Riss der Patellasehne: Ter Stegens Verletzung ist schwer und langwierig – Sport | ABC-Z
Besonderes Pech hat in der Medizin einen eigenen Namen. „Unhappy Triad“ heißt in der Orthopädie die Dreierkombination, wenn das vordere Kreuzband, der Innenmeniskus und das Innenband gerissen sind. Bleiben Skifahrer hängen, kann es dazu kommen. „Extremely unhappy“ muss man wohl die Verletzung von Marc-André ter Stegen nennen, die er sich am Sonntag beim 5:1-Auswärtssieg des FC Barcelona gegen den FC Villarreal zugezogen hat. Kaum ist der Torwart zur Nummer eins im Tor der Nationalmannschaft aufgestiegen, reißt ihm die Patellasehne. Kurz vor der Halbzeitpause hatte der 32-Jährige eine Flanke im Sprung abgefangen und war dabei extrem unglücklich aufgekommen.
Die Patellasehne verbindet die Kniescheibe mit dem Schienbein, wo sie an einer rauen Knochenerhebung, der Tuberositas tibiae, verankert ist. Die Sehne lässt sich leicht tasten und strafft sich, wenn der Quadrizeps, der vordere vierköpfige Oberschenkelmuskel, angespannt wird. Hier, direkt unterhalb der Kniescheibe, kann mit Reflexhammer oder Handkante ein Reflex ausgelöst werden, wenn das Knie gebeugt ist: Der Unterschenkel schnellt nach dem Schlag nach vorn, weil sich der Oberschenkelmuskel zusammenzieht, um vor zu starker Dehnung geschützt zu sein.
„Die Patellasehne reißt eigentlich nur, wenn sie unter Vorspannung überdehnt wird“, sagt Orthopäde Marcus Schiltenwolf vom Uniklinikum Heidelberg: „Häufig sind die Sehnen schon degenerativ oder entzündlich verändert. Es kann auch zum Riss kommen, wenn bei Knieschmerzen immer wieder Kortison an die Sehne gespritzt wurde, etwa bei Gewichthebern, Kugelstoßern, Speerwerfern. Das schwächt die Sehnenstruktur.“ Bei einem Riss der Patellasehne rutscht sofort die Kniescheibe nach oben, das Gelenk wird instabil. Die Sehne ist die Fortsetzung der Quadrizeps-Sehne und bildet mit dieser eine Einheit, in die die Kniescheibe eingebettet ist. Reißt die Patellasehne, haben Muskel und Kniescheibe keinen Halt mehr.
Anders als bei anderen orthopädischen Verletzungen muss man den Patellasehnenriss operieren. Es gibt diverse Nahtverfahren, abhängig davon, wo der Riss lokalisiert ist. Manchmal wird die Naht mit einer Drahtcerclage stabilisiert, dabei wird ein Draht in Achterform zwischen Schienbein-Rauigkeit und Kniescheibe eingebracht, damit die Sehnennaht besser heilt und Beugebelastungen verhindert werden. „Die vollständige Ausheilung dauert drei Monate, Sehnen sind schlecht durchblutet. Bis Kraft und Beweglichkeit wieder da sind, kann es fünf, sechs Monate dauern“, sagt Orthopäde Schiltenwolf: „Die Verletzung ist ähnlich schwer wie ein Kreuzbandriss.“ Da Kraft- und Lauftraining anfangs wegfallen, könnte die Saison für ter Stegen gelaufen sein, heißt es aus Barcelona. Extremes Pech eben.