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Römisches Museum Augsburg: Neues Projekt in der Karmelitengasse – Bayern | ABC-Z

Sie hatten Münzen gefunden, Waffen, Tonscherben und Schreibgriffel, selbst gut erhaltene Austernschalen, die die Römer vor 2000 Jahren aus Italien über die Alpen ins heutige Bayern transportiert haben. 400 Kilogramm Römerfunde haben Augsburgs Stadtarchäologen auf einer Baustelle im Stadtteil Oberhausen aus der Erde geholt und vor vier Jahren erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Solch bedeutende Funde gab es in Augsburg zum Teil seit mehr als 100 Jahren nicht – angemessen präsentieren konnten die Archäologen ihren Schatz trotzdem nicht, dazu fehlt in Augsburg seit mehr als zehn Jahren etwas Grundlegendes: ein römisches Museum.

Das soll sich nun ändern, möglichst bis 2033. Nachdem das alte Römermuseum in der Dominikanerkirche wegen Statikproblemen geschlossen werden musste – es gibt seitdem nur ein Interim mit arg begrenzter Schaufläche –, hat die Stadt die ehemalige Justizvollzugsanstalt in der Karmelitengasse ins Visier genommen. Für maximal 60 Millionen Euro soll hier ein neues Museum entstehen, die Hälfte der Kosten übernimmt der Freistaat. Der Kulturausschuss hat den Standort bereits einstimmig angenommen, am Donnerstag wird der Stadtrat entscheiden: Die Regierungsmehrheit von CSU und Grünen hat ein positives Votum angekündigt.

„Augsburgs reiche römische Vergangenheit verdient einen würdigen Ort, an dem Geschichte für alle spürbar wird“, sagt Andreas Jäckel, kulturpolitischer Sprecher der CSU-Fraktion. Tatsächlich betonen Forscher immer wieder, dass Augsburg in seiner Bedeutung als antike Stätte auf einer Stufe mit römischen Städten wie Köln, Mainz oder Trier stehe. Augusta Vindelicum war wohl der älteste Römerstandort auf heutigem bayerischen Boden, ein militärischer Fixpunkt, mehr als 400 Jahre von der antiken Großmacht besiedelt.

Sebastian Gairhos, Leiter der Stadtarchäologie, hat einmal davon gesprochen, dass man in Augsburg „alle paar Jahre sensationelle Funde“  mache, anhand derer man die Reichsgeschichte nachzeichnen könne. Insofern wäre es ein Leichtes, ein neues Museum dauerhaft lebendig zu halten und Besucher mehrmals anzulocken – weil die Dauerausstellung über die Jahre interessant bleibe.

Nur fehlte Augsburg über die vergangenen Jahre stets das Geld, ein neues Museum einzurichten. Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) sowie Kulturreferent Jürgen K. Enninger (Grüne) haben das Projekt im Hintergrund beharrlich verfolgt, den entscheidenden Anstoß gab nun die konkrete Zusage der Staatskanzlei, fünfzig Prozent der Baukosten zu übernehmen.

Die Forderung nach einem staatlichen Museum haben CSU und Grüne zurückgewiesen: Bedeutende Funde wie jüngst der größte Silberschatz, der je in Bayern entdeckt wurde, sollen in städtischer Hand bleiben. Die römischen Wurzeln seien entscheidend für die Identität Augsburgs. „Das Museum bietet die Chance, sichtbar zu machen, was Augsburg schon in der Antike war – und bis heute ist: eine vielfältige Stadtgesellschaft mit Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religionen und Lebenswelten“, sagt Peter Rauscher, Fraktionsvorsitzender der grünen Stadtratsfraktion.

Eine Machbarkeitsstudie hat nun verschiedene Standorte bewertet und die frühere JVA in der Innenstadt empfohlen. Auch weil ein Museum dort „an die historischen Wurzeln der Stadt“ anknüpfe, im Zentrum der ehemaligen römischen Stadt. Das Gebäude steht seit vielen Jahren leer, ein neues Museum könnte mehrere Stockwerke nutzen und würde die Umgebung beleben.

Der mehr als 5600 Silbermünzen umfassende Schatz aus Augsburg ist der größte je entdeckte Silberschatz aus der Römerzeit im heutigen Bayern.
Der mehr als 5600 Silbermünzen umfassende Schatz aus Augsburg ist der größte je entdeckte Silberschatz aus der Römerzeit im heutigen Bayern. (Foto: Andreas Brücklmair/Kunstsammlungen & Museen Augsburg)

Die Verwaltung schätzt die Kosten inklusive zu erwartender Baukostensteigerungen auf 74,5 Millionen Euro ein, was jedoch im derzeitigen städtischen Haushalt nicht abbildbar sei. Die Stadt will deshalb die Kosten auf 60 Millionen Euro deckeln, wohl auch mit Blick auf den Neubau des Staatstheaters, der der Stadtregierung seit Jahren denkbar schlechte PR liefert: Die Kosten steigen Jahr um Jahr an, kürzlich haben neue Architekten das Projekt übernommen, die Finanzierung belastet den Haushalt enorm.

Die Angst vor dem nächsten Millionengrab, wie einige befürchten, will das Rathaus den Menschen durch einen Kniff nehmen: Planung und Entwicklung des Museums könnte ein Generalunternehmer übernehmen, etwa die städtische Wohnbaugruppe. Die Stadt würde die Liegenschaft dann anmieten und über einen Zeitraum von 30 Jahren die Instandhaltung übernehmen. Baut Augsburg das Museum wie angedacht, würde der Bau den städtischen Haushalt nach Berechnungen der Verwaltung über die nächsten 30 Jahre mit jährlich 1,5 Millionen Euro belasten.

In einem Punkt allerdings hätten die Stadtarchäologen bei aller Freude über ein neues Museum das Nachsehen, auch wenn sie das in diesem Fall verschmerzen könnten: Die Studie empfiehlt, die Justizvollzugsanstalt weitgehend abzureißen, die Bodenplatte jedoch, falls möglich, weiterzunutzen. Im Zentrum der ehemaligen römischen Siedlung besteht erfahrungsgemäß ein hohes Risiko, auf weitere Funde zu stoßen, was wiederum den Bau in die Länge ziehen könnte – das würde man auf diese Weise umgehen.

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