Riesenbärenklau wiedererkennen: Wo kann man ihn melden? Was hilft bei Verletzung? – Panorama | ABC-Z
Die Wanderer klagten über Übelkeit und Verbrennungen an ihrer Haut, fünf von ihnen mussten ins Krankenhaus. Sie hatten sich am Wochenende beim „Mammutmarsch“, einer 100-Kilometer-Wanderung durchs Bergische Land, nicht etwa verausgabt oder zu viel Sonne abbekommen, sondern Bekanntschaft mit einer Pflanze gemacht, die wegen des vielen Regens derzeit besonders gedeiht: dem Riesenbärenklau. Er ist, neben den Mücken und Schnecken, eine weitere Plage in diesem Jahr, und ihm ist mit besonderer Vorsicht zu begegnen.
Bei Berührung sondert der Riesenbärenklau einen milchigen Pflanzensaft ab und kann in Verbindung mit Sonneneinstrahlung sogar für Hautverbrennungen dritten Grades sorgen – so auch bei der Wandergruppe geschehen. Grund dafür sind die im Blütensaft enthaltenen Furocumarine, die phototoxisch sind. Etwa 24 Stunden nach der Einwirkung entstehen an der Haut Ödeme und Quaddeln, die Brandblasen ähneln. Auch noch Jahre später könne die betroffene Haut empfindlich auf ultraviolette Strahlung reagieren, warnt das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr von NRW.
Es liegt an dem vielen Regen, dass der Riesenbärenklau gerade besonders gedeiht – neben Mücken und Schnecken ist er die dritte Plage des Jahres. Bei der Pflanze handelt es sich um eine wasserliebende, ehemals importierte Staude, die in Deutschland heute als Unkraut zählt.
Vom Winde verweht
Das Unkraut – wegen seiner Größe auch Herkulesstaude genannt – wächst an Flussufern, Straßenrändern und in lichten Wäldern. Besonders gut geht es der Pflanze an voll besonnten, frischen bis feuchten nährstoffreichen Standorten. Eine reife Pflanze sondert bis zu 100 000 Samen ab. Sie fallen Ende August bis Oktober in der Nähe der Mutterpflanze zu Boden. Flüsse und Bäche können die Samen des Unkrauts aber auch über weite Strecken transportieren und dessen Vermehrung beschleunigen. Ähnlich katalysierend wirkt der Straßenverkehr. Entlang von Feldwegen, Straßenrändern und Bahntrassen werden die Samen durch Winddrift und im Profil der Trecker- und Autoreifen über die Wiesen und Wälder verbreitet.
Während der wegen seiner Größe weniger gefährliche kleine Bärenklau ein heimisches Gewächs ist, handelt es sich bei seinem Verwandten um einen Import. Im 19. Jahrhundert hielt man den Exoten noch für eine attraktive Bienen- und Augenweide und führte ihn als dekorative Zierpflanze aus dem Kaukasus ein. Mittlerweile steht die Staude aber auf der „schwarzen Liste“ der Europäischen Union. In einer Verordnung ist sie sogar als „prioritäre invasive Art unionsweiter Bedeutung“ eingestuft worden. Die vorsätzliche Einfuhr, Züchtung und Verwendung ist damit strengstens untersagt. Die Mitgliedstaaten werden angehalten, ein „Überwachungssystem“ und „amtliche Kontrollen“ im Umgang mit der kaukasischen Pflanzenart einzurichten.
„Der Riesenbärenklau ist viel größer als ein Mensch“, sagt Birgit Kaiser de Garcia, die Sprecherin des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums. Drei bis fünf Meter groß kann die Staude werden. „Um die Staude herum wächst dann gar nichts mehr“, erklärt Kaiser de Garcia. Unter den übergroßen Blättern des Riesenbärenklaus haben zarte Gewächse kaum noch Chancen, etwas Sonne zu erhaschen.
Wenn das Unkraut nicht so ein Gigant mit weißem Dolden-Kopf wäre, könnte man es glatt für Dill halten. Auch mit anderen Pflanzenarten besteht Verwechslungsgefahr: allen voran mit dem kleinen Wiesenbärenklau, aber auch mit Engelwurz, Giersch, der großen Bibernelle oder wildem Fenchel. Charakteristisch für den Riesenbärenklau sind seine tief gezackten, knapp einen Meter breiten Blätter. „Seine Größe ist ein echtes Unterscheidungsmerkmal“, sagt Kaiser de Garcia.
Wasser und Seife helfen
Bei Hautkontakt sollte die betroffene Stelle umgehend mit Wasser und Seife abgewaschen werden. Wer den Exoten im eigenen Garten entdeckt, sollte ihn besser beseitigen, rät das NRW-Umweltministerium. Am wirksamsten gelingt das, wenn die Staude von März oder April an gewissermaßen geköpft wird. Dafür reicht es, den oberen Wurzelstock der Staude mindestens zehn Zentimeter tief mit einem Spaten abzustechen. Die restliche Wurzel kann dann nicht mehr nachwachsen.
In Nienburg (Saale) rückt eine Armee von Schafen gegen den Bärenklau heran. Den Tieren kann die Pflanze nichts anhaben. Ihrem Appetit nach zu urteilen, muss es sich bei dem Bärenklau sogar um eine echte Delikatesse handeln. Bundesweit ist die Bekämpfung des Unkrauts allerdings ziemlich kostspielig. Jedes Jahr werden in Deutschland dafür zehn Millionen Euro ausgegeben. Und die ärztlichen Behandlungskosten werden jährlich auf eine Million Euro geschätzt.
Das NRW-Umweltministerium ruft Bürgerinnen und Bürger sogar dazu auf, das Unkraut zu melden. Auf der Seite des Ministeriums ist eigens zu diesem Zweck ein QR-Code bereitgestellt worden. „Wir sind da ziemlich professionell“, sagt Kaiser de Garcia. So könne der Verbreitungsgrad des Herkulesgewächses dokumentiert und Verbraucher könnten besser geschützt werden.