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Russische Propaganda über Macron: Koks, Sex und Satanismus | ABC-Z

Russische Propaganda liebt es, Kreml­geg­ne­r:in­nen mit vulgären Geschichten zu beschmutzen. So war das Video, das nach der Landung des französischen Präsidentenfliegers von Emmanuel Macron in Viet­nam am vergangenen Sonntag entstand, gefundenes Fressen für sie.

Die Flugzeugtür öffnet sich, und man sieht, wie sich von links eine Hand auf das Gesicht des Präsidenten zubewegt, ihn am Kinn stößt, und er leicht nach hinten taumelt, bevor er sich wieder fasst und lächelnd winkt. Der durchaus ungewöhnliche Vorfall entfachte Spekulationen darüber, ob Brigitte Macron Macron ihren Ehemann geohrfeigt hatte. Ma­cron bestritt eine Handgreiflichkeit, er und seine Frau hätten lediglich herumgealbert.

Weltweit erörterten Klatsch- und Qualitätspresse daraufhin tagelang verschiedene Varianten dessen, was denn nun tatsächlich vorgefallen sei. Doch die Erzeugnisse der russischen Desinformationsmaschine stachen hervor, denn sie gingen, wie so oft, unter die Gürtellinie. Wladimir Solowjow, einer von Putins Chefpropagandist:innen, postete in seinem Telegram-Kanal ein KI-generiertes Video, in dem Brigitte und Emanuelle Macron am Fuße des Gangways in eine Schlägerei geraten.

Es zeige, so Solowjows Kommentar, wie Emmanuel Macron „zurückschlägt und der Oma, vielleicht sogar dem Opa, die Perücke vom Kopf reißt“.

Zum einen spottet Solowjow hier über die knapp 25 Jahre Altersunterschied der Macrons – was ihn beim Putinfreund Gerhard Schröder und seiner 25 Jahre jüngeren Gattin So-Yeon Kim selbstverständlich nicht stört –, zum anderen spielt er auf eine Verschwörungs­theo­rie an, derzufolge Brigitte Macron transsexuell und damit ja „in Wahrheit“ ein Mann sei.

Es war die zweite Attacke der russischen Propaganda gegen Macron innerhalb weniger Wochen. Schon im Rahmen des Staatsbesuchs bei Wolodymyr Selenskyj am 10. Mai hatte sie eifrig Drogengerüchte befeuert.

Ein Koks­tütchen

In den sozialen Medien zirkulierten Fotos und ein Video, die den französischen Präsidenten zusammen mit dem britischen Premier und dem deutschen Bundeskanzler auf dem Weg nach Kyjiw im Zug zeigten. Das Taschentuch auf ihrem Tisch sei eigentlich ein Koks­tütchen, wusste die russische Propaganda, und das Holzstäbchen zum Umrühren von Heißgetränken ein Kokslöffel – was ja wie die Faust aufs Auge zur Mär vom „Kokser Selenskyj“ passt.

Der französische Präsident, ein entschiedener Unterstützer der Ukraine, steht schon lange im Visier der Kremlpropaganda. Dass er homosexuell sei, streuten die russische Staatsmedien bereits 2017 vor den Präsidentschaftswahlen, wohl in der Hoffnung, damit den Wahlkampf zugunsten ihrer rechtsextremen Wunschkandidatin Marine Le Pen beeinflussen zu können.

Die Mischung macht’s. In So­low­jows Internetshow kam die „Psychologin“ Weronika Stepanowa zu Wort, die gleich mehrere Unwahrheiten über Ma­cron und Selenskyj zusammen­brau­te: „Und Sie und ich ver­stehen genau, dass das kein Zuckerlöffel ist“ – gemeint ist der vermeintliche Koks­löffel aus dem Zug –, „und dass sie ihm tatsächlich eine richtige Ohrfeige verpasst hat, die er verdient hat, weil sie genug hat von seinem promiskuitiven, homosexuellen Sex, dieser leidenschaftlichen Liebe zu Selenskyj, was bedeutet, dass er bereit ist, weiter endlos französisches Steuer­geld auszu­geben.

Sie hat die Nase voll von diesen Schwulenpartys.“ Eine weitere Perle des russischen „Journalismus“ ist ein Artikel, der auf der Onlineplattform news.ru erschien und ebenfalls die Meinung eines „Experten“ einbezieht. Der „politische Analyst“ Sergej Markow konstatiert, Macron „decke“ sich nur mit „dieser Ehefrau“, um seine „homosexuellen Verbindungen“ zu verbergen.

Dummes Geschwätz?

Markows Fazit bringt aber neue, überraschende Gedanken ins Spiel: „Ich meine übrigens, dass dies in großen Teilen der Grund für den Krieg in der Ukraine ist. Macron als Schwuler hasst den russischen Präsidenten. Denn Wladimir Wladimirowitsch Putin ist ein Alphamännchen und ein militanter Hetero.“ Nun, eine wahre Sache hat der „Experte“ am Ende doch gesagt, nämlich dass Putin ein Paradebeispiel für einen militanten Hetero ist.

Diese Vulgaritäten verbleiben nicht im russischen Informa­tions­raum, sondern kommen über das Internet auch zu uns. Prorussische In­flu­en­ce­r:in­nen, wie die kürzlich mit EU-Sanktionen belegte Alina Lipp, verbreiten die Inhalte in ihren Social-Media-Kanälen weiter. In Lipps Telegram-Chanel „Neues aus Russland“ finden sich zahlreiche weitere „Schätze“, wie etwa ein Link zum Artikel „Selenskys Schwarze Messe: Satanische Praktiken und Kinderopfer der ukrainischen Führung“.

Sie müssen über all das lachen? Die Verfasserin dieses Textes ja auch. Aber man darf nicht vergessen, dass die Des­in­for­mations­maschine des Kremls gerade aufgrund ihrer grotesken Art so gefährlich ist. Man nimmt sie deshalb schnell nicht für voll, hält die Propaganda für dummes Geschwätz.

Dabei kreiert sie, indem sie ihre Lügen unzählige Male wiederholt, realen Hass, der realen Schaden anrichtet. Und die Propa­gan­dis­t:in­nen sind es, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine maßgeblich vorbereitet haben und ihn weiterhin befeuern.

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