Politik

Russlands General für Biowaffen ist tot | ABC-Z

Zwei Männer liegen reglos im Schnee auf dem Bürgersteig, die Gesichter nach unten, Schaulustige stehen daneben: Dieses Foto verbreitete sich am frühen Dienstagmorgen in russischen Telegram-Kanälen. Dazu hieß es, an der Rjasaner Straße, die im Osten von Moskau liegt, habe es eine Explosion gegeben, zwei Personen seien getötet worden, die Fenster der umliegenden Häuser zersprungen. 

Schnell wurde klar, wer dort umgekommen war: Igor Kirillow, ein Generalleutnant der russischen Streitkräfte, der die Spezialkräfte zum Schutz gegen Strahlung, Chemie- und Biowaffen leitete, sowie sein ebenfalls zum Militär gehörender Fahrer. Die beiden Männer wurden nach russischen Medienberichten sowie nach Angaben des Ermittlungskomitees durch einen Sprengsatz getötet; dieser sei am Lenker eines Mietelektrorollers angebracht gewesen, der am Eingang zu dem Wohnblock abgestellt worden sei. Bilder des zerstörten Rollers wurden auch verbreitet.

Die Bombe sei gezündet worden, als die beiden Männer das Haus verließen. Die Ermittler wollten am Dienstagmorgen Überwachungskameras auswerten und Zeugen befragen, um herauszufinden, wer den Roller dort abgestellt hatte. In Moskaus Zentrum bezogen mit Sturmgewehren bewaffnete Polizisten Stellung an wichtigen Orten.

Die Moskauer Mär von den „Biolaboratorien“

Kirillow war von 2022 an daran beteiligt, die Moskauer Mär zu verbreiten, die Vereinigten Staaten hätten „Biolaboratorien“ in der Ukraine eingerichtet; sie ist eine der zahlreichen Rechtfertigungslinien für den Angriffskrieg. Ausgangspunkt der völlig haltlosen Erzählungen, die es davor auch über Georgien gab, ist offizielle amerikanische Hilfe im Kampf gegen Krankheitserreger.

Kirillow im Februar 2023 in Moskaudpa

Präsident Wladimir Putin selbst sprach im Mai 2022 von „Komponenten für biologische Waffen“, für die man im Rahmen der „Spezialoperation“, dem Angriffskrieg gegen die Ukraine, „dokumentarische Beweise“ gefunden habe, blieb diese aber schuldig. Kirillow hatte unter anderem auch erzählt, in den „Laboratorien“ werde daran gearbeitet, Viren mithilfe von Mücken und Vögeln zu verbreiten. Seine Truppen haben zudem nach ukrainischer und amerikanischer Überzeugung Chemiewaffen gegen die ukrainischen Verteidiger eingesetzt.

Erst am Montag hatte der ukrainische Geheimdienst SBU mitgeteilt, dass gegen Kirillow wegen des 4800-fachen Einsatz solcher Waffen ein Strafverfahren eröffnet worden sei. Die Vermutung, ein Kiewer Geheimdienst stehe hinter der Tat, nährte zudem, dass es auch in Moskau schon mehrere mutmaßliche Operationen ukrainischer oder proukrainischer Kräfte gegeben hat. Erst vor wenigen Tagen wurde ein Waffeningenieur in einem Waldstück der russischen Hauptstadt erschossen aufgefunden. Ein exilrussischer Journalist schrieb die Tat dem ukrainischen Militärgeheimdienst HRU zu und hob hervor, der Getötete habe Marschflugkörper modernisiert und Drohnen entworfen, wie sie Russland im Krieg einsetzt.

Eine Quelle in ukrainischen Sicherheitskreisen sagte den Nachrichtenagenturen Reuters und AFP, die Ukraine stecke hinter dem Anschlag auf Kirillow. Ukrainische Medien berichten konkret von einem Anschlag des ukrainischen Geheimdienstes SBU. Vor gut einem Jahr war ein Ukrainer nahe Moskau erschossen worden, der auf die russische Seite übergelaufen war. In diesem Fall wurde ebenfalls von einer Operation des SBU gesprochen.

Der mit dem russischen Verteidigungsministerium verbundene Telegram-Kanal Rybar schrieb, die Tötung Kirillows zeige, dass die Ukraine trotz russischer „Erfolge“ im Krieg „immer die Möglichkeit behält, schmerzhaft zuzustechen“. Kirillow sei nicht zum Ziel geworden wegen der „Biolaboratorien“, sondern, weil der Gegner ihn habe erwischen können. Doch solle man sich daran erinnern, so Rybar, dass alle Mitglieder der Militärführung „Ziele“ seien, „und nicht nur sie“.

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