je brauchen“, heißt es in einem Beitrag der amerikanischen Denkfabrik „Washington Institute“ – als Zugang zu globalen Finanznetzwerken oder zu Ölschmuggelnetzwerken oder zur Beschaffung heikler Güter. Die bewaffneten Gruppen sind in der Politik vertreten und dabei, ein eigenes Wirtschaftsimperium zu errichten.
Zugriff auf Drohnen und Raketen
Raketen- und Drohnenangriffe auf amerikanische Militärstützpunkte im Irak oder auch in Syrien und Jordanien haben die schiitischen Milizen in der Vergangenheit immer wieder geführt. Und nicht immer hat die amerikanische Abwehr funktioniert. Anfang 2024 wurden zwei amerikanische Soldatinnen und ein Soldat getötet, als eine mit Sprengstoff präparierte Drohne in dem Außenposten „Tower 22“ im syrisch-jordanischen Grenzgebiet einschlug.
Das amerikanische Militär hat zwar seine Abwehrmöglichkeiten verbessert, es ist aber laut Einschätzung von Experten weiter verwundbar für Angriffe. Die irakischen Milizen haben außerdem Zugriff auf Drohnen und Raketen, die es ihnen erlauben würden, US-Stützpunkte am Golf anzugreifen, etwa in Saudi-Arabien, Qatar oder Bahrain. Es ist allerdings nicht sicher, dass Iran derzeit riskieren will, es sich mit den Herrschern dort zu verscherzen und die Tauwetterstimmung zu stören.
Daher erscheint es ebenso ungewiss, dass die Huthi-Rebellen jetzt die reichen Nachbarn unter Beschuss nehmen, um den Druck zu erhöhen. Sie könnten indes die Angriffe auf die zivile Schifffahrt verstärken, um dem Welthandel zu schaden. Sie könnten amerikanische Marineverbände in der Region unter Beschuss nehmen und den Raketenterror gegen Israel noch verstärken. Der militärische Nutzen dessen wäre jedoch gering.
Die Strategen des iranischen Regimes stehen auch vor der Frage, ob sie die Hizbullah in Libanon auffordern, eine weitere Front an der Grenze zu Israel zu eröffnen. Das wäre laut übereinstimmender Einschätzung westlicher Beobachter und libanesischer Militärs ein Himmelfahrtskommando. Ein israelischer Gegenschlag dürfte verheerend ausfallen und könnte dieses Mal auch zivile Infrastruktur Libanons treffen.
Der militärische Wert eines Hizbullah-Raketenangriffs steht angesichts des dezimierten Arsenals ebenso infrage. In Beirut gilt es daher nicht als ausgemacht, dass die Hizbullah einer Order Teherans, in den Krieg einzugreifen, sofort bereitwillig nachkommen würde. Eigentlich war die Schiitenorganisation für den Zweck hochgerüstet worden, Angriffe auf Iran und sein Atomprogramm durch Abschreckung zu verhindern. Im Kriegsfall sollte sie als vorgelagerte Verteidigungslinie dienen. Zu den amerikanischen Bombardements war von der Hizbullah zunächst nichts zu hören.