Geopolitik

Sabine Dehnen: AfD-Politikerin unterstützte Neonazi-Organisation „Artgemeinschaft“ | ABC-Z

Die Duisburger AfD-Stadträtin Sabine Dehnen unterstützte die neonazistische „Artgemeinschaft“ vor deren Verbot. Dem NRW-Landesvorstand sind die Vorwürfe gegen die Mitarbeiterin von Bundesvize Gottschalk seit Oktober 2023 bekannt. Dem Verein ging es um das „Ausleben der rechtsextremistischen Weltanschauung“.

Die „Artgemeinschaft“ war bis zu ihrem Verbot im vergangenen Jahr eine der größten Neonazi-Organisationen Deutschlands. Ihre Ideologie bestand unter anderem aus offenem Rassismus und Antisemitismus, geleitet wurde sie lange von Funktionären der NPD. Laut Hamburger Verfassungsschutz orientierte sich der Verein am Nationalsozialismus und knüpfte „unmittelbar an die Rassenlehre des ‚Dritten Reichs‘“ an.

Nun zeigt eine Recherche von WELT AM SONNTAG, dass die Duisburger AfD-Stadträtin Sabine Dehnen im Umfeld der „Artgemeinschaft“ aktiv war und diese unterstützte. Demnach nahm sie in mehreren Bundesländern an Veranstaltungen der Gruppe teil. Die Recherche zeigt, dass das Polizeipräsidium Duisburg ihr nach Hinweisen des Verfassungsschutzes die waffenrechtliche Erlaubnis entzogen hat. Ihre Waffenbesitzkarte, die ihr zuvor den Erwerb und Besitz von erlaubnispflichtigen Waffen ermöglicht hatte, musste sie daher zurückgeben.

Das Duisburger Polizeipräsidium bestätigte die Recherchen. Demnach ist der Bescheid bereits im Oktober 2021 ergangen. „Die Rechtsgrundlage des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis ist Paragraf 5 Abs. 2 Nr. 3 c) Waffengesetz“, sagte eine Sprecherin WELT AM SONNTAG. Demnach wurde die Zuverlässigkeit versagt, da Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass Dehnen eine Vereinigung unterstütze, die „gegen die verfassungsmäßige Ordnung“ und „gegen das friedliche Zusammenleben der Völker“ gerichtet ist.

„Weitergabe ihrer Ideologien an Kinder“

Dehnen ist seit 2020 AfD-Fraktionsvorsitzende in der Bezirksvertretung Meiderich/Beeck, seit 2022 Mitglied im Rat der Stadt Duisburg und seit August dieses Jahres Mitglied im Aufsichtsrat der Duisburger Verkehrsgesellschaft. Innerhalb der AfD ist sie auch auf Landesebene aktiv. 2022 kandidierte sie im Wahlkreis Duisburg III erfolglos für den Landtag. Damals war sie Referentin der nordrhein-westfälischen AfD-Landtagsfraktion, mittlerweile ist sie Mitarbeiterin des AfD-Bundestagsabgeordneten Kay Gottschalk.

Gottschalk ist Vize-Parteichef der AfD sowie Vize-Landeschef in Nordrhein-Westfalen. Die „Artgemeinschaft“ steht auf einer Unvereinbarkeitsliste der AfD. Dehnen, Gottschalk und der nordrhein-westfälische AfD-Landesvorstand ließen mehrere Anfragen unbeantwortet. Aus einem WELT AM SONNTAG vorliegenden Schriftsatz des Vorstands aus dem Ausschlussverfahren gegen den rechtsextremen Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich geht hervor, dass dem Vorstand die Vorwürfe gegen Dehnen bereits seit Oktober 2023 bekannt sind.

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Das Bundesinnenministerium hat die „Artgemeinschaft“ im September 2023 verboten. „Die ‚Artgemeinschaft‘ ist eine neonazistische, rassistische, fremden- und demokratiefeindliche Vereinigung und richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung“, teilte das Ministerium damals mit. „Das Ausleben der rechtsextremistischen Weltanschauung, die Weitergabe ihrer Ideologien an Kinder waren Zweck des Vereins.“ Dazu habe der Verein einschlägige, zum Teil aus der NS-Zeit stammende und nur minimal abgewandelte Literatur vertrieben. Beispielsweise ist einem 1940 von Julius Streicher herausgegebenen und von der Organisation vertriebenen Kinderbuch die Rede von niederträchtigen „Rassemischlingen“. Gemeint sind Juden.

Laut Thüringer Innenministerium fungierte die Organisation als „Schnittstelle zwischen dem völkisch-religiösen Spektrum und der Neonaziszene“. Der 2009 verstorbene Holocaust-Leugner Jürgen Rieger war langjähriger Vorsitzender, er verfasste im Jahr 2000 das „Sittengesetz“ des Vereins. Rieger unterscheidet darin zwischen den „Großrassen Europiden, Mongoliden und Negriden“, zwischen denen es „geistige Unterschiede“ gebe. Die Organisation verstand er als „Kampfverband“. Im sachsen-anhaltinischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2021 heißt es, dass die „Artgemeinschaft“ ein Verbot von „Rassenmischung“ propagiert habe.

Politikredakteur Frederik Schindler berichtet für WELT über die AfD, Islamismus, Antisemitismus und Justiz-Themen.

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