Repair Café in Zorneding: Ein zweites Leben für kaputte Gegenstände – Ebersberg | ABC-Z
Walter Kollmannsberger beugt sich über seine Werkbank. Darauf ein Rasenmäher, dessen Ladegerät nicht mehr funktioniert. Erst schraubt er das Gerät auf, legt es behutsam auseinander und schaut hinein. „Von außen sehe ich jetzt nichts, was kaputt ist“, sagt der Betreiber der Offenen Werkstatt Metall in Zorneding. Er geht zu einem Regal und holt ein Gerät, mit dem sich messen lässt, ob noch Strom durch das Ladegerät fließt. „Nein“, sagt er, auf die Schnelle sei da nichts zu richten. Wenn man es reparieren wolle, müsste man mindestens hundert Euro in neue Ersatzteile investieren. Und selbst dann wäre es seiner Einschätzung nach nicht sicher, ob das Gerät wieder so lädt, wie es soll. Endstation also für das Ladegerät. Doch dass ein mitgebrachter Gegenstand so endet, ist ein Einzelfall. Einige kaputte Gegenstände werden auch an diesem Tag wieder zum Leben erweckt.
Die „Offene Werkstatt Metall“ in Zorneding veranstaltet ihr zweites Repair Café. Das bedeutet: Leidenschaftliche Tüftler und Fachleute stellen ihr Wissen zur Verfügung und reparieren gemeinsam mit den Gästen mitgebrachte, kaputte Gegenstände. Das Konzept beruht meist auf Ehrenamt und finanziert sich durch Spenden – so auch in Zorneding.
Der Gedanke hinter einem Repair Café: Viele (elektronische) Geräte, die nicht mehr wie gewünscht funktionieren, sind noch reparierbar. Es sollten so wenig wie möglich zu Müll oder Elektroschrott werden. Anstatt herauszufinden, ob eine Reparatur des Geräts noch möglich ist und sich lohnt, werden sie allerdings viel zu oft weggeworfen und durch Neues ersetzt – das kostet und verschwendet wertvolle Ressourcen. Der Entwicklung wollte die Umweltjournalistin Martine Postma etwas entgegensetzen. Im Jahr 2009 organisierte sie das erste Repair Café in Amsterdam. Die Verlängerung der Nutzungsdauer von Gebrauchsgütern, die Vermeidung von Müll und Elektroschrott sowie die Einsparung von Ressourcen stehen dabei im Mittelpunkt der Initiative. Doch auch allein der emotionale Wert eines Gegenstandes ist oftmals eine Reparatur wert – das zeigt sich auch in Zorneding.
Ein Generationenwechsel im umgekehrten Sinn
Es ist kalt und regnerisch, als Ingrid Kollmannsberger Kaffee und Kuchen auf einen Tisch in den aufgebauten Pavillon vor die „Offene Werkstatt Metall“ stellt. Ihr Mann Walter Kollmannsberger betreibt die Werkstatt seit Anfang März vergangenen Jahres. Er ist gelernter Maschinenbautechniker und seit zwei Jahren in Rente. Die Werkstatt führt er aber trotzdem – und das mit viel Elan. „Hier gibt’s immer etwas zu tun“, sagt Kollmannsberger. Das und die Freude daran, gemeinsam mit anderen zu schrauben und zu werkeln, motiviert ihn.
Bei der Frage, ob sich das Betreiben der Werkstatt im wirtschaftlichen Sinn lohnt, winkt er lachend ab: „Nein, das tut es nicht. Wir müssen die Geräte vom TÜV prüfen und abnehmen lassen – und das kostet.“ Hätte Walter Kollmannsberger die Maschinen nicht ausschließlich gebraucht gekauft und sie stets selbst repariert, kämen auch sämtliche Kosten hierfür noch dazu. Müsste Kollmannsberger immer jemanden kommen lassen, wenn eine Maschine stockt, wäre die Werkstatt so wie sie heute besteht undenkbar, sagt er. Hauptsächlich über Spenden, die Nutzungsgebühr der Maschinen und Kurseinnahmen, finanziert sich die Werkstatt. Den Rest steuert die Leidenschaft fürs Handwerken und Kollmannsbergers Engagement bei.
Der eine schraubt, der andere schleift
Auch am Tag des Repair Cafés wird deutlich: Das Engagement und die Hingabe der Zornedinger Familie legen das Fundament für Veranstaltungen wie diese. Alle helfen mit. Andreas Kollmannsberger ist extra von seinem neuen Lebensmittelpunkt, der Schweiz, zurück nach Zorneding gekommen, um seinen Vater an diesem Tag zu unterstützen. Zudem können Gäste, wenn Andreas Kollmannsberger in der Werkstatt ist, auch Messer und Scheren zum Schleifen bringen.
Neben mechanischen Reparaturen steht auch das Reparieren von elektronischen Geräten im Mittelpunkt des Repair Cafés. Die Leiterplatte – auch Platine genannt – ist ein Bauteil, das sich in fast jedem elektronischen Apparat befindet. Sie enthält wertvolle Ressourcen wie Kupfer, Gold und Palladium. Deshalb ist es nicht nur für den eigenen Geldbeutel lohnenswert, elektronische Geräte zu reparieren – auch die durch Rohstoffabbau entstehenden Belastungen für die Umwelt werden durch eine verlängerte Nutzungsdauer gesenkt.
Das Repair Café in Kooperation mit der Volkshochschule Vaterstetten ist schon das zweite in Zorneding. Bereits der Premiere im Sommer sei es allerdings viel zu heiß gewesen, sagt Ingrid Kollmannsberger. „Bei 34 Grad mag niemand zum Werkeln kommen.“ Nun im Oktober ist es eher umgekehrt: Weniger als zehn Grad und Regen sind angesagt. Doch die Gäste trudeln trotzdem ein – langsam, aber sicher, füllt sich die Werkstatt.
Anne und Eckhart Scholz kommen in die Reparaturstube. Sie bringen mit: eine stumpfe Gartenschere und eine Rührschüssel, die sich nicht mehr auseinandernehmen und somit nicht gut säubern lässt. Der emotionale Wert der beiden Gegenstände ist hoch: Die Schere kauften sie sich anlässlich des Umzugs nach Baldham – das ist inzwischen viele Jahre her und Baldham ihr Zuhause geworden.
Der emotionale Wert eines Gegenstandes
Auch die Rührschüssel spielt im Alltag vor allem für Anne Scholz eine bedeutsame Rolle, denn sie bäckt leidenschaftlich gerne. Fast jeden Tag benutzt sie das Gerät, erzählt ihr Mann. Umso besser wäre es, wenn es wieder reibungslos funktioniere. Und tatsächlich, mithilfe eines Schmierstoffes und handwerklichem Geschick kann die Schüssel repariert werden. Und auch die Gartenschere ist im Handumdrehen wieder einsatzbereit. Andreas Kollmannsberger hat sie wieder scharf geschliffen. Das Ehepaar ist froh. „Wir kommen wieder“, sagen die beiden zum Abschied.
Das Repair Café in der Offenen Werkstatt Metall in Zorneding ist nicht das Einzige im Landkreis. Auch in vielen anderen Gemeinden finden regelmäßig Reparaturtreffen statt. Wer wissen möchte, wo und wann Repair Cafés veranstaltet werden, erhält auf der Website reparatur-initiativen.de einen Überblick.