Rohstoffe für die Bundesrepublik: Deutschland und Kasachstan rücken enger zusammen | ABC-Z
Rohstoffe für die Bundesrepublik
Deutschland und Kasachstan rücken enger zusammen
16.09.2024, 20:56 Uhr
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Deutschland möchte unabhängiger von Rohstofflieferanten wie China und Russland werden. Auf der Suche nach neuen Partnerschaften reist Scholz nach Kasachstan. Präsident Tokajew bietet dem Kanzler mehr Öllieferungen und Seltene Erden an. Beide sprechen auch über den Krieg in der Ukraine.
Der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew hat beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz Russland als unbesiegbar bezeichnet und zu schnellen Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg aufgerufen. “Eine weitere Eskalation des Kriegs führt zu irreparablen Folgen für die ganze Menschheit und in erster Linie für alle Länder, die direkt an dem russisch-ukrainischen Konflikt beteiligt sind”, sagte er kasachischen Nachrichtenagenturen zufolge. “Es ist Fakt, dass Russland in militärischer Hinsicht unbesiegbar ist”, fügte er hinzu.
Nach Darstellung Tokajews gebe es nach wie vor “eine Möglichkeit zur Erreichung eines Friedens”. Seinen Worten nach müssen alle Friedenspläne geprüft und die Kampfhandlungen eingestellt werden. Anschließend könnten die territorialen Streitfragen geklärt werden.
Scholz betonte, dass Deutschland die Ukraine weiter unterstützen werde, um sich gegen die russischen Angreifer zu verteidigen. Gleichzeitig bekräftigte er, dass er eine Friedenskonferenz unter Einbeziehung Russlands befürworten würde. Jetzt sei die Zeit, “zu gucken, was geht”, sagte Scholz. Russland müsse aber einen Beitrag leisten, indem es seine Aggression einstelle.
Mehr Rohöl für Deutschland
Bei dem Besuch des Kanzlers in Kasachstan ging es vor allem um engere wirtschaftliche Beziehungen. Er wolle “alles dafür tun, dass wir die Möglichkeiten verbessern für wirtschaftliche Beziehungen”, sagte Scholz in der Hauptstadt Astana. Er hob vor allem die “belastbare, präzise und kontinuierliche Zusammenarbeit” im Rohstoff-Bereich hervor.
Kasachstan ist mit einem Anteil von 11,7 Prozent der drittgrößte Öllieferant Deutschlands nach Norwegen und den USA und hat den Ausfall russischer Lieferungen an die PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt nach dem Angriff auf die Ukraine teilweise kompensiert.
Am Rande des Besuchs wurde eine Verlängerung und eine Aufstockung dieser Lieferungen über Ende 2024 hinaus vereinbart. Über die genaue Menge wurde zunächst nichts bekannt. Kasachstan hat nach Angaben aus Regierungskreisen im vergangenen Jahr rund eine Million Tonnen Rohöl an PCK geliefert. Für das laufende Jahr seien 1,4 Millionen Tonnen vereinbart.
Tokajew sagte, der Besuch des Kanzlers werde die Beziehungen beider Länder “auf ein neues Niveau” bringen. “Unsere bilaterale Kooperation wird im Geiste einer strategischen Partnerschaft ausgebaut.” Unter anderem erwarte man den Aufbau eines Handelskonsortiums für Seltene Erden. Tokajew begrüßte zudem Pläne des Unternehmens HMS Bergbau für eine Lithium-Mine im Osten Kasachstans. “Die Investitionen werden sich auf den Betrag von 500 Millionen (Dollar) belaufen”, sagte er.
“Technologie gegen Rohstoffe”
Der kasachische Präsident betonte, dass Kasachstan über 19 der 34 Rohstoffe verfüge, die als kritische Rohstoffe eingestuft würden. Sein Land sei zudem bereit, mehr Öl nach Europa zu exportieren. “70 Prozent unserer Erdöl-Exporte entfallen auf die Europäische Union. Wir sind bereit, unsere Exportpotenziale weiter zu erschließen und unseren Beitrag zu leisten zur Milderung der Energiedefizite”, sagte er. Es sei sehr wichtig, dass deutsche Firmen in Kasachstan investieren.
Scholz betonte ebenfalls das große Interesse an einer Rohstoff-Zusammenarbeit, weil die Unternehmen ihre Importquellen diversifizieren wollten. Deutschland biete anders als China an, dass die Rohstoffe zunächst in Kasachstan verarbeitet würden, was Mehrwert für die lokale Wirtschaft schaffe. Tokajew sagte, das Prinzip laute “Technologie gegen Rohstoffe”.
Meinungsfreiheit stark eingeschränkt
Kasachstan mit seinen 20 Millionen Einwohnern ist das flächenmäßig neuntgrößte Land der Erde und Deutschlands wichtigster Wirtschaftspartner in der Region. Vor allem dank des Handels mit den wichtigen Nachbarn Russland und China verzeichnet das Land seit Jahren ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum.
Die Bundesregierung ist nicht nur an Öl, sondern auch an den Gasvorkommen in Kasachstan interessiert und perspektivisch an Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Das von Tokajew autoritär geführte Land verfügt aber auch über Uran, Eisenerz, Zink, Kupfer oder Gold.
Wie die anderen autoritär geführten Staaten der Region steht auch Kasachstan wegen der Menschenrechtslage in der Kritik. Presse- und Meinungsfreiheit sind stark eingeschränkt. Eine ursprünglich geplante gemeinsame Pressebegegnung von Tokajew und Scholz wurde von kasachischer Seite kurzfristig abgesagt. In Usbekistan, der ersten Station des Kanzlers auf seiner dreitägigen Reise, war von vorneherein keine gemeinsame Pressebegegnung geplant.