Wirtschaft

Umspannwerk bei Reichelsheim: Flächenfraß für Öko-Strom | ABC-Z

Die Klage über Flächenfraß zählt schon seit vielen Jahren zum Standardrepertoire der Bauernschaft. Die fortschreitende Versiegelung wertvoller Ackerböden vor allem in der Wetterau bringt sie auf – und das zu Recht. Denn Böden, die sich so gut für die Landwirtschaft nutzen lassen, finden sich andernorts nur noch selten. Die Verbraucher verlangen mehr und mehr nach Lebensmitteln aus heimischem Anbau. Doch der dafür besonders gut geeignete Ackerboden wird immer weniger. Das zwischen Friedberg und Reichelsheim geplante Umspannwerk reiht sich nahtlos ein in die Bauvorhaben auf Kosten von Liegenschaften dieser Art.

30 Hektar will der Netzbetreiber Tennet auf Wunsch des für kleinere Verteilnetze in der Region zuständigen Mitbewerbers Avacon planieren. Diese Fläche entspricht 43 Fußballplätzen. Das missfällt nicht nur Bauern vor Ort – auch die Reichelsheimer Bürgermeisterin mag sich mit dem Umspannwerk nicht anfreunden. Dessen ungeachtet lohnt sich ein Blick in die Begründung von Tennet für den geplanten Bau.

Windräder und mehr Solaranlagen absehbar

Demnach soll der Neubau nah am 110-kV-Umspannwerk der Avacon in Dorheim und unweit der 380-kV-Höchstspannungsleitung Gießen–Nord-Karben entstehen. Mögliche andere Standorte werden mit höherem Aufwand beim Leitungsbau und mithin höheren Kosten veranschlagt – oder liegen weiter vom bestehenden Umspannwerk entfernt. So oder so wird das Umspannwerk ein Teil des notwendigen Netzausbaus hierzulande sein. Dieses Großprojekt wiederum geht Hand in Hand mit dem Zubau an Windrädern und Solaranlagen. Oder nach den Worten von Tennet: Der geplante Neubau dient der Aufnahme von erneuerbarer Leistung in das Übertragungsnetz.

Weil die Ampelregierung die Betreiber kleinerer Solaranlagen steuerlich entlastet hat, hat der Zubau in der Wetterau im vergangenen Jahr einen regelrechten Schub erlebt. Im Geschäftsgebiet des Friedberger Regionalversorgers Ovag, das nur Bad Vilbel und Teile Bad Nauheims nicht abdeckt, kamen 3759 Solaranlagen hinzu. Zum Vergleich: Im Vorjahr hatte die Ovag 2145 Neuzugänge verzeichnet – und dies war schon ein Rekord. Da der Zubau laut Regionalversorger weiter auf hohem Niveau läuft und auf dem Taunuskamm Winterstein in der Wetterau in den nächsten Jahren mehr als ein Dutzend Windräder hinzukommen werden, muss das Netz fit gemacht werden. Fraglich ist, ob das Umspannwerk so viel Fläche kosten muss oder ob es mit einer anderen Technik kleiner geht.

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