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Sandra Bindler im Interview: “Was einer allein nicht schafft, schaffen viele” | ABC-Z

AZ: Frau Bindler, als die Münchner Bank eG und die AZ “Gutes vereint” aus der Taufe gehoben haben: Hätten Sie da erwartet, dass es diese Spendenaktion Jahr für Jahr geben wird?

SANDRA BINDLER: Ich habe es gehofft, als wir 2019 erstmals die Preise übergeben haben. Als ich das Leuchten in den Augen der Menschen gesehen habe, die sich mit ihren Vereinen für wichtige Ziele einsetzen, dachte ich: Das sollten wir noch viel öfter machen! Und durch die Kooperation mit der Abendzeitung hatten wir eine Aufmerksamkeit in München, die wir allein niemals hätten erzeugen können. Es ist ein schöner Erfolg, dass wir “Gutes vereint” jetzt zum fünften Mal machen. Es ist für uns zum Herzensprojekt geworden.

Wieso?

Es ist unser Auftrag als Genossenschaft, dass wir Gutes in der Region tun. Und in einer reichen Stadt wie München gibt es viele Schattenseiten, die oft übersehen werden. Dank der AZ konnten wir eine große Sichtbarkeit auf die Vereine lenken, die mit Engagement dagegen ankämpfen und viel Gutes tun.

Welche der unterstützten Projekte haben Sie besonders bewegt?

Zum Beispiel das Projekt des Vereins Marienkäfer e.V., der Obdachlose unterstützt. Ich wusste nicht, wie viele Menschen unverschuldet in Obdachlosigkeit geraten. Viele standen kurz zuvor noch mitten im Berufsleben. In den Gesprächen mit den Ehrenamtlichen ist mir das erst bewusst geworden. Auf der Straße sieht man ja nur die Menschen in den Schlafsäcken – aber nicht, wie sie in diese Situation gekommen sind. Besonders überrascht hat mich außerdem das Projekt der Heuwusler, die sich für Meerschweinchen in Not einsetzen. Und emotional berührt hat uns alle das Ambulante Kinderhospiz. Das ist ein Thema, mit dem man sich nicht gern beschäftigt – aber es ist beeindruckend, was die Menschen leisten, die sich um betroffene Familien kümmern.

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Die Münchner Bank eG ist eine Genossenschaftsbank. Was ist der Gedanke dahinter?

In einer Genossenschaft tun sich viele Menschen zusammen, um Gutes zu erreichen. Der Gründungsgedanke ist: Was einer allein nicht schafft, schaffen viele. Die Münchner Bank wurde 1862 gegründet. Damals gab es einige sehr reiche Menschen – und viele Menschen ohne Geld, die viel bewegen wollten. Friedrich Wilhelm Raiffeisen hat damals die Raiffeisen-Banken, Hermann Schultze-Delitzsch, die Volksbanken ins Leben gerufen, um die Menschen zu unterstützen. Und die Gründungsmitglieder der Münchner Bank wollten für unsere Stadt etwas Gutes tun. Sie haben Gelder an Handwerker oder andere Menschen verliehen, die etwas erreichen wollten. Aus diesen Menschen sind 60.000 geworden: Unsere Bank gehört heute 60.000 Münchnerinnen und Münchner – all unseren Mitgliedern. Wenn man die zusammenbringen wollte, bräuchte man die Allianz-Arena. Und der Gründungsgedanke ist heute noch so vital wie damals: Was einer nicht schafft, das schaffen viele. 

Die Vorstandsvorsitzende Sandra Bindler leitet die Münchner Bank eG seit 2014.
© Münchner Bank
Die Vorstandsvorsitzende Sandra Bindler leitet die Münchner Bank eG seit 2014.

von Münchner Bank

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Inwiefern?

