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Reinhold Messner Haus in Sexten: Der Wert der Wildnis | ABC-Z

Reinhold Messner bleibt auf der Führung durch die Räume des Hauses, das seinen Namen trägt, abrupt ­stehen. „Das hier“, sagt er, und deutet in einem Durchgang nach vorne, „das ist das Schlüsselbild des Hauses.“ Dann fügt er noch hinzu: „Bitte einzeln ein­treten.“ Damit das Bild auf jeden Einzelnen wirken kann. Leise Spannung macht sich breit in der Gruppe, und ­natürlich wollen trotzdem alle auf einmal hinein, um dieses Bild zu sehen. „Einzeln stehen bleiben, bitte“, wiederholt Messner, und in seiner Stimme liegt gerade so viel Nachdruck, dass man spürt: Es ist ihm wichtig.

Wir sind im Reinhold-Messner-Haus, oberhalb des Bergsteigerorts Sexten im Osten Südtirols. Hier, nicht weit von der Bergstation der Kabinenbahn auf den Helm (2433 Meter), ist das neue Ausstellungsprojekt des Bergsteigers, Abenteurers, Grenzgängers und Museumsgründers entstanden – kein Museum diesmal, das die Vergangenheit erhellen soll, darauf weist Messner ausdrücklich hin, sondern ein Haus, das in die Zukunft ­gedacht ist, das nach vorne blickt.

Produktive Partnerschaft: Reinhold und Diane Messner im Reinhold-Messner-HausHarald Wisthaler

Untergebracht ist es in der Berg­station der einstigen Seilbahn auf den Helm, einem wuchtigen, kantigen, ­betongrauen Gebäude. „Eigentlich sollte es abgerissen und entsorgt werden, das wäre ein Riesenaufwand gewesen“, sagt Messner. Als er davon erfahren ­habe, sei er auf die Idee gekommen, den Bau stehenzulassen und ein kulturelles Zentrum daraus zu machen – und so eine funktionale Infrastruktur zu verwandeln in einen Ort des Innehaltens, des Nachdenkens, des Voraus­blickens. Und zugleich ein Beispiel zu geben für nachhaltiges Bauen in den Alpen, für minimalen Ressourcenverbrauch.

Im Werden: Im Haus werden nur private Besitzstücke Reinhold und Diane Messners gezeigt.
Im Werden: Im Haus werden nur private Besitzstücke Reinhold und Diane Messners gezeigt.Harald Wisthaler

Also empfängt einen nun der Schriftzug „Reinhold Messner Haus“ über dem neugestalteten Eingangsbereich, und an der Rückwand flattern bunte Gebetsfahnen im Wind. „Die Fahnen haben wir von unserer letzten Tibet-Reise mitgebracht“, sagt Diane Messner. Das Haus ist ein sehr persönliches Projekt der beiden, nicht nur, weil das Ehepaar dort auch seinen Wohnsitz hat. Es sind ausschließlich private Gegenstände zu sehen, deren Auswahl, Zusammenstellung und Präsentation Diane und Reinhold Messner in langen Gesprächen und zuweilen „hitzigen Debatten“ selbst ent­wickelt haben. Ausgestellt sind Skulpturen, Gemälde, Wandschmuck und Fotografien, es gibt Kunstobjekte und Veranstaltungsplakate, Erinnerungsstücke zu Messners Werdegang und Ausrüstungsgegenstände aus seinen Expeditionen: Seile, Zelte, Helme, Schlitten. Sie alle bergen Geschichten eines außer­gewöhnlichen Lebens, verkörpern einen Teil dessen, wofür Messner steht.

Gemeinsames Projekt: Reinhold und Diane Messner gestalteten das Reinhold-Messner-Haus.
Gemeinsames Projekt: Reinhold und Diane Messner gestalteten das Reinhold-Messner-Haus.Picture Alliance

Die Schwierigkeit sei gewesen, sagt er, all diese Objekte in einem Gebäude, das nicht für eine touristische Nutzung gedacht war, so anzuordnen, dass sie die Besucher auch zum Nachdenken an­regen über die Verbindung von Umwelt, Natur und Mensch sowie über die Verantwortung des Menschen gegenüber der Natur – gerade in Zeiten wachsender Freizeitindustrie und sichtbarer Veränderungen durch die Klimaerwärmung.

An diesem Punkt kommt das Schlüsselbild des Hauses ins Spiel, angesiedelt in einem riesigen, hallenähnlichen Raum, in dem einst die Gondel in der Station ankam. Es ist eine weite Fensterfront, die den Blick freigibt auf die Gipfel der Dolomiten, besonders die Dreischusterspitze (3145 Meter), den höchsten Berg der Sextner Dolomiten. Die Bedeutung der Natur für den Menschen vor Augen zu führen, gerade jüngeren Generationen, den Wert der Wildnis, das ist dem 80 Jahre alten Messner ein dringendes Anliegen. In dem Haus, das seinen ­Namen trägt, gelingt es ihm auf beeindruckende Art.

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