Richterwahl im Bundestag: Lars Klingbeil fordert “Führung und Verantwortung” von der Union | ABC-Z

Nach dem Eklat um die Wahl neuer Verfassungsrichter im Bundestag hat SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil den Koalitionspartner Union zur gemeinsamen Verantwortungsübernahme aufgefordert. “Führung und Verantwortung sind nichts für Sonntagsreden”, sagte Klingbeil in der Haushaltsdebatte des Bundestages. “Sondern wenn hier strittige Abstimmungen sind, dann muss es Führung und Verantwortung auch geben.” Das bedeute auch, dass man manche schwierige Entscheidungen mittragen müsse. “Das ist der Wert eines Kompromisses”, sagte Klingbeil.
Am Vormittag war die gemeinsame Wahl von drei Kandidaten von SPD und Union für das Bundesverfassungsgericht gescheitert. Hintergrund war der Widerstand in der Unionsfraktion gegen die von der SPD vorgeschlagene Kandidatin, Frauke Brosius-Gersdorf, die eine liberale Haltung zu Schwangerschaftsabbrüchen hat. Zudem sprach die Union von Plagiatsvorwürfen gegen Brosius-Gersdorfs Doktorarbeit, die die “fachliche Expertise” der Juristin in Zweifel zögen. Die Universität Hamburg sieht nach eigenen Angaben derzeit keinen Anlass, die Disseration zu überprüfen.
“Eine kritische Position zu 218 ist mehr als legitim”
Klingbeil verteidigte Brosius-Gersdorfs Position zu Schwangerschaftsabbrüchen und dem entsprechenden Paragrafen 218 im Strafgesetzbuch im Bundestag. “Wenn eine Richterin eine kritische Position zu 218 hat, dann ist das mehr als legitim in unserem Land”, sagte Klingbeil. Eine Gesellschaft müsse kontroverse Diskussionen aushalten. Er warnte davor, politische Debatten nach dem Motto “1:0, ja, nein, schwarz-weiß” zu führen. “Das macht unsere Demokratie kaputt”, warnte der Bundesfinanzminister. Das Bundesverfassungsgericht sei eine der wichtigsten Institutionen des Landes und lebe von Unabhängigkeit und Vertrauen.
Spahn will Stabilität beweisen
Unionsfraktionschef Jens Spahn betonte derweil das Interesse der Union an einem stabilen Bündnis mit dem Koalitionspartner SPD. Man habe in den vergangenen Wochen Stabilität gezeigt, sagte der CDU-Politiker nach Angaben von Teilnehmern in einer Sondersitzung der Unionsfraktion. Man habe heute gesehen, wie groß die Herausforderung sei, sagte Spahn den Angaben nach weiter. Die Union wolle Deutschland gut regieren, der Auftrag gelte unverändert. Man tue “alles dafür, dass das gelingt”, zitierten Teilnehmer den Fraktionschef.
Dieser Artikel wird weiter aktualisiert.