Ganz oben steht bei uns das Ziel, Menschen zu vernetzen. Wir bringen sie zusammen, damit ein Mehrwert entsteht. Und es geht bei uns immer um Hilfe zur Selbsthilfe. Wenn jemand Geld für ein Projekt braucht, stellen wir dieses auf unserer Crowdfunding-Plattform vor. Wir informieren dann unsere 60.000 Mitglieder darüber, und diese können per “Daumen hoch”- Button ihre Zustimmung zum Ausdruck bringen. Wenn die Mindestzahl an Klicks erreicht ist, startet die Crowdfunding-Aktion. Wir zahlen von vornherein bei jeder Spende von fünf Euro zehn Euro. Bei dem Projekt “Mini München” kamen heuer auf diesem Weg fast 16.000 Euro zusammen. Die Projekte bekommen auch viel Aufmerksamkeit, wenn wir sie in unserem großen Netzwerk vorstellen. Wir haben außerdem in unseren Filialen am Frauenplatz und am Pasinger Bahnhofsplatz Ausstellungsflächen, wo unsere Gewerbekunden für einige Zeit ihre Produkte ausstellen können, wie in einem Pop-Up-Store. Das hilft gerade kleineren Gewerbetreibenden, die sich die Mieten in der Innenstadt nicht leisten können. Und wir bieten unseren Mitgliedern finanzielle Bildung durch spannende Vorträge und Online-Seminare. Das Programm kann man in dem Veranstaltungskalender auf unserer Webseite ansehen.

Wer hält diese Vorträge?

Zu 99 Prozent unsere Mitglieder. Da erklärt zum Beispiel ein Steuerberater, was man beim Vererben beachten muss, oder eine Anwältin, worauf es beim Ehevertrag zu achten gilt.

Wie motivieren Sie diese Leute dazu?

Das muss ich gar nicht. Sie wollen das alle gern machen. Sie profitieren ja auch selbst davon, der Netzwerk-Gedanke ist nicht zu unterschätzen. Wir bringen bei vielen Veranstaltungen die heilenden Berufe oder den Mittelstand zusammen. Und wir fördern auch Künstler.

Was machen Sie da genau?

Wir kooperieren seit Jahren mit der Akademie der bildenden Künste. Die Absolventen können in unseren Filialen ihre Bilder ausstellen. Wir laden zweimal im Jahr zu Vernissagen, zu denen sehr viele unserer Mitglieder kommen. Schon oft waren nach dem Abend alle Bilder ausverkauft. Sie müssen dann aber ein halbes Jahr hängen bleiben, denn wir wollen ja Aufmerksamkeit für die Künstler schaffen. Und in jedem Fall kaufen wir immer mindestens ein Bild jedes Künstlers, damit sie eine kleine Anschubfinanzierung haben und wir unsere Kunstsammlung mit jungen Künstlern auf- und ausbauen.

Wie kann man bei Ihnen Mitglied werden?

Man muss nur einen Mitgliedsanteil für 50 Euro kaufen. Maximal kann man 100 Anteile erwerben. Aber jedes Mitglied hat nur eine Stimme. Und alle wichtigen Entscheidungen treffen bei uns die Mitglieder.

Viele Banken bauen Filialen ab. Und Sie?

Auch das entscheiden die Kunden und Mitglieder. Wenn Filialen nicht mehr genutzt würden, könnte man sie nicht aufrechterhalten. Die App-Nutzung ist so komfortabel geworden, dass man fürs normale Bankgeschäft nicht mehr in eine Filiale gehen muss. Aber es kommt bei jedem Menschen mindestens einmal im Leben der Moment, in dem man einen Bankberater braucht. Dann sollte man besser bei einer Bank sein, in der es die noch gibt. Wir versuchen im Stadtgebiet Münchens mit Filialen vertreten zu sein, in Ost, West, Nord, Süd und im Zentrum. Menschen sollen in gut erreichbarer Distanz Beraterinnen und Berater finden können, die sich um sie und ihre Belange kümmern. 

Wie oft sind Sie persönlich in den Filialen?

Jeden Mittwoch! Neulich war ein Engpass am Schalter und ich habe ausgeholfen. Da kam ein sehr netter Mann lange vor seinem Termin, und ich habe ihn gefragt, ob er einen Kaffee möchte. Als er ihn trank, blätterte er in unserem Geschäftsbericht, sah darin ein Bild von mir und sagte: “Sind das Sie? Serviert da der Vorstand den Kaffee?” Ja, in der Genossenschaft tut er das! Mir ist es wichtig, den Puls zu fühlen, zu wissen, was die Menschen bewegt.

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