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Sahra Wagenknecht wirbt für BSW auf dem Marienplatz – München | ABC-Z

Der Politikerin Sahra Wagenknecht gebricht es bekanntlich nicht an Selbstvertrauen, was die Münchnerinnen und Münchner am frühen Montagabend auch daran erkennen konnten, dass die 55-Jährige für die Wahlkampf-Kundgebung des nach ihr benannten Bündnisses (BSW) den Marienplatz in Anspruch nahm. Für gewöhnlich treten dort nur die Großen der Politik auf: Der spätere Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) etwa redete dort während des Bundestagswahlkampfs im September 2021 vor rund 3000 Menschen. Gemessen daran, wie voll der Platz vor dem Rathaus seinerzeit wirkte, erscheinen die 2000 Leute, die der Moderator der Kundgebung am Montag nannte, freilich sehr optimistisch geschätzt.

Nach Polizeiangaben waren es bloß 500, die sich zwischen Mariensäule und der Bühne am westlichen Rand des Platzes drängten und hören wollten, womit Wagenknecht sie zu überzeugen suchte, bei der Bundestagswahl am 23. Februar die Stimme dem BSW zu geben. Es waren aber auch Gegendemonstranten aus zwei sehr unterschiedlichen Lagern auf dem Platz: von der Antifa und von der Jungen Union Bayern. Letztere waren vom Kreisverwaltungsreferat auf größtmöglichem Abstand zur Bühne gehalten und ans östliche Ende des Marienplatzes platziert worden.

Wie viele Zuhörerinnen und Zuhörer letztlich tatsächlich anwesend gewesen sein mögen: Sahra Wagenknecht schilderte ihnen ein düsteres, zur Abenddämmerung passendes Bild vom bevorstehenden Niedergang und Zusammenbruch Deutschlands. Den könne nur eine starke BSW-Fraktion im nächsten Bundestag noch verhindern. „Kein anderes Land steht so schlecht da wie Deutschland“, sagte sie und führte das auf die von ihr gewohnten Gründe zurück: Misswirtschaft, Unfähigkeit und Unvermögen der Regierungsparteien.

Vor allem an den Grünen arbeitete sie sich ab, aber auch an der SPD. Beiden Parteien warf sie Heuchelei und Doppelmoral vor. Die Union kam vergleichsweise glimpflich davon, aber mit den Abgeordneten von CDU/CSU war sie jüngst bei der Abstimmung über die Verschärfung der Migrationspolitik ja einer Meinung gewesen: „Wir haben in Deutschland einen Kontrollverlust bei der Migration, das kann doch niemand bestreiten.“ Abgesehen davon verbreitete sie ihre üblichen Botschaften: Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg, billigere Energie, gern auch aus Russland.

Mit der knapp neunzigminütigen Veranstaltung auf dem Marienplatz leitete Wagenknecht ihre Wahlkampf-Tour ein. Unter dem Motto „Sarah kommt!“ absolviert sie bis zur Bundestagswahl noch acht weitere Auftritte, bis auf die Abschlusskundgebung am 20. Februar in Berlin auf dem Platz vor dem Brandenburger Tor allesamt in warmen Hallen. Bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt, wie sie am Montag herrschten, sind Reden in Innenräumen vielleicht nicht die schlechteste Idee.

Warum Wagenknecht ihre Wahlkampf-Tour ausgerechnet in München begann, erschließt sich nicht so richtig. Das BSW hat in den vier Wahlkreisen der Landeshauptstadt lediglich einen Direktkandidaten aufgestellt. Der ist aber immerhin ein gebürtiger Münchner und für BSW-Verhältnisse sogar prominent: Im Wahlkreis Süd bewirbt sich der 70 Jahre alte Klaus Ernst. Der ehemalige Gewerkschaftsfunktionär war schon in vielen Parteien tätig: von 1974 bis 2004 in der SPD, dann in der sogenannten Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit, kurz WAsG, die für die Bundestagswahl 2005 ein Wahlbündnis mit der PDS einging und zwei Jahre später mit dieser zur Partei „Die Linke“ verschmolz. Aus der wechselte er Ende 2023 mit etlichen anderen Abgeordneten ins Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Den erst im November 2024 gegründeten Landesverband Bayern des BSW führt er als Vorsitzender an; auch auf der Landesliste der Partei nimmt er den Spitzenplatz ein.

An diesem Abend war Klaus Ernst aber bloß der Vorredner für Sahra Wagenknecht. Mit dickem Schal um den Hals setzte er den Ton und gab die Vorlagen, die seine Parteichefin später aufgriff. Weniger Geld für Verteidigung und Rüstung ausgeben, „dann haben wir wieder mehr für die Infrastruktur“, so seine Rechnung. Wenn’s nur so einfach wäre.

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