Reform der Women’s Champions League: Mehr Spannung und mehr Geld | ABC-Z
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Der triste Rahmen und der begrenzte Unterhaltungswert war kaum zu leugnen: Im mit nur 3700 Zuschauern gefüllten Groupama-Stadion haben die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg im letzten Champions-League-Gruppenspiel bei Olympique Lyon eine folgenlose 0:1-Niederlage erlitten, die schon mit Abpfiff kaum noch einen interessierte.
Der Rekordsieger aus Frankreich war genau wie der international mit Abstand erfolgreichste Verein Deutschlands bereits fürs Viertelfinale qualifiziert. VfL-Trainer Tommy Stroot hatte etliche Wechsel vorgenommen und lobte artig eine “erwachsene” Leistung, “die eine Menge über unseren Prozess der letzten Monate sagt”.
Auch Kapitänin Alexandra Popp wollte sich nach ihrem 350. Pflichtspiel für die Wölfinnen nicht ärgern: “Wir haben extrem wenig zugelassen. Im Großen und Ganzen sind wir sehr zufrieden.”
Topteams aus England, Frankreich, Deutschland und Spanien dominieren
Die Anführerin gab zu, sich “ein Stück weit nach der Pause” gesehnt zu haben. Hilfreich, dass in der letzten Begegnung des Jahres “das Ergebnis zweitrangig” (Stroot) war. Im internationalen Frauenfußball geht nämlich die Schere zwischen den Topteams aus England, Frankreich, Deutschland und Spanien und dem Rest immer weiter auseinander. Deren direkte Duelle sind zum Abschluss der Gruppenphase bessere Trainingsspiele.
Nächstes Beispiel mit deutscher Beteiligung: Wenn sich in der Gruppe C der FC Arsenal und FC Bayern (Mittwoch 21 Uhr) duellieren, geht es zwar um den Gruppensieg, aber das Ticket für die Runde der letzten Acht haben beide schon gebucht. Dasselbe Bild auch in der Gruppe D, wo Manchester City und FC Barcelona vor dem Aufeinandertreffen (Mittwoch 18.45 Uhr) bereits locker die K.o.-Runde erreicht haben.
Das Leistungsgefälle ist zu groß geworden
Wie groß das Leistungsgefälle geworden ist, zeigt dieser Fakt: Die vier Tabellenletzten Galatasaray Istanbul, Celtic FC, Valerenga IF und SKN St. Pölten aus Österreich haben vor der letzten Spielrunde zusammen ein Pünktchen ergattert. Insofern kommt die Einführung einer Ligaphase mit dann 18 statt 16 Teams zur nächsten Saison genau zum richtigen Zeitpunkt. Im Grunde war der Reformbedarf akuter als bei den Männern.
Auch bei den Frauen sollen die Topklubs früher und häufiger aufeinandertreffen. Die Teams treten in der Ligaphase gegen sechs verschiedene Gegner an und bestreiten dabei je drei Heim- und Auswärtsspiele. Die ersten Vier der Tabelle kommen direkt ins Viertelfinale, acht Mannschaften bestreiten Playoffs.
Uefa-Direktorin Nadine Keßler sieht Reformbedarf
“Trotz der Erfolgsgeschichte der Women’s Champions League in den letzten Jahren verharren wir nicht auf dem Status Quo”, sagte Nadine Keßler. Die heute als Uefa-Direktorin für die Entwicklung des Frauenfußballs verantwortliche 36-Jährige war treibende Kraft der Reform, nachdem sie als Aktive für den VfL Wolfsburg bei den Champions-League-Triumphen 2013 in London (gegen Lyon) und 2014 in Lissabon (gegen Tyresö FF) auf dem Platz als Leistungsträgerin mithalf.
Leitet als Direktorin den Frauenfußball bei der Uefa: Nadine Keßler
Die Weltfußballerin von 2014 sieht die Veränderungen als unausweichlich an, um sportlich und wirtschaftlich den nächsten Schritt zu machen – dazu gehört auch ein zweiter Europapokalwettbewerb, der Uefa Women’s Europa Cup.
