Regierungsbildung : SPD macht Koalition von Zustimmung der Mitglieder abhängig | ABC-Z

Der SPD-Vorstand hat das Ergebnis der Sondierung mit der Union gebilligt, will aber über einen Koalitionsvertrag die Parteibasis abstimmen lassen. Das teilte ein Parteisprecher ZEIT ONLINE mit. Das Verfahren zur Billigung eines möglichen Vertrags war bisher noch offen. Nach den Worten des Sprechers sollen die Mitglieder Zugangsdaten für das Votum per Brief bekommen und dann digital abstimmen.
Union und SPD hatten am Samstag ihre Sondierungsgespräche abgeschlossen und sich auf ein gemeinsames Papier geeinigt (PDF). Wie die SPD-Führung segnete auch der CSU-Vorstand die Ergebnisse am Sonntag einstimmig ab. Der CDU-Vorstand soll einen entsprechenden Beschluss am Montag fassen. Die Gremienbeschlüsse sind Bedingung, damit die drei Parteien konkrete Verhandlungen über eine neue Bundesregierung unter Friedrich Merz aufnehmen und einen Koalitionsvertrag schreiben können.
An den Ergebnissen der Sondierung gibt es aus der SPD allerdings auch Kritik, besonders an geplanten weiteren Verschärfungen in der Migrations- und Asylpolitik. Bereits zuvor hatten Union und SPD sich in zentralen Finanzfragen geeinigt, die Ausnahmen von der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben sowie ein 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für Investitionen in die Infrastruktur vorsehen.
2018 beim Votum über schwarz-rote Koalition unter Angela Merkel stimmten die Mitglieder per Brief ab; Online-Abstimmung gab es nur für Auslandsmitglieder. Damals stimmten 66,02 Prozent der Mitglieder für das Regierungsbündnis, 33,98 Prozent dagegen. Zum Ampel-Koalitionsvertrag veranstalteten die Sozialdemokraten kein Mitgliedervotum, sondern nur Delegierten-Abstimmung auf dem Parteitag. Die SPD hat mehr als 350.000 Mitglieder.
SPD-Linke sieht Sondierungsergebnisse kritisch
„Für die SPD ist klar: Wir stehen zu unserer Verantwortung“, hieß es nun in der Mitteilung des SPD-Vorstands. Aus der SPD-Linken kamen Forderungen, die Ergebnisse der Sondierungsgespräche in den Koalitionsgesprächen zu verbessern. Vor allem einige Vereinbarungen zum Bürgergeld und zur Migrationspolitik seien problematisch, sagte der Sprecher der Parlamentarischen Linken der SPD-Bundestagsfraktion, Tim Klüssendorf. „In den Koalitionsverhandlungen muss hier dringend nachgebessert werden, damit eine Zustimmung der SPD möglich ist“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Die Vereinbarungen zu Migration und Bürgergeld „werfen nicht nur verfassungsrechtliche Bedenken auf, sondern stellen auch soziale und integrationspolitische Rückschritte dar“, kritisierte Klüssendorf. „Besonders der geplante Entzug der Staatsbürgerschaft und die damit verbundene Schaffung einer Staatsbürgerschaft zweiter Klasse ist sowohl sachlich als auch politisch höchst problematisch und mutmaßlich verfassungswidrig.“
Vorsichtig zu den nun anstehenden Koalitionsverhandlungen äußerte sich SPD-Generalsekretär Matthias Miersch. Diese seien „kein Automatismus“, sagte er in einem Podcast des Portals Politico. Auf die Frage, ob die Verhandlungen auch scheitern könnten, sagte er: „Natürlich.“ Miersch räumte ein, auch die Sondierungen seien bereits „nicht ganz einfach“ gewesen. Jetzt sei es aber die Aufgabe, „Kompromisse zu suchen und die Möglichkeiten einer Koalition zu prüfen“.
Miersch verweist auf geplante Abstimmung mit EU-Partnern bei Migration
Kritik an den Vereinbarungen zu Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen, was die SPD zuvor stets abgelehnt hatte, wies Miersch zurück. Der zentrale Punkt sei, „dass wir hier keinen nationalen Sonderweg machen, sondern im Rahmen des europäischen Rechts eben die Abstimmung mit dem europäischen Nachbarn, wie wir es beispielsweise mit der Schweiz schon praktizieren“, sagte er.
Bundesinnenministern Nancy Faeser (SPD) begrüßte die Vereinbarungen zum Thema Migration. „Damit drängen wir die irreguläre Migration weiter zurück und bleiben zugleich ein weltoffenes Land, das mehr in Integration investiert und attraktiv ist für ausländische Fachkräfte“, sagte Faeser der Rheinischen Post. Zu den Zurückweisungen an den deutschen Grenzen sagte sie, diese würden bereits in großem Umfang vorgenommen. Dies „bauen wir weiter aus“, aber in Übereinstimmung mit dem europäischen Recht und in Abstimmung mit den Partnerstaaten.