„Warnendes Fanal“: Ausstellung befasst sich mit der Münchner Polizei und dem Nationalsozialismus | ABC-Z

München – Revolution, Straßenschlachten, die Ermordung des bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner (1867-1919) auf offener Straße, Einwohnerwehren, paramilitärische Verbände, die geheime Waffenlager anlegen und ein Polizeipräsident – Ernst Pöhner (1870-1925) –, der Rechtsterroristen systematisch von der Münchner Polizei schützen lässt. Das sind nur einige Merkmale der schicksalhaften Jahre der Weimarer Republik in München.
Die bayerische Landeshauptstadt war wie keine andere Stadt Deutschlands mit der Frühzeit und dem Aufstieg des Nationalsozialismus verbunden. Der Münchner Polizei kam dabei eine besondere Rolle zu. Unter ihren Augen entwickelte sich die NSDAP, mal bekämpft, oft aber unterstützt.
Nach der Machtergreifung gestalteten die Nationalsozialisten die Polizei zu ihrem Herrschaftsinstrument um. Heinrich Himmler und Reinhard Heydrich, zwei der Hauptverantwortlichen für den Holocaust, waren in München Polizeipräsident und Leiter der Politischen Polizei. Von hier aus brachten SA, SS, und SD in Zusammenarbeit mit der Polizeidirektion ihren Terror über die Menschen. Wie konnte es soweit kommen?
Die Ausstellung ist in drei Teile gegliedert
Schon 2008 haben Angehörige des Münchner Polizeipräsidiums eine Arbeitsgruppe gegründet, um die Geschichte der Münchner Polizei zur NS-Zeit zu untersuchen. Es entstand eine Arbeitsgruppe mit dem NS-Dokumentationszentrum und aus deren Forschungsergebnissen eine Ausstellung, die bereits 2012 und 2014 gezeigt wurde und nun im Münchner Rathaus, im zweiten Stock vor Zimmer 200, erneut zu sehen ist.
Oberbürgermeister Dieter Reiter, Polizeipräsident Thomas Hampel und der Vorsitzende des Münchner Blaulicht e.V., Robert Kopp, haben die Präsentation am Dienstag eröffnet.
Aktuell und noch bis zum dritten Februar ist der erste Teil der Schau zu sehen, der sich mit ebenjenen brutalen und unübersichtlichen Jahren von 1919 bis 1933 auseinandersetzt.
Dabei geht es um die Rolle der Münchner Polizei während der Gründungs- und Frühzeit der NSDAP und mit deren Aufstieg. Die Ausstellung zeigt das ambivalente Verhältnis der Polizeidirektion München zum Nationalsozialismus.
Vom 4. bis 17. Februar folgt dann Teil 2: „Die Münchner Polizei als Herrschaftsinstrument des NS-Regimes“. Hier geht es um die brutale Vorgehensweise der Münchner Polizei gegen Personen und Gruppen, die nicht ins nationalsozialistische Weltbild passten. Zwar war für die Verfolgung dieses Personenkreises primär die Politische Polizei (ab 1936 als Gestapo bezeichnet) zuständig, die nicht Teil der Ausstellung ist, dennoch waren alle Polizeisparten Teil des Unterdrückungsapparates.
Vom 18. bis 27. Februar wird dann der dritte Teil gezeigt werden, mit dem Titel: „Die Münchner Polizei im NS-Staat und nach 1945“. Hier geht es unter anderem um Organisations- und Funktionsstrukturen der Münchner Polizei in der NS-Diktatur. Es werden einzelne Biografien führender Polizeibeamter – die überzeugt und initiativ den Terror gegen die Opfer des NS-Staates gestaltet haben – gezeigt. Auch der Wiederaufbau der Polizei nach 1945 wird dargestellt – und kritisch hinterfragt.

© Michael Nagy
von Michael Nagy
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Aufruf zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie
Polizeipräsident Thomas Hampel erklärte zur Eröffnung, die Schau sei „ein Meilenstein für unser Geschichtsbewusstsein“. „Wir verstehen uns als Hüter des Grundgesetzes und setzen uns für die Sicherheit aller Menschen in München ein. Das war im Nationalsozialismus nicht der Fall“, so Hampel. „Die demokratische Ordnung ist schutzbedürftig, das Grundrecht Menschenwürde unabdingbar für wertebasierte Polizeiarbeit.““
Der Vorsitzende des Münchner Blaulicht e.V., Robert Kopp, Polizeipräsident a.D. ergänzte: „Anspruch unseres Polizeivereins ist es, heute und auch in der Zukunft, dafür Sorge zu tragen, dass sich die leidvollen Erfahrungen aus der Vergangenheit nicht wiederholen. Nur so können alle Menschen in Sicherheit und Freiheit leben. Die Inhalte der Ausstellung erinnern und mahnen uns, für die Demokratie und die Grundrechte aller einzutreten und Strömungen, die darauf abzielen, diese Werte zu relativieren oder gar zu beseitigen, gesamtgesellschaftlich frühzeitig und ganz entschieden entgegenzutreten.“
OB Dieter Reiter freute sich, dass „diese beeindruckende Ausstellung jetzt auch im Münchner Rathaus zu sehen ist“. Er zollte der Münchner Polizei Respekt, dass sie sich „aus ihren eigenen Reihen heraus mit einem der dunkelsten Kapitel der Münchner Polizei-Geschichte beschäftigt und damit einen wichtigen Beitrag zur historischen Aufarbeitung geleistet hat“, so Reiter. Die Ausstellung möchte er auch als „warnendes Fanal“ und „flammenden Aufruf zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, wie sie gegenwärtig immer mehr in Bedrängnis geraten“ verstanden wissen.