Ausschreibung der Medienrechte startet am 3. Januar
“Wir wollen eine breitere Wettbewerbspyramide aufbauen und auch den nationalen Ligen neue Anreize geben, weil insgesamt 91 Klubs teilnehmen. Wir haben große Erwartungen, weil sich über die Erlöse auch die Professionalisierung widerspiegelt”, erklärte Keßler gegenüber der Sportschau. “Für den nächsten Fünf-Jahres-Zyklus ist das Medienrechtepaket über unsere Agentur Two Circles auf dem Markt.”
Die Uefa kommunizierte am Dienstag (17.12.2024) die Ausschreibung, interessierte Medienunternehmen können sich vom 3. Januar bis 3. Februar 2025 für drei verschiedene Pakete bewerben. Das betrifft die Rechte in Europa sowie Nord- und Südamerika. “Wir sind sehr optimistisch, deutlich mehr Einnahmen zu generieren. Die Champions League ist auch bei den Frauen auf Vereinsebene das Nonplusultra. Es muss jetzt nur von der Welt gesehen werden”, so Keßler.
Ab der nächsten Saison fließen 37,7 Millionen Euro
Es wird erwartet, dass die Einnahmen im Laufe der fünf Jahre variieren werden. Die Uefa hat die erwarteten Gesamterlöse für die bessere Planungssicherheit der Klubs bereits kommuniziert: In den ersten beiden Spielzeiten (2025/26 und 2026/27) werden voraussichtlich 37,7 Millionen Euro pro Saison ausgeschüttet. Ab 2027/28 sollen es dann für drei Spielzeiten 46,7 Millionen Euro sein.
Für den Frauenfußball sind das große Schritte. Im vergangenen Jahr hatte Eintracht Frankfurt durch Vorstandssprecher Axel Hellmann deutliche Kritik geübt. Die Gelder seien anders als bei den Männern nicht geeignet, einen Etat bei den Frauen nach oben zu schieben. “Wir müssen ja auch professionelle Rahmenbedingungen bieten und können nicht mit dem Bus nach Barcelona fahren. Der Aufwand, den wir betreiben, konsumiert die Ausschüttung der Uefa nahezu komplett. Man verdient im Frauenfußball mit der Champions League kein Geld”, sagte der Frankfurter Funktionär, als die Eintracht-Fußballerinnen in der Gruppenphase am späteren Titelverteidiger FC Barcelona und Benfica Lissabon scheiterten.
Deutsche Klubs können mit rund einer Million Euro kalkulieren
Die Erlössituation verbessert sich nun auch für die deutschen Vertreter, auch wenn natürlich nicht der große Reibach winkt. Von 2025 bis 2027 erhalten die Teilnehmer der Ligaphase insgesamt 18,2 Millionen, für die darauffolgenden drei Jahre dann 24,1 Millionen Euro. Eine Hälfte sind Startprämie, eine Hälfte Leistungsprämien.
Voraussichtliche Beträge pro Saison | 2025-2027 (in Millionen Euro) | 2027-2030 (in Millionen Euro) |
---|---|---|
Wettbewerbseinnahmen | 33,8 | 43,8 |
Uefa-Investionen | 11,3 | 11,3 |
Quersubventionierung Männer | 25,0 | 25,0 |
Gesamteinnahmen | 70,1 | 80,1 |
abzüglich Wettbewerbskosten | 32,4 | 33,4 |
Ausschüttungssumme | 37,7 | 46,7 |
Grob überschlagen kann jeder der 18 Champions-League-Teilnehmer bei den Frauen also anfangs mit rund einer Million Euro kalkulieren. Der Champions-League-Sieger kann dann 2,8 Millionen statt 1,4 Millionen Euro verdienen. Zum Vergleich: Bei den Männern beträgt alleine das Startgeld aktuell 18,6 Millionen Euro. Etablierte Dauergäste wie der FC Bayern streichen über die verschiedenen Uefa-Töpfe inzwischen dreistellige Millionenbeträge ein.
Die Uefa erlöst über die Champions League, Europa League und Conference League im Männerfußball pro Saison inzwischen die gigantische Summe von 4,4 Milliarden Euro. 25 Millionen Euro, also knapp 0,6 Prozent, gehen als Quersubventionierung an die Frauen-Wettbewerbe.