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Ricarda Langs Ausbruch aus der Habeck-Welt | ABC-Z

Die Grünen hätten sich „geradezu geistig versklavt gegenüber Robert Habeck“ – so, nämlich mit einer klinischen These der psychischen Abhängigkeit, setzt Markus Söder sein Veto gegen Schwarz-Grün fort, diesmal im großen Interview der „Bild am Sonntag“. Klar trifft Habecks Pose der zugewandten Nachdenklichkeit, sein Wechsel vom Kabinetts- zum Küchentisch, einen neuralgischen Punkt des grünen Parteimilieus – aber ist seine politische Führung richtig beschrieben, wenn man ihn in die Nähe eines Sektenführers rückt?

Die Antithese zur geistigen Versklavung stellt das neue Leben der Ricarda Lang dar, die doch seit ihrer Demissionierung als grüne Bundesvorsitzende politisch, psychisch, rhetorisch aufblüht und darin keinerlei Symptome von seelischer Freiheitsberaubung oder Nötigung zeigt. Sie ist nachgerade die personifizierte Emanzipation von der kalkulierten Habeck-Mache. Ricarda Lang demonstriert eine geistige Unabhängigkeit, mit der sie nicht nur freimütig Pleiten, Pech und Pannen ihrer Amtszeit bespricht, sondern auch noch skeptisch gegenüber dem Erfolg bleibt, den sie als Galionsfigur einer neuen Ehrlichkeit genießt. Illusionslos schreibt sie ihn der „Medien­dynamik“ zu.

Ohne Stockholm-Syndrom

Damit stellt Ricarda Lang ihren Imagewechsel, dessen beobachtbare Mechanismen als empirisches Material für eine Ana­lyse der politisch-mediale „Blasen­logik“ zur Verfügung – was auch Söder schwerlich als Stockholm-Syndrom einer versklavten Geistesart lesen dürfte.

Eine andere Frage ist freilich, wie stilbildend Ricarda Langs Freimut in einem geschlossenen Habeck-Milieu sein kann – von Letzterem wird man wohl sprechen dürfen, ohne klinisch zu werden. Das, wovon sich Ricarda Lang absetzen möchte – vom „Wir sind die Guten, weil wir nicht die Schlechten sind“, wie sie neulich bei Caren Miosga sagte –, eben dieser moralische Überwertigkeitskomplex prägt den Wirtschaftsminister im zweiten Rezessionsjahr in Folge, seine hinter Demutsgesten versteckte Hochfahrenheit, mit der er Politik als Weltverbesserung betreibt, stets im Wächterdienst der Demokratie.

Hört man da eine Spitze gegen Robert Habeck heraus, wenn Ricarda Lang bei Miosga erklärt: „Teilweise werden real existierende Probleme überdeckt mit einer sehr schwülstigen Be­tonung, wie wichtig die Demokratie und das Vertrauen in Demokratie ist. Und ich würde sagen: Liberale Demokratien, die immer schwülstiger in der Beschwörung ihrer selbst werden, aber immer substanzloser im Umgang mit der Realität, die werden sich irgendwann selbst zerstören.“ Die unversklavte Ricarda Lang hat hier explizit den übernächsten Wahltermin 2029 im Auge, wenn die Extremen die Ernte einfahren könnten.

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