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Trump schwächte Ukraine: Nun nutzt Putin die Lage wohl eiskalt aus | ABC-Z

In der Nacht zum Freitag überzieht die russische Luftwaffe erstmals seit der Deaktivierung der ukrainischen Frühwarnsysteme durch die US-Regierung das Land mit massiven Angriffen. Experten sahen das kommen.

Das Bombardement erfolgte, nachdem der amerikanische Präsident Donald Trump den Ukrainern die US-Geheimdienstinformationen entzogen hatte und Frühwarnsysteme abgeschaltet wurden. Kreml-Herrscher Wladimir Putin hat offenbar nicht lange gezögert und seinen neuen Vorteil eiskalt und perfide ausgenutzt.

Ukraine-Krieg: Experten haben russischen Angriff kommen sehen

Das war absehbar, meinten Experten im Gespräch mit FOCUS online. Nachdem am Mittwoch die Hiobsbotschaft aus den USA öffentlich wurde, sagte der ehemalige Agent des Bundesnachrichtendiensts (BND), Gerhard Conrad, bereits: „Damit sind die ukrainischen Streitkräfte sofort stark eingeschränkt.“

Hintergrund der Schwächung: „Mit US-Satellitenaufklärung können grundsätzlich Flugzeug-, Drohnen- oder Raketenstarts frühzeitig detektiert und ihre Flugbahnen verfolgt werden“, erklärte Conrad. Das gebe wertvolle Vorwarnzeit für die ukrainische Luftabwehr und für den Luftalarm für die Zivilbevölkerung.

Conrad sagte: „Wenn taktisch verwertbare Nachrichtendienst-Hinweise auf Absichten und Handlungen des Kriegsgegners nicht mehr weitergegeben werden, tappen die Ukrainer im Dunkeln.“

Als es nun in der Nacht zum Freitag Raketen und Drohnen auf die Ukraine hagelte, war es dunkel.

Pipelines, Pumpwerke und Gaskraftwerke: Angriffe auf ukrainische Energie-Infrastruktur

Haben Vorwarnzeit und die Möglichkeit, Raketenstarts zu entdecken, nun in der vergangenen Nacht tatsächlich gefehlt? Der prorussische Kriegsblogger „MD“ berichtete jedenfalls stolz von den getroffenen Zielen: „In der Nacht zum 7. März 2025 starteten die russischen Streitkräfte eine Reihe von Raketenangriffen auf die Gasproduktion, die Ölraffination und die Energieversorgungsanlagen, die zur Zerstörung wichtiger Gastransportzentren, Kompressorstationen und Verarbeitungskapazitäten führten.“

Der ukrainische Energieversorger Naftogaz bestätigte einen erneuten, mittlerweile den 17. kombinierten Angriff russischer Streitkräfte auf die Infrastruktur des Unternehmens. Dabei seien Produktionsanlagen beschädigt worden.

Infolge der Angriffe brachen im ganzen Land schwere Brände aus. Berichten zufolge seien Pipelines, Pumpwerke und Gaskraftwerke besonders betroffen. Die Luftangriffe erstreckten sich über das gesamte Staatsgebiet – von Tschernihiw im Norden bis Odessa im Süden, von Charkiw im Osten bis zur westlichen Region Ternopil.

Der BBC-Radiokorrespondent Euan MacDonald teilte auf X eine Karte, die das ganze Ausmaß des nächtlichen Angriffs zeigt:

Die ukrainische Friedensaktivistin Maria Avdeeva klagte auf X: „Russland startete einen massiven Angriff auf die Energie- und Gasinfrastruktur der Ukraine mit Raketen und Drohnen und zielte auf Städte von Charkiw bis Iwano-Frankiwsk. Dies ist der erste Angriff, seit die USA aufgehört haben, Frühwarndaten weiterzugeben.“

„Dass Russland sein Glück verstärkt versucht, liegt nahe“

Doch war der Grund des großangelegten Angriffs tatsächlich der amerikanische Informations- und Daten-Stopp? Vieles deutet darauf hin. Ob jedoch ein direkter Zusammenhang besteht, bleibe abzuwarten, sagt Ex-BND-Mann Conrad am Freitag zu FOCUS online.

„Grundsätzlich hat es derartige Angriffe auf die Energie-Infrastruktur der Ukraine ja schon im vergangenen Jahr gegeben. Da fürchtete man sich – nicht zu Unrecht – vor einem Zusammenbruch der Überlebensfähigkeit einiger Regionen angesichts des herannahenden Winters“, sagt Conrad. Nach der jüngsten Angriffswelle müsste zunächst eine militärische Analyse abgewartet werden, die verdeutlicht, welche Angriffe überraschend kamen.

Ex-Agent Conrad meint: „Dass Russland sein Glück verstärkt versuchen und die mögliche Schwächung der ukrainischen Resilienz austesten könnte, liegt allerdings nahe.“ Was genau hinter der Angriffswelle stecke, „das werden die nächsten Tage und Wochen zeigen“.

Ukraine ist defensiv und offensiv massiv geschwächt

Nicht nur im defensiven Bereich hat das Abschalten der Systeme und das Zurückhalten von Informationen durch die USA für die ukrainische Armee Folgen. Am Mittwoch erklärte Markus Reisner, österreichischer Historiker und Offizier des Bundesheeres im Dienstgrad des Obersts, gegenüber FOCUS online, was das im Detail auch für offensive Aktionen bedeutet: „Durch die Aufklärung der ISTAR-Sensoren, also zum Beispiel Satelliten oder spezielle Aufklärungsflugzeuge, können die USA über große Distanz potenzielle Ziele für die Ukraine aufzuspüren, etwa russische Kommandoposten, Störsender, Fliegerabwehrdispositive oder Kräfteansammlungen.“

Die Daten, die durch die ISTAR-Sensoren gesammelt werden, geben die USA an die Ukraine weiter, die dann basierend auf diesen Koordinaten einen Angriff durchführen könne, so Reisner. Auch die Funkaufklärung laufe über die ISTAR-Satelliten.

Das Lagebild, das die ISTAR-Sensoren liefern, sei enorm wichtig. „Dadurch bekommt die Ukraine eine Idee davon, wie die Russen aufgestellt sind – und kann ihr Handeln danach ausrichten“, sagt Reisner weiter. Sie könnten bei einem Wegfall zum Beispiel keine gezielten Angriffe mehr auf Gefechtsstände oder Logistikknotenpunkte durchführen.

Auch Reisners Analyse am Mittwoch verstärkt den Verdacht, dass Putin die zurückgezogene US-Unterstützung nutzen dürfte, um die Ukraine massiv zu schwächen.

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